KI soll autonomen Autos "Sozialkompetenz" verleihen

Fraunhofer IOSB entwickelt eine Kombination aus Bilderfassung und KI, die Verhalten von Fußgängern erkennen und deuten können soll. Nun liegt ein Prototyp vor

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Fußgänger machen, was sie wollen. Was sie machen wollen, will Fraunhofer IOSB anhand von 3D-Bildern und KI erkennen und deuten können.

(Bild: Fraunhofer IOSB)

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Künftige autonome Autos sollen das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere Fußgänger deuten, um besser auf sie reagieren zu können. Daran arbeitet das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) in Karlsruhe seit April 2021, nun hat es einen Prototyp seines Systems vorgestellt. Das Institut spricht davon, selbstfahrenden Autos "Sozialkompetenz" beizubringen.

Ermöglicht werden soll das mit einer Stereokamera, die räumlich "sehen" und somit die genaue Position von Passanten erfassen, und einem KI-Algorithmus, der die Positionen der Gliedmaßen erfassen und daraus Schlüsse ziehen könne, erläutert Fraunhofer IOSB. Das Institut habe es bereits erfolgreich vorführen können, nun werde die KI weiter trainiert und das System verfeinert. Später soll es in allen denkbaren Situationen die Absichten der Fußgänger möglichst zutreffend erkennen.

Fraunhofer IOSB baut dabei auf ein System namens Advanced Occupant Monitoring auf, an dem es zuvor arbeitete. Dabei wird die Körperhaltung von Fahrzeuginsassen in 3D erfasst, deren Bewegungsverhalten analysiert und die Aktionen klassifiziert. So sollen nicht nur einschlafende Fahrer erkannt, sondern zwischen verschiedenen Aktivitäten und den damit verbundenen Ablenkungsgraden unterschieden werden. Davon könnten Sicherheitssysteme und Komfortfunktionen profitieren, meint Fraunhofer IOSB.

In dem "INITIATIVE" genannten Forschungsprojekt geht es darum, beispielsweise zu erkennen, ob Fußgänger eine Straße überqueren wollen. Ein menschlicher Autofahrer mache dies in der Regel intuitiv und ohne nachzudenken, anhand von Standort, Blickrichtung und Gestik. Fraunhofer IOSB will dies Autos mittels Künstlicher Intelligenz beibringen. Dazu brauche es sehr viele Trainingsdaten. Der nun vorgestellte Prototyp könne abschätzen, ob ein Fußgänger die Straße überqueren möchte.

Langfristig geht es dem Fraunhofer-Forschungsteam um mehr: KI-gestützt soll verschiedenen Verkehrsteilnehmer "die adaptive Kommunikation" ermöglicht werden, damit automatisierte Fahrzeuge in gemischten Verkehrsszenarien integriert werden können. Dazu sollen Kommunikationsschnittstellen für die Interaktion eines Fahrzeugs mit sonstigen Verkehrsteilnehmern und mit seinen eigenen Insassen entwickelt werden. Dazu gehört ein Auto, das einem Fußgänger, der die Straße überqueren will, mit einer Leuchtanzeige mitteilt, dass es anhalten wird oder vorbeifahren will.

An einer Technik, die Roboter-Autos einschätzbar machen soll, arbeiten unter anderem auch Forscher der Universität Tokio. Sie statteten für einen Test ein elektrisches Golfcart mit zwei kugelrunden Glubschaugen an der Front aus und ermittelten, dass die Verkehrssicherheit von Fußgängern durch bewegliche Roboteraugen ansteigen kann. Für Lichtbalken entschied sich in einem ähnlichen Forschungsprojekt Jaguar Land Rover. Vor sechs Jahren präsentierte das Startup drive.ai eine Anzeigetafel für autonome Autos. Fraunhofer IOSB hat auch eine Software entwickelt, die gefährliche Situationen in Videobildern automatisch erkennen und Polizisten alarmieren soll.

(anw)