Bertone Freeclimber: Vergiss den Dreck

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Ein Problem hatten die Italiener aber noch: die Motoren. Daihatsu hatte sich ausnahmslos für biedere Massenware entschieden. Die Aggregate sollten so stark wie nötig und so sparsam wie möglich sein. Ein schmaler Grat.

Als BWM den Gipfel suchte

Zum Glück war bei BMW Eberhard von Kuenheim am Steuer. Unter seine Ägide (1970 bis 1993) blühte BMW auf. So bezog die Marke unter anderem den berühmten Vierzylinder in München, eröffnete Werke in Südafrika, Landshut und Regensburg und nahm ein Forschungs- und Innovationszentrum in Betrieb. Es war eine enorme Wachstumsphase und eine Zeit der Diversifikation und Erweiterung. BMW kaufte Roboterfirmen, Softwareschmieden und Luftfahrtunternehmen. Erst das Rover-Debakel 1993, bei dem Kuenheim und sein Nachfolger Bernd Pischetsrieder geschätzte neun Milliarden Mark versenkten – für damalige Zeiten eine noch unvorstellbare Summe –, verpasste dieser Strategie einen kleinen Dämpfer.

Doch die Italiener klopften noch zu einem günstigen Zeitpunkt an. Bertone wollte für seinen Freeclimber, wie der Edel-Rocky heißen sollte, Motoren haben und BMW hatte welche übrig: einen 2,7 Liter (129 PS) leistenden Benziner aus den 325 und 525 eta-Modellen sowie den 2,4 Liter (115 PS) starken Diesel aus 324td und 524td. Zusätzlich gab es noch einen 2,0-Liter Motor, der aber den Weg nie nach Deutschland fand. Zum Vergleich: der 2,8-Liter Turbodiesel von Daihatsu schickte zu diesem Zeitpunkt gerade mal 91 PS gen Straße. Zur Waffe der Wahl wurden die BMW-Motoren, da sie ursprünglich eher für reifere Kunden konzipiert waren. Das Drehmoment lag schon bei geringen Drehzahlen an, was bei Ausflügen ins Gelände ungemein hilfreich ist.

Bertone brachte das Kunststück fertig, die BMW-Motoren und das Daihatsu-Getriebe zu Freunden zu machen und plötzlich standen Daihatsu-Kunden vor einer Offenbarung. Mit diesen Motoren wurde der Rocky zu einem erwachsenen Auto. So erwachsen, dass der Bertone Freeclimber fortan als Konkurrent für den Jeep Cherokee und den Range Rover gesehen wurde. Auch preislich.

Voll im Trend

Rund 2800 Bertone Freeclimber wurden zwischen 1989 und 1992 verkauft. Bertone gelang es, mit Chardonnet einen gut vernetzten Importeur in Frankreich zu gewinnen, der bereits Autobianchi, Lancia und Maserati unter das französische Volk gebracht hatte. In Deutschland wurde der Freeclimber von Daihatsu direkt vertrieben. Die Marke übernahm trotz der BMW-Motoren den Service.

Als Daihatsu 1993 den Rocky überarbeitete, wurde aus dem Freeclimber ganz einfach der Freeclimber II. Doch Bertone machte den Fehler die Sechszylinder-Motoren durch die M40 zu ersetzen - also Vierzylinder-Aggregate mit zwei Ventilen pro Zylinder. Mit dem Modellwechsel wurde der Vertrieb in Deutschland und Frankreich eingestellt, womit der Wagen auf den italienischen Markt angewiesen war. Ein paar Bertone Freeclimber II landeten bei den Carabinieri, aber längst nicht genug um das Projekt zu retten. Zum Glück erhielt Bertone den Auftrag die Cabrioversionen des Opel Astra und Fiat Punto zu bauen, was dem Unternehmen einen Grund gab, den Freeclimber II einzustellen.

Daihatsu selbst baute zwei Generationen des Rocky. 2002 lief die Produktion dann allerdings aus. Wobei Daihatsu bereits erkannt hatte, dass 4x4-Fahrzeuge den Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden hatten. Der überarbeiteten Version ließen die Ingenieure Einzelradaufhängung mit doppelten Querlenkern und Drehstabfederung an der Vorderachse angedeihen. Hätten sie den Trend weitergedacht und auch die hintere Starrachse durch Einzelradaufhängung ersetzt, müsste sich die Marke jetzt vielleicht nicht auf Kei-Cars spezialisieren. (fpi)