Autonomes Fahren: UN-Gremium erhöht Maximaltempo für Robo-Autos

Autos dürfen auf der Autonomiestufe 3 wohl demnächst in bestimmten Situationen und unter manchen Bedingungen schneller als bisher fahren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen

Unterwegs in einem Mercedes-Benz mit "Drive Pilot".

(Bild: Mercedes Benz)

Lesezeit: 4 Min.
Von

Autos mit autonomen Fahrassistenzfunktionen könnten schon bald mit hoher Geschwindigkeit etwa auf Autobahnen unterwegs sein. Eine Arbeitsgruppe für automatisiertes und vernetztes Fahren der UN-Wirtschaftskommission (UNECE) hat einen Entwurf für eine Änderung der Verordnung für harmonisierte Kfz-Regulierungen gebilligt. Dieser sieht vor, die Höchstgeschwindigkeit während autonomer Fahrten in bestimmten Verkehrssituationen von 60 auf 130 km/h anzuheben. Auch Spurwechsel soll erlaubt werden.

Der Vorschlag (PDF) muss noch vom Weltforum für die Harmonisierung von Fahrzeugvorschriften der UNECE abgesegnet werden, das vom 21. bis 24. Juni tagt. Die Zustimmung gilt als Formsache. Die Regel würde dann zum Januar 2023 in Kraft treten. Mehr als 50 Länder in aller Welt gehören dem Abkommen an, darunter die EU-Länder. Die USA, China und andere regulieren das autonome Fahren nach eigenen Standards.

Der Änderungsvorschlag baut auf Erfahrungen auf, die in einigen Ländern nach der Annahme der UN-Verordnung über automatisierte Spurhaltesysteme (ALKS) im Juni 2020 gemacht wurden. Es war die erste verbindliche internationale Verordnung Fahrzeugautomatisierung des Level 3, teilte die UNECE mit.

Die betreffenden Systeme können nur unter bestimmten Bedingungen auf Straßen aktiviert werden, auf denen Fußgänger und Radfahrer nicht zugelassen sind und deren Fahrbahnen entgegengesetzter Richtung physisch voneinander getrennt sind. Ebenso kann der Fahrer solche Systeme außer Kraft setzen und vom System aufgefordert werden, die Kontrolle über das Fahrzeug jederzeit wiederzuerlangen.

"Die EU hat in der Arbeitsgruppe bereits signalisiert, dass sie die neue Bestimmung umsetzen will", sagte François Guichard, Sekretär des Expertengremiums, der dpa. "Es ist möglich, dass Verbraucher solche Autos dann in ein bis zwei Jahren fahren können."

In Deutschland will Mercedes-Benz als erster Hersteller ein Auto auf die Straßen bringen, das dank des Systems "Drive Pilot" bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h zeitweise autonom fahren kann – und für diese Zeit auch statt des Fahrers die Verantwortung trägt. Nach gängiger Klassifikation ist gilt das als Level 3 beim autonomen Fahren, während Fahrassistenten, bei denen weiter der Mensch am Steuer verantwortlich ist, noch unter Level 2 fallen. Die ersten bestellten Fahrzeuge mit dem System will Mercedes im Sommer ausliefern. Auch Honda ist in Japan mit einem solchen Auto auf dem Markt.

Eine Anpassung der UN-Regeln würde grundsätzlich bedeuten, dass ein Level-3-System für Geschwindigkeiten von mehr als 60 km/h international angeboten werden darf, wie ein Mercedes-Sprecher gegenüber dpa erklärte. Jedoch müssten auch die nationalen Straßenverkehrsgesetze den Betrieb eines solchen Systems erlauben, das in Deutschland letztlich durch das Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) zertifiziert werde. Mercedes habe die Systemarchitektur so ausgelegt, dass die Geschwindigkeitsbereiche schrittweise ausgeweitet werden könnten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

In Deutschland ist automatisiertes Fahren bislang auf bestimmte Verkehrssituationen auf der Autobahn beschränkt, etwa bei Staus. In kritischen Situationen wie Tunneln oder wenn Glatteis droht, die automatisch von Kameras und Sensoren erfasst werden, würden Fahrer alarmiert und das autonome Fahren ausgesetzt. In den USA erlauben einige Bundesstaaten wie Kalifornien und Arizona aber auch den Betrieb autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr – inzwischen nicht nur testweise, sondern mit einigen Einschränkungen auch als kommerzielle Robotaxi-Dienste.

Im Mai dieses Jahres passierte eine Verordnung zu autonomen Fahren den Deutschen Bundesrat. Darin wird geregelt, wie Betriebserlaubnisse für Kfz mit vollautonomen Fahrfunktionen erteilt und für welche Betriebsbereiche sie zugelassen werden. Hinzu kommen technische Anforderungen an den Bau, die Beschaffenheit und die Ausrüstung für solche Fahrzeuge.

(anw)