Wie Bakterien ein Speicher für Wasserstoff sein können

Ein neuartiger Bioreaktor mit Acetobakterien wandelt Wasserstoff zusammen mit Kohlendioxid zu Ameisensäure um – und setzt ihn auch wieder frei.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 8 Kommentare lesen

(Bild: petrmalinak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Wasserstoff lässt sich nicht nur unter Druck oder gar verflüssigt in Tanks speichern. Auch eine chemische Speicherung über eine Reaktion mit Kohlendioxid zu Ameisensäure ist möglich. Allerdings verlaufen die Prozesse zur Bindung und späteren Freisetzung des Wasserstoffs bisher nicht sehr effizient.

Immerhin fanden bereits vor einigen Jahren Forschende vom Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock einen günstigen, auf Eisen basierenden Katalysator, um von den Molekülen der Ameisensäure wieder Wasserstoff abzuspalten. Einen biologisch inspirierten Weg schlugen nun Wissenschaftler um Volker Müller von der Universität Frankfurt ein. Sie entwickelten eine Art Bio-Batterie, die Wasserstoff mithilfe der Ameisensäure speichern und auch wieder freisetzen konnte.

Grundlage der Bio-Batterie bildet ein genetisch verändertes Acetobakterium der Art Acetobacterium woodii. Dieses generiert ein Enzym für eine wichtige Schlüsselreaktion von Wasserstoff und Kohlendioxid zu Ameisensäure – die Wasserstoff-abhängige CO₂-Reduktase (HDCR – hydrogen-dependent CO₂ reductase).

In ihrem Labor setzten Müller und Kollegen die Acetobakterien in einem Fermenter einem Gasfluss aus Wasserstoff und Kohlendioxid aus. Beim Stoffwechsel der Bakterien entstand die gewünschte Ameisensäure. Für den umgekehrten Prozess wechselten sie zu einem Gasfluss aus reinem Stickstoff. Dadurch verschob sich das chemische Gleichgewicht in der Bio-Batterie und die Ameisensäure gab den gebundenen Wasserstoff wieder ab.

Volker Müller arbeitet an dem Fermenter mit den Acetobakterien.

(Bild: Volker Müller, U. Frankfurt)

In weiteren Versuchen simulierten die Forscher einen Tag-Nacht-Zyklus, um die Speichereigenschaften der Bio-Batterie zu demonstrieren. Acht Stunden lang – entsprechend einer Wasserstoffproduktion mit Solarstrom tagsüber – bildete die Bio-Batterie aus Wasserstoff und Kohlendioxid Ameisensäure. In den darauf folgenden 16 Stunden wurde der Wasserstoff – während der simulierten Nacht-Phase unter der Stickstoff-Atmosphäre – wieder freigesetzt. Nach vier Zyklen sank die Effizienz der Tag-Phase auf 83 und die der Nacht-Phase auf 75 Prozent ab. Nach zwei Wochen erreichte die Bio-Batterie immerhin noch Umwandlungsraten von einem Fünftel.

Diese Bio-Batterie zeigt, dass biokatalystische Prozesse prinzipiell zur reversiblen Speicherung von Wasserstoff geeignet sind. Nur ein einziger Bioreaktor kann dabei sowohl zum Speichern als auch zur Freisetzung genutzt werden – die Basis für die Bezeichnung "Bio-Batterie".

Vor einer praktischen Anwendung gilt es jedoch, die Effizienz und die Langlebigkeit mit optimierten Reaktionsbedingungen deutlich zu steigern. Sollte dies gelingen, böte der biokatalytische Ansatz zur Speicherung von Wasserstoff mit Ameisensäure eine spannende Alternative zu chemischen Prozessen mit Metall-basierten Katalysatoren. "Nach unserem Wissen ist dies das erste Mal, dass ein bio-basiertes System mit mehreren Zyklen einer birektionalen Umwandlung von Wasserstoff und Kohlendioxid zu Ameisensäure in einem einzigen Bioreaktor gelingt", schreibt Volker Müller und seine Forschungsteam. Er sieht damit die Grundlage für die Entwicklung einer Wasserstoff-Batterie für den häuslichen Gebrauch.

(jle)