Was wir bisher über die neuen inhalierbaren Covid-Impfstoffe wissen

Sprüh-Impfstoffe, die durch Nase und Mund eingeatmet werden, könnten Infektionen und die Weitergabe des Virus unterbinden. Doch es bleiben Fragen offen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 141 Kommentare lesen

Kinder im Schulalter mit medizinischen Masken.

(Bild: David Tadevosian/shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jessica Hamzelou

Die Covid-19-Pandemie ist noch nicht vorbei. Zwar bieten injizierte Impfstoffe einen guten Schutz vor schweren Erkrankungen. Sie verhindern aber nicht, dass wir uns mit dem Virus anstecken oder es an andere weitergeben. Das könnten nun möglicherweise Sprühimpfstoffe tun, die durch Nase oder Mund verabreicht werden.

In der letzten Woche haben die Gesundheitsaufsichtsbehörden Indiens und Chinas je einen inhalierbaren Impfstoff gegen Covid-19 zugelassen. Laut den Unternehmen, die sie entwickelt haben, verstärken sie die Immunreaktionen von bereits geimpften Personen. Das wissen wir zusammengefasst bis jetzt über sie:

Um welche Impfstoffe handelt es sich?

Am 4. September gab das chinesische Unternehmen CanSinoBIO mit Sitz in Tianjin bekannt, dass sein inhalierbarer Impfstoff namens "Convidecia Air" von der National Medical Products Administration of China als Auffrischungsimpfung zugelassen wurde. Der Impfstoff wird durch den Mund eingeatmet und kann nach Angaben des Unternehmens "nach nur einem Atemzug einen umfassenden Immunschutz gegen SARS-CoV-2 bewirken".

Auf diese Zulassung folgte rasch die eines weiteren in Indien entwickelten inhalierbaren Impfstoffs. Am 6. September meldete das in Hyderabad ansässige Unternehmen Bharat Biotech, dass sein nasaler Impfstoff mit dem Namen "iNCOVACC" in Indien zugelassen wurde. Er wurde unter dem "Vorbehalt der eingeschränkten Verwendung in Notfällen" als Auffrischungsimpfung für Personen zugelassen, die bereits zwei Dosen eines injizierten Impfstoffs erhalten haben.

Corona-Pandemie: Neue Varianten - Erkrankung - Impfung

Wie wirken sie?

Beide Impfstoffe versprechen, eine Immunreaktion in den Schleimhäuten der Atemwege auszulösen. Immunologen bezeichnen das als mukosale Immunität. Sobald hier Antikörper vorhanden sind, sollten sie in der Lage sein, eine unmittelbarere Reaktion auf eindringende Viren hervorzurufen.

Theoretisch könnte diese Art von Immunität verhindern, dass sich eine Person mit dem Virus infiziert und das Virus an andere weitergibt. "Sie sitzen dort, wo das Virus auftaucht, und können daher sehr, sehr schnell reagieren", sagt Ed Lavelle, Immunologe am Trinity College Dublin in Irland.

Brauchen wir wirklich mehr Covid-19-Impfstoffe?

Wir bräuchten bessere Möglichkeiten, uns vor Covid-19 zu schützen. Zwar geht die Zahl der Covid-19-Fälle weiter zurück. Weltweit ist die Zahl der wöchentlichen Fälle Anfang September um etwa zwölf Prozent gesunken. Dennoch ist das Virus immer noch für zahlreiche Todesfälle verantwortlich. In der vergangenen Woche starb alle 44 Sekunden ein Mensch an Covid-19, erklärte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Anfang September auf einer Pressekonferenz vor Journalisten. "Die meisten dieser Todesfälle waren vermeidbar", sagte er.

Werden inhalierbare Impfstoffe die injizierten Impfstoffe ersetzen?

Nein. Injektionsimpfstoffe führen in der Regel zur Bildung von Antikörpern im Blutkreislauf und in den inneren Organen einer Person. Diese Antikörper rufen ebenfalls eine starke Immunreaktion auf eindringende Viren hervor. Es ist wahrscheinlich, dass die beiden Impfansätze am besten funktionieren, wenn sie zusammen angewendet werden, sagt Lavelle.

Tierversuche deuten darauf hin, dass eine Injektionsimpfung gefolgt von einer Inhalationsimpfung den besten Schutz gegen eine Infektion bietet, eine so genannte "Prime-Pull"-Impfung. Das heißt in etwa so viel wie "Vorbereiten und Ziehen": Die injizierten Impfstoffe setzen das Immunsystem in Gang, und die inhalierten Impfstoffe können ihm einen zusätzlichen Schub geben. Lavelle betont jedoch, dass derzeit noch unklar ist, ob dieser Ansatz bei Menschen ebenso wirksam ist.

Welcher der beiden inhalierbaren Impfstoffe wirkt am besten?

Das steht noch nicht fest. Die beiden Impfstoffe werden auf unterschiedliche Weise verabreicht: der eine durch die Nase und der andere durch den Mund. Es ist bisher unklar, welcher Weg der Beste ist. Theoretisch sollte die Impfung über beide Wege eine Immunität in der Nase, im Mund und in den oberen Atemwegen, einschließlich der Lunge, auslösen. Der Schutz wird jedoch überall dort am stärksten sein, wo der Impfstoff verabreicht wird, sagt Lavelle.

Können inhalierbare Impfstoffe dazu beitragen, die Pandemie zu beenden?

Das ist die große Frage, und es überrascht nicht, dass es darauf keine einfache Antwort gibt. Wenn die Impfstoffe theoretisch dazu beitragen können, Infektionen und die Übertragung des Virus zu verhindern, könnten sie einen großen Einfluss auf Covid-19 haben.

Aber es gibt vieles, was wir nicht wissen. Wir wissen nicht, wie viel Schutz die Impfstoffe bieten könnten und ob der Grad des Schutzes davon abhängt, welchen Impfstoff eine Person überhaupt bekommen hat. "Es hängt von der Dauer der Reaktion [im Körper] ab und davon, wie stark sich das Virus in diesem Zeitraum verändert", sagt Lavelle. "Wir haben noch nicht alle Daten über die Wirksamkeit [der inhalativen Impfstoffe] gesehen", sagt der Forscher.

Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schließen sich seiner Meinung an. Nasale Impfstoffe könnten die "erste Verteidigungslinie" einer Person gegen das SARS-CoV-2-Virus, das Covid-19 verursacht, stärken und das Potenzial haben, die Weiterübertragung zu verringern, sagte Mike Ryan, Exekutivdirektor des WHO-Programms für Gesundheitsnotfälle, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vor Journalisten. "Aber es bleibt abzuwarten."

()