"Twitter Files": Manipulationsvorwürfe in Bezug auf Covid-19-Debatte
Internen Dokumenten zufolge soll Twitter kritische Inhalte zu Covid-19 gezielt unterdrückt haben.
(Bild: Ascannio/Shutterstock.com)
In einem weiteren Kapitel der "Twitter Files" widmet sich US-Journalist David Zweig dem Umgang mit kritischen Inhalten zu Covid-19. In seinem Artikel "How Twitter rigged the Covid Debate" (dessen wichtigste Passagen wie alle anderen Twitter Files auch als Twitter-Thread veröffentlicht wurden) wirft er dem Kurznachrichtendienst vor, die Debatte um Corona gezielt manipuliert zu haben, indem es "Informationen zensierte, die wahr, aber für die Politik [der US-Regierung] unbequem waren, indem Ärzte und andere Experten diskreditiert wurden, die anderer Meinung waren".
Wie andere soziale Netzwerke hatte Twitter im Zuge der Corona-Pandemie auf Wunsch der US-Regierung hin Kennzeichnungen eingeführt, um irreführende respektive von den offiziellen Impfempfehlungen abweichende Informationen zu Covid-19 zu kennzeichnen. Dies geschah entweder automatisiert bei Nennung bestimmter Stichwörter oder durch das Twitter-Moderationsteam.
Laut Zweig reichten der US-Regierung die Bemühungen von Twitter nicht, sie wollte, dass Twitter Konten bestimmter Maßnahmen-Kritiker von der Plattform entfernt. US-Präsident Biden hatte den sozialen Plattformen vorgeworfen, "Menschen zu töten", indem sie Falschinformationen über die Corona-Erkrankung zuließen, relativierte seine Aussagen jedoch wieder. Dennoch forderte die US-Regierung ein härteres Vorgehen gegen Falschinformationen bezüglich Covid-19.
"Die Twitter-Führungskräfte haben sich den Wünschen des Biden-Teams [jedoch] nicht vollständig gebeugt", wie Zweig ausführt. Es wurden das Kommentieren oder Teilen als irreführend gekennzeichneter Inhalte eingeschränkt oder Konten nach Verstößen ganz gesperrt.
Zweig belegt dieses Vorgehen durch Beispiele für ebendiesen Umgang mit Kritikern der Corona-Politik der US-Regierung, die eine systematische Manipulation der Debatte untermauern sollen. So wird etwa der Epidemiologe Dr. Martin Kulldorff von der Harvard Medical School, der sich in einem Tweet gegen eine allgemeine Impfempfehlung aussprach.
Der vom Moderationsteam als Verstoß gegen die vorgegebene "Covid-19-Desinformationsrichtlinie" identifizierte Tweet wurde entsprechend gekennzeichnet und konnte nicht mehr kommentiert, geteilt oder gelikt werden.
Was Zweigs Analyse der Twitter Files insbesondere aufzeigt, ist die Zerrissenheit des Moderationsteams, das oft über entsprechende Fälle diskutiert und gegen das hohe Gut der Meinungsfreiheit abgewogen habe. Die Kombination aus automatischer Kennzeichnung und überforderten, meist fachfremden Moderatoren habe jedoch dazu beigetragen, dass auch relevante Ansichten von Ärzten und anderen Experten aus dem Covid-Umfeld unterdrückt wurden, resümiert Zweig.
Anhand der genannten Beispiele kann konstatiert werden, dass Twitters automatische Keyword- und KI-basierte Kennzeichnung von Covid-Beiträgen und Entscheidungen der Moderatoren fehlerhaft und manipulativ waren. Eine systematische Unterdrückung oder gar Zensur untermauern Zweigs aufgeführte Beispiele jedoch nicht.
Videos by heise
Twitter Files: Beeinflussung auf verschiedensten Ebenen
Seit dem vergangenen Monat haben die US-Journalistin Bari Weiss und weitere Journalisten interne – von Elon Musk zugänglich gemachte – Dokumente ausgewertet und als "The Twitter Files" veröffentlicht. Die Journalisten berichten über den Einfluss der demokratischen Partei, des FBI, des Pentagon und der US-Regierung selbst auf den Kurznachrichtendienst.
Außerdem zeigen die Twitter Files auf, welche Werkzeuge dem Moderationsteam zur Verfügung stehen, um die Sichtbarkeit von Accounts zu beschränken und sie auf Negativlisten zu setzen. Intern bezeichne man dies als "Visibility Filtering". Lange hatte der Kurznachrichtendienst bestritten, solche Methoden einzusetzen.
Im Zuge der Veröffentlichung der Twitter Files hatte sich Twitter-Gründer und -Ex-Chef Jack Dorsey zu Wort gemeldet und eingestanden, dass es etwa ein Fehler gewesen sei, das Konto von Donald Trump zu sperren. Ein Unternehmen solle nicht die Macht haben, derart in die gesellschaftliche Diskussion einzugreifen. Stattdessen müssten Menschen Werkzeuge an die Hand bekommen, durch die sie gegen staatliche Einflussnahme gefeit sind.
(vza)