Autogipfel im Kanzleramt: Zankapfel Ladeinfrastruktur für Elektroautos

Die Bundesregierung setzt für mehr Klimafreundlichkeit im Verkehrssektor auf Elektroautos. Ob es für diese noch ein Henne-Ei-Problem gibt, ist umstritten.

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(Bild: Jirsak/Shutterstock.com)

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  • dpa

Anlässlich eines Spitzentreffens im Kanzleramt ist eine Diskussion um das Tempo der Umstellung auf Elektroautos aufgeflammt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der so genannten "Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft", die am Nachmittag zusammenkamen, bekräftigten nach Angaben der Bundesregierung das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Autos auf die deutschen Straßen zu bringen. Zuvor hatte es Kritik am Tempo gegeben.

"Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass ein rascher Hochlauf der E-Mobilität erforderlich ist, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Dienstag nach dem Treffen in einer schriftlichen Mitteilung.

Die Bundesregierung verwies auf den bereits im Herbst vorgestellten "Masterplan" zum Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos. "Beim Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur ist nun in erster Linie die Energie- und Automobilwirtschaft gefordert", so Hebestreit. Auch die Lkw-Ladeinfrastruktur soll vorankommen.

An der Gesprächsrunde hatten neben Kanzler Olaf Scholz (SPD) mehrere Minister sowie unter anderem Vertreter der Auto- und Mobilitätsbranche, Arbeitnehmern, Wissenschaft, Ländern und Kommunen teilgenommen. Erst nach der Zusammenkunft veröffentlichte die Bundesregierung die genaue Teilnehmerliste. Organisationen wie Lobbycontrol hatten die starke Beteiligung der Autobranche kritisiert. "Eine klimafreundliche Verkehrswende braucht mehr Bahn und weniger Autos. Damit sollte sich der nächste Mobilitätsgipfel befassen", forderte Marissa Reiserer von Greenpeace.

"Wir sind in allen wesentlichen Zielgrößen, die sich die Bundesregierung selber gesetzt hat, deutlich im Verzug", hatte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann zuvor im Deutschlandfunk kritisiert. Bürgerinnen und Bürger seien noch vorsichtig bei der Anschaffung von Elektroautos. Dies liegt aus seiner Sicht vor allem an der nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur, die ein großes Hemmnis darstelle. Ladeinfrastruktur müsse auch da entstehen, wo sie wirklich benötigt werde, wie auf dem Land, und nicht nur dort, wo es sich lohne. Der IG-Metall-Vorsitzende sprach von Zögerlichkeit der Automobilindustrie und bei Plänen, die sich die Politik selbst gesetzt habe.

Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind Lademöglichkeiten jedoch nicht das Problem. Eine eigene Umfrage zeige, dass Nutzer die Entwicklung des Ladeangebots positiv beurteilten. "Die Auslastung der Ladesäulen liegt bei rund 15 Prozent, da ist ordentlich Luft nach oben", erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Das Henne-Ei-Problem im Markt existiert nicht mehr."

Die Nachfrage nach E-Autos übersteige bei Weitem das Angebot, so Andreae. Kunden warteten teils länger als ein Jahr auf ihren Wagen. Die Zulassungszahlen müssten deutlich schneller steigen, um bis 2030 insgesamt 15 Millionen vollelektrische Pkw auf den Straßen zu haben – dieses Ziel hat sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag gesetzt. "Es reicht nicht, mit Kaufprämien und über einen vorauslaufenden Ausbau des Ladeangebots die Nachfrageseite anzukurbeln. Die Nachfrage und Akzeptanz sind bereits hoch, jetzt muss das Fahrzeugangebot gestärkt werden."

(mho)