Patentverletzung: Oppo stoppt Auslieferung von Smartphones

Der chinesische Hersteller zieht Konsequenzen aus zwei Gerichtsurteilen. Auch Oneplus ist betroffen. Ein Abschied aus Deutschland stehe aber nicht zur Debatte.

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(Bild: zixia/Shutterstock.com)

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Der chinesische Smartphone-Hersteller Oppo hat nach Niederlagen in zwei Patentverletzungsverfahren den Vertrieb seiner Smartphones in Deutschland vorerst gestoppt. Am Freitag hatte das Landgericht München I entschieden, dass Oppo zwei Patente von Nokia verletzt und ein Verkaufsverbot verhängt. Der Hersteller dementiert unterdessen Medienberichte, er werde sich ganz vom deutschen Markt zurückziehen.

Das Landgericht München hat am Freitag entschieden, dass Oppo mit seinen Smartphones zwei standardrelevante Nokia-Patente verletzt, die technische Verfahren zur Verbesserung von Audiosignalen (EP2080193) und effizienter Datenübertragung in Mobilfunknetzen (EP3557917) beschreiben (Az. 21 O 8891/21, 21 O 8879/21). Zuvor waren bereits zwei Unterlassungsurteile vom Landgericht Mannheim gegen Oppo und das Schwesterunternehmen Oneplus ergangen.

Offenbar hat Oppo bereits am Freitag reagiert und die Produktinformationen seiner Smartphones auf der deutschen Website gelöscht. Aufgrund des Urteils darf Oppo zunächst keine betroffenen Produkte bewerben oder an den Handel ausliefern. Auch im deutschen Online-Store von Oneplus, das parallel ebenfalls von Nokia angegriffen wird, gibt es derzeit keine Smartphones. Geräte, die bereits bei den Händlern sind, können aber weiter verkauft werden.

Oppo widerspricht unterdessen Medienberichten, dass es sich ganz vom deutschen Markt zurückziehen werde. "Wir werden den deutschen Markt nicht verlassen", erklärt ein Sprecher gegenüber heise online. "Unser langfristiges Engagement auf dem deutschen Markt bleibt unverändert und wir arbeiten proaktiv mit den relevanten Parteien zusammen, um die laufende Angelegenheit zu klären."

Der Hersteller betont, dass von dem Verkaufsverbot nur Smartphones betroffen sind. "Abgesehen davon, dass der Verkauf und die Vermarktung bestimmter Produkte über die offiziellen Kanäle von Oppo Deutschland ausgesetzt wurde, wird Oppo den Betrieb in Deutschland weiterführen", sagt der Sprecher. Andere Produkte wie Kopfhörer oder Wearables bleiben im Verkauf, auch für Updates werde gesorgt. Oneplus war kurzfristig nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Schätzungen, dass Oppo und Oneplus in Deutschland auf einen gemeinsamen Marktanteil von über 10 Prozent kommen und dem Handel jetzt ein signifikanter Teil des Nachschubs wegbricht, dürfen als übertrieben gelten. Oppo kommt jüngsten Erhebungen der Marktforschung zufolge weltweit auf einen Marktanteil von knapp 9 Prozent – inklusive Oneplus. In Deutschland dürfte der tatsächliche Anteil beider Marken allerdings deutlich niedriger liegen. Oppo will konkrete Zahlen dazu nicht nennen.

Dennoch ist das Verkaufsverbot auf Grundlage der Nokia-Patente ein Rückschlag für das Deutschlandgeschäft des Herstellers. Zumal weiteres Ungemach droht: Am Dienstag stehen zwei Urteile vom Landgericht Düsseldorf an, in denen es um andere Patente geht. Zudem hat Nokia auch den Hersteller Vivo in Deutschland verklagt, der ebenfalls dem chinesischen BBK-Konzern zuzurechnen ist.

Oppo kann selbst ein umfangreiches Patentportfolio vorweisen und hat in der Vergangenheit zahlreiche gegenseitige Lizenzabkommen mit Partnern wie Nokia abgeschlossen, etwa für LTE-Smartphones. Nokia hatte Oppo im Sommer 2021 verklagt und dabei erklärt, dass der chinesische Hersteller eine Verlängerung und Ausweitung auf 5G abgelehnt habe. Dafür habe Nokia eine "unangemessen hohe" Gebühr gefordert, sagt der Oppo-Sprecher.

Oppo führt derzeit einige Gegenklagen gegen Nokia und andere Angreifer. Zuletzt konnte der chinesische Hersteller zusammen mit HMD Global einen Erfolg vor dem Bundespatentgericht erzielen, das weite Teile eines Audio-Patents für nichtig erklärte, das der Patentverwerter VoiceAge EVS gegen die Unternehmen vorbringt. Andere Patente hatte VoiceAge bereits erfolgreich gegen HMD in Stellung gebracht und damit vorübergehend ein Verkaufsverbot für zahlreiche HMD-Smartphones ("Nokia") erwirkt.

In den verschiedenen Verfahren geht es um standardrelevante Patente und faire Bedingungen für deren Lizenzierung. Um die Frage, was "fair, angemessen und nicht-diskriminierend" (FRAND) ist, wird häufig vor Gericht gestritten. In Deutschland droht Unternehmen dabei schnell ein Verkaufsverbot für ihre Produkte – was gerade Automobilhersteller zuletzt bewogen hat, sogenannte Pool-Lizenzen für ihre Fahrzeugproduktion zu kaufen. Auf so einen Lizenz-Pool kann Oppo hier nicht zurückgreifen.

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Das Landgericht Düsseldorf hat am Dienstag zwei Patentverletzungsverfahren, die Nokia gegen Oppo angestrengt hatte, vorerst ausgesetzt (Az. 4c O 40/21, 4c O 35/21). Das Gericht will zunächst den Ausgang der Nichtigkeitsklagen gegen die vorgebrachten Patente abwarten. Dabei geht es um zwei nicht standardrelevante Patente für Mobilfunktechnik (EP1741183) und sichere Datenübertragung (EP1728352). Diese Patente bringt Nokia vor den Landgerichten Mannheim und München auch gegen Oneplus vor.

(vbr)