Gator will sich nicht Spyware-Hersteller nennen lassen

Der Hersteller der gleichnamigen Trojaner-Software Gator bedroht Aktivisten mit Verleumdungsklagen, wenn sie die Gator-Software als Spyware bezeichnen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Peter Schüler

Der Hersteller der gleichnamigen Werbe-Trojaner-Software Gator bedroht Aktivisten mit Verleumdungsklagen, wenn sie die Gator-Software als Spyware bezeichnen. In einem ersten Fall hatten die Gator-Anwälte bereits Erfolg, indem sie die Webmaster der Seite PC Pitstop zur Umformulierung ihrer Inhalte bewegten. Seitdem rangiert Gator auf dieser Website nicht mehr unter der Bezeichnung Spyware. Spezielle Seiten zu den Themen "Ist Gator Spyware?", "Gator Quiz" und "Gator Boycott-Liste" sind aus dem Netz verschwunden und nicht einmal mehr im Google-Cache aufzufinden.

Zwar basiert der Rückzug von PC Pitstop offenbar nur auf einer vorläufigen Übereinkunft der Prozessgegner, aber im Web kursieren Äußerungen, dass sich dadurch auch Betreiber anderer Anti-Spyware-Seiten in die Enge getrieben sähen. Gator bezeichnet die Angelegenheit jedenfalls nur als Bestandteil einer größeren Klage-Initiative, um per Zivilklage "Spyware-Gegner über die Gator-Software aufzuklären" und sich vor der Klassifizierung der hauseigenen Produkte als Spyware zu schützen.

Das dominierende Programm des Werbevermarkters Gator beruht auf dem Anzeigenverbreitungssystem GAIN (Gator Advertising and Information Network). Dessen Türöffner schleicht sich mehr oder weniger heimlich im Gefolge zahlreicher Gratis-Downloads aus dem Web auf PC-Festplatten, um anschließend tröpfchenweise die Bausteine eines Reklameroboters von den Gator-Servern nachzuladen. Hat der Hintergrundprozess "Trickler" seine Aufgabe erfüllt, sammelt der Gator-Roboter Informationen über die Surf-Gewohnheiten des PC-Benutzers und bombardiert diesen mit Popup- und Popunder-Werbebannern.

Besonders perfide hebt sich die Gator-Software dadurch von anderen Schmarotzern ab, dass sie die Reklame ihrer Sponsoren bevorzugt dann platziert, wenn der Surfer gerade die Webseite eines konkurrierenden Anbieters besucht, also bei einem Besuch etwa der Webseite des Autoherstellers Ford als erstes ein Gator-vermitteltes Popup-Banner für Toyota auf dem Schirm erscheint. Diese Praxis hat den Reklameagenten bereits selbst vor Gericht gebracht; mit unter anderem der mächtigen Verlagsgruppe der New York Times als damaligem Kläger hat sich Gator aber nach einem ungünstigen Vorentscheid still und leise außergerichtlich geeinigt, indem es Popup-Banner zu diesen Seiten letztendlich durch Popunder-Banner ersetzte.

In einem ähnlichen Rechtsstreit erklärte ein US-Bezirksrichter derlei Werbepraktiken als legitime Wettbewerbsform. Er ging aber offensichtlich stillschweigend davon aus, dass die betroffenen PC-Benutzer den Werbestrom im vollen Bewusstsein und aus freier Willensentscheidung auf sich nehmen.

Auf dieses Merkmal beruft sich Gator in der aktuellen Kampagne, um die eigene Software von anderer, vermeintlich wirklicher Spyware abzugrenzen. Dabei gehen die Gator-Anwälte überhaupt nicht auf den Tatbestand des Datensammelns ein, sondern lassen sich nur darüber aus, "richtige" Spyware verfolge ihr Geschäft, ohne dem Betroffenen irgendeinen Gegenwert zu liefern, während Gators "Adware" den Benutzer ja immerhin vor der Installation aufkläre, dass er als Gegenleistung für seine Zustimmung in den Genuss einer anderen Software komme, die sich mit der Gator-"Dreingabe" finanziert. Wieweit etwa Interessenten eines werbefinanzierten Programmpakets à la Kazaa in der Flut aufpoppender Lizenzvereinbarungen überhaupt erkennen können, worauf sie sich einlassen, bleibt bei allen bisherigen Ausführungen unentschieden. (hps)