Renaults Boomster

Billigauto-Erfolg in Indien: Renault Kwid

Woran VW konsequent scheitert, gelingt Renault: Mit dem Billigwagen Kwid haben die Franzosen einen Coup auf dem indischen Automarkt gelandet. Das Mini-SUV fährt sich erstaunlich erwachsen

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Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Es ist keine Marketing-Aktion, sondern eine Übergabe im Showroom von Trident-Renault im indischen Bangalore: Geschmückt wie eine Braut steht ein Renault Kwid auf den weißen Fliesen. Ein Blumen-Bouquet ziert die Motorhaube und eine Luftschlangen-Banderole schmückt das weiße Blech. Dem neuen Besitzer werden bei der feierlichen Zeremonie ein Schal und eine Ganesha-Statue überreicht. Diese Hindu-Gottheit ist so etwas wie eine Christophorus-Plakette hierzulande und soll allzeit gute Fahrt garantieren. So weit so normal in Indien.

Göttlicher Schutz scheint auch dringend nötig, wenn man sich in das Verkehrschaos der südindischen Acht-Millionen-Metropole stürzt. Straßenspuren werden genauso als freundliche Empfehlung begriffen wie Vorfahrtsregelungen. In diesem heillosen Durcheinander umschwirren unzählige Mopeds die Autos wie ein wild gewordener Wespenschwarm einen süßen Kuchen. Mitten durch die Blechlawine flanieren gemessenen Schrittes Kühe und ignorieren das Hupkonzert. Es bringt die Wiederkäuer nicht aus der Ruhe, weil sie wissen, dass es nicht ihnen gilt. Sie scheinen zu denken: Mir kann keiner was. Ich bin ja heilig.

Keine Gefahr für die Bandscheiben

Wir mittendrin im Renault Kwid. Das Mini-SUV hat eine Bodenfreiheit von 18 Zentimetern und entsprechend weite Federwege. Mit dem dadurch möglichen Schluckvermögen verlieren auch die schlaglochübersäten indischen Rüttelpisten ihren Schrecken. Keine Gefahr für die Bandscheiben. Trotz der schlechten Straßen wird immer so schnell gefahren, wie es gerade geht – Ganesha passt ja auf. Auf Kundenwunsch hat Renault deshalb nun einen Ein-Liter-Motor nachgelegt, der 50 kW / 68 PS leistet – 14 PS mehr als das bisher erhältliche 0,8 Liter-Aggregat. Der Motor tritt recht quirlig an, gerade recht für die Intervall-Sprints im Stop-and-Go-Verkehr. An die Null-Sterne-Wertung im EuroNCAP für den Kwid denkt man derweil lieber nicht, mit Airbag hat er sich kürzlich immerhin auf einen Stern im Crashtest steigern können.

Was steckt hinter dem Erfolg des Kleinwagens, der mit dem Suzuki-Maruti Alto und dem Hyundai Eon um die Gunst der Käufer buhlt? Die Lust auf Mobilität ist in dem riesigen Land ungebrochen: Auf tausend Einwohner kommen rund 14 Autos, Tendenz steigend. Für viele Inder ist der Kauf eines neuen Autos ein Highlight des Lebens, da muss alles passen, angefangen von der Übergabe bis hin zum Kundendienst. Auch im Billig-Segment sind die Inder extrem anspruchsvoll, das musste Tata mit dem Nano leidvoll erfahren. Einfach ein günstiges Minimalauto funktioniert so nicht in Indien. Renault hat sich den indischen Markt daher genau angeschaut und seine Schlüsse daraus gezogen. Eine Kombination aus „rustikal” und „edel” schätzt man hier am meisten. Und: „der Kwid sieht nicht billig aus”, erklärt Designchef Laurens van den Acker.