Microsoft tut sich schwer in der Wirtschaftskrise

Steve Ballmer wird nicht glücklich sein: In praktisch allen Bereichen musste der Softwarekonzern aus Redmond Umsatzrückgänge und sinkende Gewinne oder sogar Ausweitung der Verluste hinnehmen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Es ist Wirtschaftskrise. Und Microsoft bereitet sich, nachdem Windows 7 fertig ist, auch noch fieberhaft auf dessen Veröffentlichung vor – auf die Einführung eines Systems also, das der Cash Cow des Konzerns nach der Pleite mit Windows Vista wieder richtig Schwung verleihen soll: Vergesst Google, nehmt Windows 7! Ob sich diese Hoffnung von Microsoft erfüllen wird und der Konzern nach der recht erfolgreich verlaufenen Einführung seiner Suchmaschine Bing im Internet gegen Google endlich reüssieren kann, das steht noch in den Sternen – die kommenden Quartale werden's weisen. Das gerade abgelaufene Quartal dürfte Microsofts Chef Steve Ballmer aber nicht gerade glücklich machen: Nachdem der größte Softwarekonzern der Welt im dritten Quartal erstmals rückläufige Umsätze ausweisen musste, wurde Microsoft im vierten Geschäftsquartal 2009 erneut durch die Wirtschaftskrise schwer gebeutelt.

Der Umsatz ging im Jahresvergleich um 17 Prozent auf 13,1 Milliarden US-Dollar zurück. Der Nettogewinn sank im vierten Quartal gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahrs um 29 Prozent auf 3,05 Milliarden US-Dollar. Der operative Gewinn ging um 30 Prozent auf 3,99 Milliarden US-Dollar zurück. Immerhin, Microsoft geht keineswegs am Stock. Der Finanzchef des Konzerns, Chris Liddell, betonte aber: "Unser Geschäft wurde weiterhin negativ von der Schwäche im weltweiten PC- und Server-Markt beeinflusst." Zudem belasteten Umsätze von 276 Millionen US-Dollar, die aus der Windows-7-Upgrade-Option resultierten und erst in den kommenden Quartalen verbucht werden, die Bilanz des abgelaufenen Quartals; dazu kommen unter anderem Kosten für juristische Auseinandersetzungen in Höhe von 193 Millionen US-Dollar.

Im gesamten Geschäftsjahr 2009 erzielte Microsoft einen Umsatz von 58,44 Milliarden US-Dollar, ein Minus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Nettogewinn lag bei 14,57 Milliarden US-Dollar und der operative Gewinn bei 20,36 Milliarden, ein Rückgang von 18 respektive 9 Prozent.

Zu Beginn des nachbörslichen Handels in den USA, nachdem Microsoft seine Bilanzen vorgestellt hatte, brach der Kurs der Microsoft-Aktie stark ein – nicht nur die absoluten Zahlen erschreckten die Investoren, auch die Prognosen wurden noch unterboten: Ein Gewinn von 34 US-Cent pro Aktie lag unter den Erwartungen der Börse von 36 US-Cents pro Aktie. Der Konzern erwartet für die nächsten Quartale aber wieder anziehende Geschäfte – wenn die neuen Produkte so auf dem Markt ankommen, wie Microsoft sich das erhofft. Und natürlich geht man davon aus, dass man mit Bing und den Online-Offerten im Office-Umfeld endlich besser gegen Google dasteht. Auch erwartet das Management des Konzerns, dass die Talsohle im PC- und Server-Geschäft nun fast erreicht sei; zumindest für 2010 gebe es Hoffnung.

Im Einzelnen musste etwa die Client-Sparte (alle Windows-Systeme für Desktop- und Notebook-Rechner) im vierten Quartal im Jahresvergleich einen Rückgang beim Umsatz von 4,359 Milliarden US-Dollar auf 3,108 Milliarden hinnehmen. Der operative Gewinn sank von 3,250 Milliarden auf 2,167 Milliarden US-Dollar.

Bei der Business-Sparte (Office- und Business-Software) lag der Umsatz bei 4,564 Milliarden US-Dollar nach 5,266 Milliarden im gleichen Quartal des Vorjahrs. Der operative Gewinn sank von 3,359 auf 2,816 Milliarden US-Dollar.

Der Bereich Server & Tools (Server-Systeme, Datenbanken, Entwicklungswerkzeuge) hielt sich im Vergleich dazu recht gut, der Umsatz sank von 3,721 auf 3,510 Milliarden US-ollar. Der operative Gewinn blieb nahezu stabil bei 1,349 Milliarden US-Dollar nach 1,369 Milliarden im gleichen Quartal des Vorjahrs.

In der Sparte Entertainment & Devices (Spiele, Xbox 360, Mobilgeräte) ging der Umsatz von 1,590 auf 1,189 Milliarden US-Dollar zurück. Geld verdient Microsoft hier auch noch nicht – die Verluste wurden nur etwas geringer, sie lagen bei 130 Millionen US-Dollar nach 171 Millionen im gleichen Vorjahresquartal.

Der Bereich Online-Services, gleichzeitig großes Sorgenkind und großer Hoffnungsträger für den Software-Riesen aus Redmond, musste einen Umsatzrückgang von 837 auf 731 Millionen US-Dollar hinnehmen. Die Verluste stiegen massiv an: Sie lagen bei 732 Millionen US-Dollar, nachdem sie im gleichen Quartal des Vorjahrs noch bei 485 Millionen US-Dollar gelegen hatten.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.
3/09 13.648 Mio. 2.977 Mio.
4/09 13.099 Mio. 3.045 Mio.

* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
(jk)