Optimale Netz-Standards könnten Energie sparen

"Carbon Aware Network" can do it: Bessere oder passendere Standards könnten Hebelwirkung für mehr Energieeffizienz des Internet entfalten.

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Rote und blaue Ethernetkabel in einem Switch

Der Energieverbrauch hängt auch davon ab, WIE man die Daten durchs Netz schickt.

(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Die technische Community könnte sich klar von Kryptowährungs-Mining distanzieren, und sie könnte zu Standards neben Sicherheit und Datenschutz auch "Rücksichtnahme auf Energieverbrauch" hinzufügen. Ob sich mit solchen Maßnahmen und vor allem energieeffizienteren Standards zur Energiewende beitragen lässt, diskutierte bis Montag ein virtueller Workshop. Mehr Messungen, und mehr Transparenz beim Energieverbrauch seien wichtig, so die einhellige Meinung der Teilnehmer.

Von "grünen Rechenzentren" wird viel gesprochen, aber dass man auch mit der Wahl "sparsamer" Datenformate den CO2-Fußabdruck des Internet verringern kann, ist weniger bekannt. Bei einem mehrtägigen Workshop machten sich das Internet Architecture Board (IAB), die Internet Engineering Task Force und die Internet Research Task Force Gedanken über die Effekte des Netzes auf die Klimaerwärmung. Sie sammelten dabei Ideen für klimafreundliche Standards – angesichts das rasanten Wachstums des Datenverkehrs ein brennendes Thema. Weil Netzanwendungen so weit verbreitet sind, versprechen selbst kleine Verbesserungen enorme Einspareffekte.

Generell helfe beispielsweise die Verkürzung von Flow Completion Times (FCT), zeigte Michael Welzl, Computerwissenschaftler an der Uni Oslo, ein konkretes Beispiel auf. Der Aufbau verschlüsselter Verbindungen ohne viel hin und her (0-RTT), wie ihn TCP Nachfolger Quic fördert, bringt in diesem Sinne schon einiges, ebenso wie TCP Fast Open. Welzl verwies in seinem Beitrag zugleich auf positive Effekte von Staukontrollmaßnahmen.

Ein weiteres Beispiel sei die Vergrößerung des TCP Initial Window (IW). Im IW wird festgelegt, wie viel TCP Pakete (Segments) beim Start einer Verbindung übermittelt werden dürfen. Je größer dieses Fenster, desto weniger Nachfragen und Abbrüche gibt es, so die Experten, ergo wird die FCT verringert. Das IW wurde in den vergangenen Jahrzehnten mit zunehmender Bandbreite Schritt für Schritt vergrößert. Hier könne noch mehr getan werden.

Neben guter Staukontrolle wurden beim IAB Workshop auch konkrete Vorschläge für die Nutzung effektiverer Datenformate für die Einsparung von Energie gemacht. "CBOR ist grüner als JSON" konstatieren Brendan Moran vom Prozessordesigner Arm, Henk Birkholz vom Fraunhofer SIT und Carsten Bormann von der Universität Bremen.

Bei der Übertragung von Sensordaten in einem IoT Netz zeigte sich das Binärformat CBOR (Concise Binary Object Representation) 13-41 Prozent sparsamer beim Energieverbrauch als das weit verbreitete JSON. JSON ist als ASCII Textformat zwar einfacher zu debuggen und daher bei vielen Entwicklern beliebt. Für Endnutzer von Sensoren sei aber letztlich die längere Lebensdauer eines Sensors das interessantere Feature, schreiben die Forscher, und empfehlen, Binärformaten wo immer möglich den Vorzug zu geben.

Ein Beispiel für Einspareffekte durch die richtige Wahl des Standards bietet auch das Multicast Protokoll, wie Louis Navarre von der Katholischen Universität Löwen in seinem Workshopbeitrag nahelegt.

Multicast – zu Deutsch Mehrpunktverbindungen – optimiert die gleichzeitige Übermittlung von Daten an mehrere Teilnehmer eines Netzes. Statt jedes Datenpaket jedem einzelnen Teilnehmer separat zu schicken, wird es einmal an alle Teilnehmer übermittelt. Messungen von Navarre und dessen Kollegen illustrieren den Einspareffekt insbesondere bei großen Gruppen.

Energievebrauch von Datenübertragung mit Unicast vs. Multicast

(Bild: Louis Navarre et al)

Multicast ist ob des verstärkten Einsatzes von Content Delivery Networks (CDN) ein bisschen in Vergessenheit geraten, auch weil es Routing und Transportprotokolle komplexer macht, bedauern die Forscher. Weil weniger Pakete im Netz unterwegs wären und der Quellserver mit der gleichbleibenden Zahl von CPU Befehlszyklen auskommt, könne es Energie sparen helfen. Nicht zuletzt reduziert Multicast den Datenverkehr im Backbone, so dass dessen Kapazität nicht so schnell erweitert werden muss.