Halbleiter: Wie Siliziumkarbid einen Boost bekommt

Hocheffiziente Halbleiter mit Siliziumkarbid spielen eine Schlüsselrolle für die Energiewende. Auch in Deutschland werden Produktionskapazitäten ausgebaut.

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Siliziumkarbid-Wafer bei der Herstellung., Infineon Technologies AG

Siliziumkarbid-Wafer bei der Herstellung.

(Bild: Infineon Technologies AG)

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Daniel Hautmann
Inhaltsverzeichnis

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E-Autos, Züge und Industrieantriebe verbrauchen weniger Strom, Solarmodule und Windräder können mehr einspeisen – dank eines einzigen Stoffes: Siliziumkarbid (SiC). Der Halbleiter entfaltet überall dort sein Potenzial, wo Gleich- und Wechselstrom transformiert werden – zwischen PV-Modulen und dem Stromnetz, zwischen Batterien und Elektromotoren oder zwischen dem Netz und Heimspeichern. Dabei fließen erhebliche Mengen an Strom. Bei jedem Wechsel geht Energie verloren. SiC verringert diese Umwandlungsverluste. Je nach Einsatzgebiet erwarten Experten um bis zu 30 Prozent verringerte Verluste. Das summiert sich schnell auf einige Megawattstunden Einsparung.

Dieser Text stammt aus: MIT Technology Review 1/2023

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Das Geheimnis von Siliziumkarbid besteht in seiner großen Bandlücke ("Wide Bandgap", siehe Kasten weiter unten). Dadurch verträgt Siliziumkarbid höhere Spannungen als Silizium. Das erlaubt die Verwendung von dünneren Halbleiterschichten mit kleinerem Widerstand und entsprechend weniger Verlustleistung. Und wegen seiner starren Kristallstruktur hält es zudem höheren Temperaturen stand und leitet die Wärme besser ab. Beides erleichtert die Kühlung. "Wide-Bandgap-Halbleiter sind zusammen mit modernster Leistungselektronik die Schlüsseltechnologien für die Energie- und Verkehrswende", sagt Stefan Reichert vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE).

Zudem ermöglicht Siliziumkarbid höhere Schaltfrequenzen. Welche Vorteile das bringt, lässt sich bei Wechselrichtern beobachten. Diese "zerhacken" den Gleichstrom gewissermaßen in viele kleine Portionen und setzen sie wieder zu Wechselstrom zusammen. Und je höher die Hack-Frequenz, desto kleiner die jeweiligen Stromportionen und desto kleiner die dafür benötigten Bauteile.

Wog ein 100-Kilowatt-Wechselrichter für eine Photovoltaikanlage im Jahr 2008 noch mehr als eine Tonne, so bringen moderne 125-kW-Einheiten deutlich unter 100 Kilo auf die Waage. Solche Geräte mit einem Wirkungsgrad von 99 Prozent sind bereits seit ein paar Jahren auf dem Markt.

Forschende am ISE haben nun einen kompakten 250-kW-Wechselrichter entwickelt, der statt ins Niederspannungs- direkt ins Mittelspannungsnetz einspeist. Dafür wäre normalerweise ein großer, separater Trafo nötig. Der Vorteil der Mittelspannung: "Die höhere Spannung führt zu kleineren Strömen und somit zu kleineren Leiterquerschnitten", sagt Reichert. Die Geräte seien vor allem für innerstädtische Anwendungen geeignet, wo bestehende Anlagen auf engem Raum nachgerüstet werden müssen.

Wide-Bandgap-Halbleiter

In Isolatoren sind die Elektronen fest an die Atome des Kristallgitters gebunden. In metallischen Leitern können sie sich frei bewegen. Halbleiter liegen dazwischen: Mit Energie von außen, etwa in Form von Wärme, Licht oder einer elektrischen Spannung, werden gebundene Elektronen zu freien. Dabei springen sie von einem niedrigen Energieniveau (Valenzband) auf ein höheres (Leitungsband). Bei Silizium ist die Bandlücke mit 1,1 Elektronenvolt (eV) relativ gering.

Das ist für Solarzellen vorteilhaft, weil Licht aus dem sichtbaren Spektrum ausreicht, um Ladungsträger vom Valenz- in das Leitungsband anzuheben. SiC und GaN haben mit 3,2 bis 3,4 eV hingegen eine dreimal so hohe Bandlücke. Für Leistungselektronik ist das von Vorteil, weil Dioden aus diesem Material erst bei einer sehr viel höheren Spannung durchbrechen, also Strom leiten. Auch die maximale Stromdichte, die das Bauteil verträgt, ohne kaputtzugehen, ist wegen der großen Bandlücke größer.