Ladestrom teurer als Dieselkraftstoff

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Versorgungsunternehmen, die selbst die Infrastruktur aufbauen, haben im Regelfall eine geringe Schwankungsbreite. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat am 1. März 2019 auf kWh-Tarife umgestellt und berechnet an schnellen DC-Säulen 39 Cent für Vertragskunden (4,99 Euro Grundgebühr pro Monat) und 49 Cent für andere. Die erboste Community der Elektroautofahrer unterstellt Firmen wie der EnBW, in dreister Gewinnmaximierungsabsicht zu handeln. Wie so oft ist die Wirklichkeit differenzierter.

Volle Steuern, Abgaben und Umlagen auf Ladestrom

Das Problem der Infrastrukturbetreiber beschreibt Marc Burgstahler, Leiter Elektromobilität bei der EnBW: „Ladestrom ist für Ladestationsbetreiber genau wie Haushaltsstrom voll steuer- und abgabenpflichtig. Beim Haushaltsstrompreis beträgt dieser Anteil an Steuern, Abgaben und Umlagen sowie staatlich regulierten Netzentgelten rund vier Fünftel.“ Dazu addieren sich die Kosten für die Ladesäulen, die Trafostation eines Ladeparks, das IT-Backend sowie die Wartung. Geld, das irgendwo herkommen muss. „E-Mobilisten profitieren hier jedoch auch von einem entsprechenden Gegenwert, den deutlich kürzeren Ladezeiten“, so Burgstahler.

Aus den hohen Strompreisen an den DC-Säulen ergibt sich, gewollt oder nicht, eine doppelte Lenkungswirkung. Zum einen bleiben die Elektroautofahrer nur so lange, wie sie es unbedingt müssen. Es wird nicht „vollgetankt“, sondern nur ausreichend Energie gezogen, um zum Ziel zu kommen. Die rare Säule wird also zeitnah wieder frei. Zum zweiten wird die Höhe der Geschwindigkeit gesenkt, weil sie der entscheidende Verbrauchstreiber ist. Bei Elektroautos gilt: Wer langsamer fährt, kommt früher an.

Es bleibt also dabei, dass batterie-elektrische Autos auf langen Strecken Probleme haben. Bisher nur wegen der begrenzten Reichweite und den Zwangspausen an der Ladesäule – jetzt auch wegen unerwartet hoher Strompreise.

CO2-Steuer würde Dieselkraftstoff verteuern

Oder liegt die Ursache ganz woanders? Strom, das wird aus der Zusammensetzung des Endpreises klar, ist mit hohen Steuern und Abgaben belegt. Das gilt im Grundsatz auch für fossile Kraftstoffe. Der Dieselkraftstoff aber genießt extreme Nachlässe: Die Energiesteuer liegt um 18,41 Cent pro Liter niedriger als die für Benzin.

Sollte sich die öffentliche Diskussion weiter in Richtung CO2-Steuer bewegen, müsste dieser Vorteil nicht nur aufgehoben werden. Wegen der im Vergleich zu Benzin um rund 13 Prozent höheren CO2-Emissionen – bei der Verbrennung eines Liters werden 2,65 statt 2,34 kg frei – müsste die Steuer entsprechend höher sein: 13 Prozent mehr als die Besteuerung von Superbenzin von 65,45 Cent pro Liter wären knapp 74 Cent. Eine faire Besteuerung nach CO2 würde also ein Plus von 27 Cent pro Liter an der Dieselsäule ergeben. Politisch ist das derzeit nicht vorstellbar. (fpi)