Erneut Verfassungsbeschwerde gegen BND-Gesetz eingelegt

Auch die Novelle des bereits einmal einkassierten BND-Gesetzes halten Kritiker für verfassungswidrig. Prüfen soll das nun Karlsruhe selbst.

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(Bild: Zolnierek/Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert
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Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte haben am Donnerstag Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Gesetz für den Bundesnachrichtendienst eingelegt. 2020 hatten sie bereits erfolgreich gegen das Vorgängergesetz geklagt. Die von der Bundesregierung 2021 eilig verabschiedete Novelle setze den Spruch der Verfassungsrichter nicht oder nur defizitär um, schreiben sie und rufen erneut die Karlsruher Richter an.

Ausdrücklich hatten die Verfassungsrichter im Urteil von 2020 den mangelnden Schutz der Kommunikation von Journalisten mit ihren Quellen gerügt und die von Bundesinnenministerium und BND vertretene Theorie, dass der Grundrechtsschutz an den deutschen Grenzen ende. Auch die schrankenlose Überwachung von Deutschen und Inländern durch den Auslandsnachrichtendienst erklärten die Richter für unzulässig. Mindestens sei etwa die Aussonderung von Telekommunikationsdaten von Inländern notwendig.

In all diesen Fragen ist der Bundesgesetzgeber nach Ansicht der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Reporter ohne Grenzen (RoG) aber mit dem neuen Gesetz deutlich zu kurz gesprungen. Weder die Vertraulichkeitsbeziehungen von Journalisten seien durch die Neuregelung geschützt noch habe der Gesetzgeber die Anforderungen der Verfassungsrichter an klare Grenzen beim Ausmaß und bei den Zielen der Überwachung erfüllt, heißt es in der Übersicht der 149-seitigen Beschwerdeschrift.

Überdies hat man nach Ansicht der Bürgerrechtsorganisationen beim Datenmonopoly mit fremden Diensten gepatzt, und der Bundesgesetzgeber teile wieder die Welt ein in Deutsche und in Deutschland wohnende Menschen. Ausländer mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland würden deutlich schlechter gestellt, so die Beschwerde der Kläger: "Sie können unbeschränkt überwacht werden, sobald sie Deutschland nur kurzzeitig verlassen."

Statt verfassungsrechtlich gebotene Schranken einzuziehen, habe der Gesetzgeber mit der Novelle die Überwachungsmöglichkeiten sogar noch erweitert, warnen die Beschwerdeführer. "Mit der Befugnis zur geheimdienstlichen Totalerfassung sogenannter Maschine-zu-Maschine-Kommunikation dürfen große Teile der Online-Aktivitäten der Menschen in Deutschland verarbeitet und bis zu sechs Monate gespeichert werden", schreiben sie. Erfasst und gespeichert werden könne so das Aufrufen von Websites, Fahrkartenbuchungen oder die Nutzung von Online-Banking, und das "anlasslos und damit massenhaft".

Neu genehmigt hat man sich schließlich auch noch den "Einsatz von Staatstrojanern gegenüber Ausländer*innen im Ausland". Damit habe der Gesetzgeber "die bisher niedrigste Eingriffsschwelle für den Einsatz von Staatstrojanern im deutschen Recht überhaupt" geschaffen.

"Es ist völlig unverständlich, dass die Novelle des Gesetzes Grundrechte erneut massiv verletzt: Mehr als 30 Punkte greifen wir an", so der Koordinator der erneuten Verfassungsbeschwerde bei der GFF, Bijan Moini.

Dass die Beschwerde kommen würde, war zu erwarten. In der Expertenanhörung im Bundestag hatten die geladenen Juristen fast einhellig die Verfassungsmäßigkeit der Regierungsvorschläge mindestens in Teilen bezweifelt.

Angesichts der "Sturheit", mit der der Gesetzgeber schon bei der ersten Novelle 2016 verfassungsrechtliche Bedenken vom Tisch gewischt habe, sprach der Saarbrücker Juraprofessor Dr. Michael Elicker sogar von einer "bedingt vorsätzlichen Verfassungsverletzung" durch den Gesetzgeber.

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