CO2-Entfernung: Natürliche Senken wirken schneller

Eine aktuelle Studie hat untersucht, mit welchen Methoden sich wieviel Kohlendioxid aus der Atmosphäre abscheiden und speichern lassen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 65 Kommentare lesen
Swamp,Yelnya,In,Autumn,Landscape.,Wild,Mire,Of,Belarus.,East

Das Wiedervernässen von Mooren gilt als einer der natürlichen CO2-Senken.

(Bild: Claudia Evans/shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Für die einen ist es eine zwingende Notwendigkeit, für die anderen eine halbgare "End-of-Pipe"-Lösung: das Entfernen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Die Helmholtz-Klima-Initiative hat nun mit einer Studie mehr Klarheit in diese Debatte gebracht und die verschiedenen Methoden gegenübergestellt. Ein Ergebnis: Natürliche CO₂-Senken wirken schneller als technische Ansätze.

Zu den natürlichen Senken zählen die Aufforstung von Wäldern, das Wiedervernässen von Mooren und die gezielte Verwitterung von Gesteinsmehl. Technische Ansätze bestehen etwa in großen Luftfiltern, die CO₂ aus der Luft waschen. Für ingesamt 13 Optionen haben die Forschenden berechnet, wieviel Kohlendioxid sie bis 2050 in Deutschland binden können.

Das Ergebnis: Von der absoluten Menge her könnte BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage) am meisten leisten (siehe Abbildung unten). BECCS-Verfahren besteht darin, Biomasse zu verbrennen, daraus Strom, Wärme oder Treibstoff zu gewinnen und das dabei entstehende CO₂ aufzufangen und zu speichern. Allerdings lässt sich das Verfahren nicht beliebig skalieren: "Die Verwendung von holzartiger Biomasse in Kraftwerken in größerem Maßstab wird die Gesamtnachfrage nach Biomasse voraussichtlich erheblich steigern", sagt Malgorzata Borchers vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, die die Studie zusammen mit ihrer Kollegin Daniela Thrän geleitet hat. "Wir werden Biomasse aus dem Ausland importieren müssen, was sich negativ auf die Waldökosysteme im Ausland auswirken und zusätzliche CO₂-Emissionen verursachen könnte."

BECC: Bioenergy with Carbon Capture, DACC: Direct Air Carbon Capture, CHP: Combined Heat and Power (Kraft-Wärme-Kopplung), NSE: Natural Sink Enhancement (Verbesserung natürlicher Senken), Paludiculture: landwirtschaftliche Nutzung nasser Moorböden, SOC: Soil Organic Carbon (Bindung von Kohlenstoff im Boden), ERW: Enhanced Rock Weathering (beschleunigte Gesteinsverwitterung)

(Bild: Borschers, Thrän et al. / Frontiers in Climate)

Die Direktabscheidung von CO2 aus der Luft (Direct Air Carbon Capture, DACC) hat der Studie zufolge zwar ein großes Potenzial, doch abgesehen von der noch immer offenen Frage, wo das eingefangene Treibhausgas gelagert werden soll, sei es schon aufgrund des Energiebedarfs "zweifelhaft, ob diese Technologie in Deutschland überhaupt umsetzbar wäre", wie Daniela Thrän sagt. "Der Energiebedarf einer solchen Anlage entspräche dem von 720.000 deutschen Haushalten."

Generell würde es bei den meisten High-Tech-Optionen Jahre oder sogar mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis sie in großem Maßstab eingesetzt werden könnten. Viele der natürlichen Senken ließen sich sofort verbessern, haben auch ein kleineres absolutes Potenzial. Das größte relative Potenzial (pro Fläche) bietet die Verwitterung von Gesteinen. Wenn gemahlene Karbonat- und Silikatminerale in die Böden eingebracht werden, binden sie dort CO₂. Doch auch hier gibt es zwei Haken: Zum einen verbraucht die Gewinnung des Gesteinspulvers viel Energie, zum anderen braucht es laut Studie noch "ein Jahrzehnt oder länger" bis zur Anwendung.

Mehr rund um den Klimawandel

Um die möglichen Nebenwirkungen solcher Maßnahmen abzuschätzen, hatten Helmholtz-Forschende bereits im Mai ein Ampel-System vorgestellt.

Kombiniert man alle halbwegs realistischen Konzepte, kommt die Helmholtz-Studie auf ein Senkungspotenzial von knapp 100 Megatonnen CO₂ pro Jahr in Deutschland. Zum Vergleich: Die gesamten Emissionen beliefen sich 2021 auf rund 650 Megatonnen.

(grh)