Abschlussbericht Dauertest: Honda VFR 800 F

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Im oberen Bereich verschiebt sich durch den steigenden Öldruck im Zylinderkopf ein Bolzen, der von Zwei- auf Vierventilbetrieb umschaltet. Früher war dieser Übergang mit einem Drehmomentloch verbunden, heute dreht der Motor linear darüber hinweg in einen Bereich, in dem er den Fahrer kernig aus der Airbox mit einem V4-Sound annagelt, der einfach Laune macht, und weil er aus der Airbox kommt, bleibt die Maschine dabei für die Umwelt dennoch vergleichsweise leise. Ich könnte diesem Gesang den ganzen Tag zuhören und habe es oft getan.

Aber wehe, wenn es kalt ist. Die VFR ist eine alte Konstruktion, noch mit separatem Ölkühler ohne Thermostat. Bei kaltem Motor hat sie untenherum NULL Drehmoment, sie geht unter 4000 U/min an meiner Kellerrampe oder dem sehr steilen Berg zur Hauptstraße hoch selbst im ersten Gang aus. Also entweder Kupplung oder über 4000 fahren. Diese Drehmomentschwäche haben alle diese Motoren, aber bei unserem weißen Dauertester war sie besonders ausgeprägt. Es ist der größte Nervpunkt überhaupt, weil sich die VFR damit einen ganz wichtigen Alltagspunkt verhagelt: Schnell ums Eck fahren zum Einkaufen oder zum Sport macht einfach keinen Spaß. Das konnten die alten VFRs besser. Dazu kommt, dass das Öl bei kaltem Regen niemals warm wird. Dann kracht es beim Umschalten auf vier Ventile pro Brennraum so hart, dass ich beim ersten Erleben dieser Schwäche dachte, der Motor geht aus. Schade, schade, schade.

Gepäcksystem und Sozia

Hondas integriertes Koffersystem kann ich vorbehaltlos weiterempfehlen. Es kostet 770 Euro inklusive Außenschalen in Fahrzeugfarbe und Gleichschließung. Der Honda-Freundliche montiert üblicherweise die Teile, man kann es aber auch selber erledigen. Die Koffer blieben auch bei über 10 Stunden Regenfahrt trocken. Erst bei starker Verschmutzung der Dichtungen beim Öffnen/Schließen sickert irgendwann minimal Wasser hinein, die Wäsche blieb trocken. Es reicht bei solchen Bedingungen, die Dichtungen beim Packen einmal grob vom Schmutz zu befreien, am besten morgens, wenn er getrocknet ist und einfach abfällt. Dann bleibt es staubtrocken.

Honda hat die Koffer vorne ausgespart, wo die Beine eventueller Beifahrer stehen sollen. Diese kompakte Bauweise erlaubt weniger dieser Kreativität beim Aufsteigen, die Kurzbeinige oft aufbringen. Ich gehe in solchen Fällen dazu über, auf dem Seitenständer aufsteigen zu lassen. Die Seitenständerkonstruktion trägt das klaglos. Topspeed Autobahn mit Koffern und Sozia geht sehr fahrstabil, war aber für die Beifahrerin wenig komfortabel, weil sie viel Winddruck abbekommt.

Korrosion

Die VFR ist eine Wintersaison durchgefahren. Ich muss dazu sagen, dass unser Haushalt in Stuttgart drei eigene Einspur-Fahrzeuge im Winter betreibt: einen Honda Zoomer, eine KTM 690 Duke und eine Kawasaki Ninja 300, letztere im täglichen Pendelbetrieb. Alle hatten mehr Salz gesehen als die VFR, verkrafteten das aber alle besser. Wie meine eigenen Fahrzeuge behandelte ich die VFR mit Korrosionsschutz. Unten an den Krümmern sah die VFR dennoch nicht besonders gut aus. Das Problem bei Krümmern: Du kannst natürlich mit Korrosionsschutz arbeiten, aber der ist eben nach zehn Minuten Betrieb in die Gasform übergegangen. In Sachen Korrosion habe ich mir mehr versprochen ob Hondas gutem Ruf.