Auslauf für den Mercedes-AMG C 43 4Matic

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Der Motor macht es einem leicht, denn er zieht bereits ab 2000/min, ist aber drehfreudig bis in den Begrenzer ab 6000/min. Der rote Bereich beginnt irritierenderweise erst bei 6500/min, hochschalten sollte man spätestens bereits knappe 1000 Touren früher, denn das Getriebe ist mit seinen neun Gängen eng genug gestuft für eine anständige Anschlussdrehzahl.

Waldwarnmodus

Man wählt das Fahrprogramm „S“, weil die Sache Spaß zu bereiten beginnt – und erschrickt erst einmal. Während der hektischen Suche nach dem Abschaltknopf für die plötzlichen Flatulenz-Resonanzen bleibt gerade noch der Gedanke, dass der V6 röhriger klingt als der eher hämmerige V8 des 63ers … und dann ist der Krach auch schon vorbei: Daimler hat den Not-Aus-Schalter sinnfällig gekennzeichnet und leicht auffindbar auf der Mittelkonsole angebracht. Der Lärm entströmt in den Fahrprogrammen „S“ und „S+“ der serienmäßigen „Sport-Abgasanlage mit sportlicherem Motorsound und zwei Endrohrblenden im Doppelendrohrdesign.“ Weiter im Prospekt: „Der emotionale AMG-typische Sound der Sport-Abgasanlage erklingt besonders kraftvoll beim Beschleunigen.“ Uaaaaaaa! Was uns wundert: An der Leistung ändert das gar nichts. Wir denken uns das daher als einen Beitrag zum Naturschutz: Der Lärm warnt das Wild vor dem Herannahen eines potentiell besonders gefährlichen Verkehrsteilnehmers. Außerhalb von Waldstücken kann man den Warnton abschalten.

Gang? Boom-bang!

Viel wichtiger an „S“ finden wir: Das Getriebe hält den Motor dann immer im Bereich zwischen höchstem Drehmoment und maximaler Leistung, was auf jedem unbekannten Kurs bessere Rundenzeiten ermöglichen dürfte als gut gemeintes Selbstschalten. Leider zerhacken die schnelleren Gangwechsel dann den von der 9G-Tronic gewohnten Komfort. Klasse fanden wir die Bremse, die unmittelbar, aber aus jedem Tempo jederzeit gut dosierbar verzögert und dazu noch einige thermische Reserven zu bieten scheint.

Mit Staunen nimmt man nebenher war, dass das Auto auch eine Segel-Funktion und rekuperatives Laden bietet. Das passt zur Tatsache, dass eine verbesserte Leistungseffizienz immer mit einer gesteigerten Verbrauchseffizienz einhergeht. Dennoch geht das Konzept nicht so weit, dieses Potenzial auch wirklich anzuzapfen. Es bleibt bei Praxisverbräuchen zwischen zehn Litern, auch bei gestreicheltem Pedal und maximal etwas über 16 Litern. Dies wirklich nur der Vollständigkeit halber. Mehr bewegt uns, dass Daimler diesen Feinstaub verbreitenden Direkteinspritzer wohl erst mit einem Ottopartikelfilter ausrüstet, wenn dieser zur Einhaltung der Grenzwerte ab September 2018 nötig wird. Die Technologie wäre gleichwohl vorhanden, bei der S-Klasse beispielsweise setzt der Hersteller sie bereits ein.

Ach so, „S“ ist normal, „C“ die Ausnahme

Irgendwann in den Fahrprogrammen „S“ oder „S+“ (und, nein, das „S“ steht nicht für „sparsamer“) merkt man, dass sich trotz der dank gesteigerter Dämpferviskosität noch steifer ansprechenden Federung das Fahren viel stimmiger anfühlt. An diesem Punkt beginnt man zu verstehen, dass in AMGs Konzept „S“ das Normale und „C“ die Ausnahme ist. Konsequent, angesichts der weiterhin bestehenden bürgerlichen Gediegenheit der C-Klasse aber akkurat eine der eingangs erwähnten Einsortierungshürden dieses Konzepts.

Man muss dem Mercedes-AMG C 43 einfach zugestehen, dass er tatsächlich ein eigenständiges Produkt darstellt – als Crossover aus verschiedenen Welten. Zwischen diesen Extremen lebt es sich aber eher mühsam. Zwei Optionen, nämlich entkoppelbare Stabilisatoren und eine Luftfederung mit einer weiten Spreizung bis hin zu „wirklich komfortabel“ könnten die verschiedenen Welten dann auch zu einem Universalgerät mit hoher Transport- und Reisetauglichkeit verbinden – das man an einigen bestimmten Tagen bewusst genießend zur Pistensau macht – das einen ansonsten aber nicht die ganze Zeit um Bewegung anbettelt wie ein Hund mit zu wenig Auslauf.

Die Allradmodelle BMW 440i xDrive Gran Coupé M Sport mit 326 PS für 60.300 Euro oder der 354 PS leistende Audi S5 Sportback für 62.750 Euro wären dann beim Thema „Komfort“ im Hintertreffen, der oben erwähnte C400 mangels Fahrdynamik aus dem Rennen. Bis dahin bleibt der C 400 aber dank seiner höheren Alltagstauglichkeit der stärkste Wettbewerber. Wenn man ihn mit den beiden AMG-Paketen und allem, was ihm in der Serienausstattung sonst noch gegenüber dem C43 fehlt, auf rund 58.600 Euro konfiguriert, ist er auch noch deutlich günstiger: C43-Fahren beginnt erst ab 61.850 Euro. Für Anfang 2018 ist eine Neuauflage angekündigt. Dann wird Daimler wohl wieder eine Abschiedsauflage mit besonderer Ausstattung zu einem moderat höheren Preis anbieten.

Die Kosten für die Überführung hat der Hersteller übernommen, jene für Kraftstoff der Autor. (fpi)