Frankreich gibt bei Elektrofahrzeugen Gas

Die Regierung in Paris wird französischen Medien zufolge noch in diesem Herbst Ausschreibungen für die Anschaffung von 50.000 Elektrofahrzeugen starten - die Tageszeitung Le Monde bringt sogar eine Zahl von 100.000 Elektroautos ins Spiel.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Regierung in Paris wird französischen Medien zufolge noch in diesem Herbst Ausschreibungen für die Anschaffung von 50.000 Elektrofahrzeugen starten, die künftig von Mitarbeitern öffentlicher Unternehmen (Post, Stromversorger EDF, Eisenbahngesellschaft SNCF) und Bediensteten lokaler und nationaler Behörden genutzt werden sollen. Die Berichte stützen sich auf Aussagen von Industrieminister Christian Estrosi, der am Dienstag ein Forschungszentrum des Commissariat à l'énergie atomique (CEA) in Grenoble besuchte.

Die Tageszeitung Le Monde weiß sogar von 100.000 Fahrzeugen zu berichten, die in den kommenden fünf Jahren von öffentlichen Unternehmen und Behörden angeschafft werden sollen. Die französische Post allein soll rund 10.000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb erhalten, was einem Viertel ihrer Gesamtflotte entsprechen würde. Laut Le Monde wurden unter Leitung von La-Poste-Chef Jean-Paul Bailly bereits Anforderungsspezifikationen für ein elektrisch betriebenes Post-Nutzfahrzeug erstellt, die in der kommenden Woche Industrieminister Estrosi und Umweltminister Jean-Louis Borloo vorgelegt werden sollen.

Gute Chancen, eine der Ausschreibungen zu gewinnen, dürfte der Renault-Nissan-Konzern haben, der derzeit auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt gleich vier rein elektrisch angetriebene Modelle präsentiert: die Kleinwagen Twizzy und Zoe, die Limousine Fluence und eine Elektroversion des Kastenwagens Kangoo. Renault und Nissan investieren nach Angaben von Konzernchef Carlos Ghosn vier Milliarden Euro in die Elektroauto-Entwicklung. Die auf der IAA vorgestellten Fahrzeuge sollen in den Jahren 2011 und 2012 auf den Markt kommen.

Renault ist auch am Projekt Better Place beteiligt, das in Israel, Dänemark und Australien komplette Infrastrukturen für Elektrofahrzeuge aufbauen will, sowie an einem Milliardenprojekt zum Bau einer neuen Batteriefabrik für Elektrofahrzeuge, das vom französischen Staat und der CEA gestützt wird. Hierzulande fällt die Förderung von Elektrofahrzeug-Projekten hingegen spärlicher aus. So stehen laut dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) für die Produktionsforschung auf diesem Gebiet im Jahr 2010 nur 62 Millionen Euro an Fördergeldern zur Verfügung.

Noch-Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) beteuerte in der jüngeren Vergangenheit zwar immer wieder, dass Deutschland zum "Leitmarkt für die Elektromobilität" werden müsse, Anreize zum Kauf solcher Fahrzeuge soll es vorerst aber nicht geben. Zunächst müsse ein Auto geschaffen werden, dass sicherer, leistungsstärker und preisgünstiger sei als derzeitige Prototypen, erklärte Schavan. Gut möglich also, dass Deutschland nach der sang- und klanglosen Niederlage im Hybrid-Geschäft auch beim zweiten wichtigen Elektrofahrzeug-Rennen eine Schlappe einfährt – diesmal aber nicht gegen Japan sondern gegen unmittelbare europäische Nachbarn. (pmz)