Das deutsche Pickerl

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Wer die Vignette spontan an der Tankstelle kauft oder kaufen muss, wird in den meisten Fällen am teuersten wegkommen: Er zahlt für zwölf Monate einheitlich die Höchstsätze von 103,04 (Ottomotor) respektive 112,35 Euro (Selbstzünder) ungeachtet der tatsächlichen Eigenschaften seines Fahrzeugs.

Am teuersten für Spontanzahler

Dobrindt rechnet mit jährlichen Brutto-Gesamteinnahmen von rund 4,7 Milliarden Euro, wovon 3,8 Milliarden auf deutsche Autofahrer entfallen und etwa 860 Millionen auf ausländische Straßenbenutzer. Die Systemkosten sollen sich insgesamt auf 260 Millionen Euro belaufen. Die so übrig bleibenden 600 Millionen Euro von ausländischen Autofahrern sollen zweckgebunden in die Straßeninfrastruktur fließen. Was indes mit den restlichen 3,8 Milliarden geschieht, sagt Dobrindt nicht. Dem Minister zufolge ist der Vignettenplan EU-rechtlich zulässig, hier greift die im Inland gewählte steuerrechtliche Verkleidung als „Abgabe“. Die technische Implementierung respektive gesetzliche Regelung soll im Laufe des Jahres 2015 erfolgen.

Zynisches Lob für Dobrindts Konzept kommt vom Automobilclub ACE: „Wir sind vom Vorschlag des Bundesverkehrsministers schwer beeindruckt. Jetzt fehlt nur noch die Zustimmung der Kanzlerin, des Finanzministers, der EU-Kommission, der Koalition, des Bundestages, des Bundesrates und der Städte und Gemeinden. Aber Maut-Magier Dobrindt wird auch diese Hürde zauberhaft meistern. Er ist ohnehin ein wahrer Gaukler und Rechenkünstler: Bei einem Pkw-Ausländeranteil von 5 Prozent - das sind rund 2,2 Millionen Fahrzeuge - und erwarteten Mauteinnahmen von 625 Mio. Euro im Jahr, entfallen auf jeden Ausländer umgerechnet Straßennutzungsgebühren in Höhe von jährlich 284 Euro, weil Inländer kraft Koalitionsvertrag von der Maut faktisch frei gestellt sind. Dafür werden sich unsere Deutschlandgäste nicht nur herzlich bedanken, sondern sicherlich auch revanchieren.“ Ähnlich argumentieren die Grünen in NRW, einem Haupttransitland: „Dann kehren wir zurück zum mittelalterlichen Wegezoll“, so Landeschefin Mona Neubaur. Die Zollgewerkschaft warnt hingegen vor zu viel Bürokratie und Personalmangel. Der ADAC wiederum zweifelt an der Umsetzbarkeit des Plans. So könne es passieren, dass die EU zwar das Mautmodell absegnet, nicht aber die Infrastrukturabgabe für deutsche Steuerzahler. Diese müssten dann draufzahlen. Zudem seien die Verwaltungskosten zu niedrig angesetzt. Die SPD-Generalsekrätin in Bayern, Natascha Kohnen kritisiert die Kopplung der „Inländer-Maut“ an die Schadstoffklassen, während die FDP und die Grünen von einem „Bürokratie-Monstrum“ warnen, welches die Einnahmen gleich wieder verschlingt. (imp)