Höchstes US-Gericht spricht Google und Twitter der Haftung für User-Content frei

Sieg für die Internetbranche vor dem US Supreme Court: Google und Twitter haben Terrorismus nicht aktiv unterstützt, auch wenn Beiträge nicht gelöscht wurden.

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Klassizistisches Gebäude, davor Springbrunnen

Das Gebäude des US Supreme Court in Washington, DC

(Bild: Sunira Moses CC BY-SA 3.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
  • mit Material der dpa

Die großen Internetplattformen können vorerst aufatmen. Das oberste Gericht der USA hat eine wichtige Regel, die Online-Dienste vor Haftung für Beiträge von Nutzern schützt, unangetastet gelassen. Die Richter wiesen in zwei Fällen Kläger ab, die Twitter und Google für die Verbreitung terroristischer Inhalte zur Verantwortung ziehen wollten. Das stärkt den als "Section 230" bekannten Schutzschirm vor Klagen, unter dem sich die großen Online-Plattformen wie die sozialen Netzwerke entwickeln konnten.

Im Kern geht es in dem Streit um Abschnitt 230 des "Communications Decency Act". Dieser schützt Online-Plattformen im Allgemeinen davor, wegen schädlicher Inhalte verklagt zu werden, die Nutzer auf ihren Seiten veröffentlichen. Der Paragraf gibt ihnen auch weitreichende Möglichkeiten zum eigenständigen Filtern und Löschen von Inhalten, ohne dass sie dafür haftbar gemacht werden können.

Der US-amerikanische Supreme Court entschied am Donnerstag, dass Twitter nicht nach dem US-Antiterrorgesetz für terroristische Inhalte auf der Plattform haftbar gemacht werden könne. Geklagt hatten Hinterbliebene eines Mannes, der 2017 bei einem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Istanbul getötet worden war. Sie warfen Online-Plattformen vor, Terroristen durch die Verbreitung ihrer Beiträge unterstützt zu haben. Die obersten US-Richter waren anderer Ansicht. Unter Verweis auf das Twitter-Urteil beschäftigten sie sich nicht mit einem zweiten Fall, in dem es um ähnliche Vorwürfe gegen Googles Video-Plattform YouTube ging.

Ein wichtiges Detail für die Branche ist, dass die Richter auch die Arbeit allgemeiner Empfehlungsalgorithmen, die Beiträge für Nutzer auswählen, anders als die Kläger nicht als aktive Beihilfe zur Verbreitung bestimmter Videos sahen. Unter anderem in einer Anhörung vor dem Gericht hatte es Debatten darüber gegeben, ob Algorithmen unter den Schutzschirm von "Section 230" fallen. Bereits dabei hatte sich das oberste Gericht vorsichtig gezeigt.

Google hatte bezüglich "Section 230" zuvor schon gewarnt, dass das US-Gerichtsurteil das "Internet auf den Kopf stellen" könnte. Hätte der oberste Gerichtshof soziale Netzwerke wie YouTube, Facebook, Instagram, TikTok oder Twitter nicht von ihrer Haftung freigestellt, hätte es zu weitverbreiteter Zensur geführt. Denn hätten die Richter die Privilegien der "Section 230" eingeschränkt, würden sich große Betreiber gezwungen sehen, mehr potenziell anstößige oder schädliche Inhalte zu blockieren.

Bei den Fällen vor dem Supreme Court der USA handelt es sich um REYNALDO GONZALEZ, ET AL., PETITIONERS v. GOOGLE LLC (No. 21–1333) sowie TWITTER, INC. v. TAAMNEH ET AL (No. 21–1496, eingereicht am 22.2.2023).

(fds)