Ein freies Unix für den PC: c’t begeisterte sich 1992 für Linux

Ein Gratis-Unix für den PC, das über das Internet rasend schnell weiterentwickelt wird, brachte Anwender zum Staunen. Der Linux-Kernel entstand auf einem 386er.

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Von
  • Rudolf Opitz
c't-Zeitreise

Das c't magazin feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Das nehmen wir zum Anlass, einige Artikel aus unserem Archiv zu holen, die es wert sind, nochmals gelesen zu werden. Darunter befinden sich spannende Investigativ-Geschichten ebenso wie Kurioses, große Erfolge der Computertechnik, aber auch Prognosen, bei denen wir komplett falsch lagen. Wir kommentieren die Artikel aus heutiger Perspektive und freuen uns auf einen unterhaltsamen Streifzug mit Ihnen durch 40 Jahre IT-Geschichte.

Unix ist das wohl verbreitetste Betriebssystem überhaupt. Nur wenige Server, Superrechner, Embedded-Systeme oder Smartphones laufen mit Betriebssystemen, die nicht auf Unix zurückgehen. Die erste Unix-Version programmierten Ken Thompson und Dennis Ritchie schon 1969. In den 1970er Jahren wurde Unix an verschiedenen Universitäten, besonders aber von der Computer Systems Research Group der University of California, Berkeley weiterentwickelt.

Der Quellcode verbreitete sich von Uni zu Uni und auch der US-Telefonnetzbetreiber AT&T, in dessen Bell Labs Unix entwickelt wurde, stellte bis 1979 die Unix-Quellen öffentlich zur Verfügung. In den 1980er Jahren begann AT&T jedoch Unix kommerziell zu vermarkten, mit freiem Quellenzugang war damit Schluss.

Eine Portierung von Unix auf den PC fehlte lange, bis Andrew Tanenbaum 1987 das Lehrsystem Minix entwickelte. Da Tanenbaum die Kernel-Quellen zwar offenlegte, Änderungen aber verbot, entstand daraus kein freies PC-Unix. Allerdings motivierte es Linus Torvalds 1991 zur Entwicklung des Linux-Kernels. Der verbreitete sich rasch, wie c’t-Autor Dirk Hohndel in seinem Artikel "Kommerz-Killer" (PDF) schrieb:

c't-Artikel aus 1992

"Wahrscheinlich ist es dem Telefongiganten AT&T aber kein Trost, daß es gerade die [seine] Modem-Leitungen sind, über die ein weiteres kostenloses PC-Unix mit rasanter Geschwindigkeit entwickelt wird."

Zwar gab es weitere Ansätze für ein PC-Unix, doch das BSD-Unix aus Berkeley enthielt noch zu viel Code unter AT&T-Copyright und das GNU-Projekt von Richard Stallman kämpfte mit Problemen des GNU-Hurd-Kernels. Torvalds veröffentlichte seinen Linux-Kernel unter der GNU GPL (GNU General Public License), was nicht nur die Weiterentwicklung stark beschleunigte. Dank der zahlreichen Unix-Tools des GNU-Projekts entstand so rasch ein nutzbares PC-Unix inklusive grafischer Oberfläche:

"Im September ’92 war Linux in der Version 0.97 zu erhalten, noch im Oktober wird 0.98 die aktuelle Version werden. Die ’Major Release Number’ 0 sollte den Interessenten nicht abschrecken. Linux ist stabiler als manch kommerzielles System in Release 2.x und enthält die meisten für ein Unix-Betriebssystem wichtigen Eigenschaften."

Lesenswerte Artikel aus 40 Jahren c't

Als Linus Torvalds 1991 mit der Entwicklung des Linux-Kernels begann, programmierte er auf einem 80386er-System, da er dessen fürs Multitasking nützlichen Befehle ausprobieren wollte. Daher ist der 32-Bit-Prozessor auch Voraussetzung für Linux, was Nutzer mit damals noch gängigen 286er-PCs ausschloss, doch der Leistung des Linux-Kernels guttat.

In der Ausgabe 11/1992 machte c’t in einem ausführlichen Artikel erstmals Appetit auf das noch junge Linux-Betriebssystem.

"Der Kernel ist auch aufgrund seiner speziell auf den 80386 ausgerichteten Entwicklung äußerst schnell und hat einen sehr geringen Overhead, was auch einem hardwaremäßig unterlegenen Rechner wie einem 486er mit ISA-Bus zu Vorteilen gegenüber einem eigentlich schnelleren Rechner verhelfen kann."

Der Pinguin Tux war 1992 als Linux-Maskottchen allerdings noch nicht aus dem Ei geschlüpft. Er folgte erst 1996; der Originalentwurf stammt von Larry Ewing, der auch an der Entwicklung des Zeichenprogramms Gimp beteiligt war. Apropos Entwicklung:

"Die große Entwicklungsgeschwindigkeit von Linux und den zugehörigen Programmen beruht auf dem hohen Informationsdurchsatz des Mediums Internet."

Das Internet war 1992 für viele Menschen neu, die meisten Entwickler waren Studenten, die den Internetzugang der Universität nutzten. Daher schloss unser Linux-Artikel auch mit einem Kasten, der das Internet und wichtige Dienste wie FTP und E-Mail erklärt. Das World Wide Web kannte kaum jemand, es setzte sich erst ab 1993 mit dem Browser Mosaic langsam durch.

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(rop)