Amazon.com verdoppelt Betriebsgewinn

Amazon präsentiert stark verbesserte Geschäftszahlen. Außerhalb Nordamerikas macht das Handelsgeschäft aber noch Verlust. Der Aktienkurs saust nach oben.​

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3 Amazon-Schachteln

Amazon wird effizienter, unter anderem durch geringeren Kartonverbrauch.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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134,4 Milliarden US-Dollar hat Amazon.com im zweiten Quartal 2023 umgesetzt. Das sind elf Prozent mehr, als im gleichen Quartal des Vorjahres [–] und der höchste Quartalsumsatz der Konzerngeschichte in einem Nicht-Weihnachtsquartal. Der operative Cash flow ist um 84 Prozent auf 16,5 Milliarden Dollar gewachsen. Gleichzeitig ist es dem Konzern gelungen, den Betriebsgewinn um 132 Prozent auf 7,7 Milliarden Dollar zu steigern.

Der Vorsteuergewinn beläuft sich auf 7,6 Milliarden Dollar. Da stand vor einem Jahr noch ein Minus von 2,7 Milliarden Dollar. Nach Steuern bleibt ein Nettogewinn von 6,8 Milliarden Dollar. Auch hier war das Ergebnis vor einem Jahr negativ (-2 Milliarden Dollar). Institutionelle Anleger reagierten auf die Bekanntgabe der Finanzzahlen Donnerstagabend mit Kaufaufträgen. Das ließ den Aktienkurs im nachbörslichen Handel um rund neun Prozent nach oben schnellen.

Amazon Web Services (AWS) hat 22 Milliarden Dollar umgesetzt, ein Zuwachs von zwölf Prozent. Damit ist der Anteil der Cloudsparte am Gesamtkonzernumsatz um zwei Promillepunkte auf 16,5 Prozent geklettert. Der AWS-Betriebsgewinn ist allerdings um sechs Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar gesunken.

Mit Handel, Werbung und Abonnements in Nordamerika hat Amazon 82,5 Milliarden Dollar umgesetzt, ein Zuwachs von elf Prozent. Hier fasst der Konzern sowohl Online-Handel als auch Ladengeschäfte zusammen. Aus dem Betriebsverlust des zweiten Quartals 2022 von 627 Millionen Dollar ist im zweiten Quartal 2023 ein Betriebsgewinn von 3,2 Milliarden Dollar geworden.

Außerhalb Nordamerikas verbessert sich dieses Geschäft ebenfalls, ist aber weiterhin nicht profitabel. Der Umsatz ist um knapp zehn Prozent auf 29,7 Milliarden Dollar gestiegen. Den Betriebsverlust konnte Amazon dabei auf 895 Millionen Dollar halbieren.

Bricht man den Umsatz nicht regional, sondern nach Geschäftsfeldern herunter, ist Amazons eigener Online-Handel (samt Online-Bestellungen bei Ladengeschäften) die größte Quelle: 53 Milliarden Dollar (+5%) stehen zu Buche. Gebühren von unabhängigen Händlern haben 32,3 Milliarden Dollar eingebracht (+18%) - in den USA entfallen bereits mehr als 60 Prozent des Online-Verkaufsvolumens auf unabhängige Händler. Der EU hat Amazon versprochen, unabhängige Verkäufer besser zu behandeln.

An dritter Stelle stehen die erwähnten 22,1 Milliarden Dollar seitens AWS (+12%). Werbung spielt mit 10,7 Milliarden Dollar erstmals in einem Quartal einen zweistelligen Milliardenbetrag ein (+22%). Fast hätten auch Abonnements (ohne AWS) diese Schwelle erreicht. Damit hat Amazon 9,9 Milliarden Dollar umgesetzt (+14%). In eigenen Ladengeschäften hat der Konzern weitere fünf Milliarden Dollar Umsatz gemacht (+7%). Am stärksten gewachsen ist das kleinste Segment "Sonstiges", nämlich um 26 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar. Hierunter fallen beispielsweise Umsätze der Gesundheitszentren Amazons, Lizenzeinnahmen aus Filmen und Serien, Logistikdienstleistungen sowie Umsatzbeteiligung an Kreditkarten. In Deutschland wird zwar gerade die Amazon-Kreditkarte eingestellt, doch arbeitet das Unternehmen bereits an einem Nachfolgeangebot.

Von einem "weiteren starken Quartal des Fortschritts" sprach Amazon-Chef Andy Jassy in der üblichen Telefonkonferenz mit Analysten nach Bekanntgabe der Quartalszahlen. Amazon habe seine Logistikkosten senken können und gleichzeitig beim Zustelltempo einen neuen Rekord erreicht. In den 60 US-Ballungsräumen haben Prime-Abonnenten demnach mehr als die Hälfte ihrer Bestellungen noch am selben oder am nächsten Tag erhalten. Die Zahl der Zustellungen am selben Tag an US-Prime-Abonnenten habe sich gegenüber 2019 vervierfacht.

Zur Kostenoptimierung trage bei, dass Amazon Waren immer öfter ohne weitere Verpackung verschickt. Vergangenes Jahr vermied der Konzern in Nordamerika auf diese Weise sieben Millionen Schachteln. In bestimmten Fällen können Prime-Abonnenten einen Wochentag für die Zustellung ihrer Pakete auswählen. Dann kann der Versand mehr Waren zusammenfassen, was im Schnitt 30 Prozent der Kartons vermeide. 2022 sparte das sogar 136 Millionen Schachteln.

Jassy stellte weitere Kostensenkungen in Aussicht. Außerdem setzt er stark auf Künstliche Intelligenz (KI). Nicht nur hat AWS mehrere Angebote für den Betrieb von KI im Angebot; auch jede einzelne Amazon-Sparte habe bereits selbst Projekte mit generativen Large Language Models (LLM) in Arbeit.

Für das laufende Quartal erwartet das Management neun bis 13 Prozent mehr Umsatz, mithin 138 bis 143 Milliarden Dollar. Hier habe der größte Prime Day der Konzerngeschichte geholfen. Für den Betriebsgewinn ist die Bandbreite der Vorhersage recht groß: 5,5 bis 8,5 Milliarden Dollar. Das wäre jedenfalls mehr als eine Verdoppelung, vielleicht mehr als eine Verdreifachung gegenüber Amazon drittem Quartal 2022.

(ds)