Vergiftete Atmosphäre

Diskussion um Fahrverbote für Diesel

Die Reduzierung von Stickoxiden in Großstädten wird eines der Themen des Jahres 2017 sein. Der Dieselmotor steht dabei im Zentrum der Diskussion. Erstaunlich ist, mit welcher Leichtigkeit inzwischen ein Fahrverbot in der öffentlichen Debatte ist, obwohl mit Entscheidungen erst im Herbst zu rechen ist

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(Bild: DUH)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Franz
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Manchmal sagen ausgesprochene Gedankenspiele in einer Diskussion über diese mehr aus, als die Beteiligten vermutlich offenbaren wollten. So wird in dieser noch recht nachrichtenarmen Zeit von einigen das Thema „Fahrverbote für Dieselmotoren“ mit einer geradezu erstaunlichen Leichtigkeit behandelt. So viel scheint festzustehen: Die Reduzierung von Stickoxid in Großstädten wird eines der Themen des Jahres 2017 sein, und der Selbstzünder steht im Zentrum dieser Diskussion. Darum hat sicher kein Politiker gebeten, denn bei dem Thema gibt es kaum etwas zu gewinnen. Denn es geht um viel. Mit der weiteren Aufkündigung eines gewissen Bestandsschutzes gewinnt man kaum neue Fans, was in einem Jahr mit vier großen Wahlen für Politiker durchaus interessant ist.

Fahrverbote auf der Agenda

Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) lehnt Fahrverbote von Dieselautos in Innenstädten ab. Er argumentiert im Hamburger Abendblatt am 2.1.2017: „Dieselverbote würden über Gebühr den Wirtschaftsverkehr treffen: also Bus oder Lkw, die Geschäfte mit Waren versorgen.“ Das Argument ist alles anderes als neu – die Frage ist, warum ein Politiker es gerade jetzt auf die Agenda setzt? Horch hatte gleich zwei Gründe, sich bei diesem sensiblen Thema vorzuwagen. Sein Kommentar war zum einen eine direkte Reaktion auf den Vorschlag der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Fahrverbote von Dieselautos in Innenstädten anzugehen. Das war zuvor schon auf Widerstand aus Bayern gestoßen. Die SPD-Politikerin will es vor allem Großstädten ermöglichen, bei kritischen Wetterlagen Dieselfahrzeuge aus ihren Zentren fernzuhalten.

Horch ist zudem zum Jahreswechsel turnusmäßig Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz geworden. Er nennt als wichtigstes Argument gegen Fahrverbote deren mangelnden Nutzen: „Sie bringen bei der Reduzierung von Emissionen nicht viel, weil dann der Verkehr nicht nicht stattfindet, sondern sich auf andere Straßen verlagert.“ Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Schon bei der Diskussion um die blaue Plakette hatte Hendricks in einem Interview mit der Auto, Motor und Sport darauf hingewiesen, dass die Sperrzonen deutlich kleiner sein könnten als die aktuellen Umweltzonen – ein Ausweichen auf andere Straßen wäre also prinzipiell möglich, was wohl kaum im Sinn der Sache ist. Die Verantwortung, wo solche Zonen eingerichtet werden würden, liege bei den Verantwortlichen vor Ort und nicht beim Bund. Der wolle nur den gesetzlichen Rahmen stellen, sagte Hendricks.

Es muss gehandelt werden

In Düsseldorf wurde die Entscheidung vertagt. 50.000 Autos rollen dort jeden Tag durch die Corneliusstraße. Die Instrumente, die die Luftqualität an der Einfallstraße überwachen, schlagen viel häufiger Alarm als zulässig. Die Messergebnisse füllen mittlerweile Gerichtsakten, denn Umweltschützer wollen die regelmäßigen Überschreitungen der zulässigen Werte nicht hinnehmen. Generell soll der Jahresmittelwert von Stickoxid höchstens 40 Mikrogramm pro Kubikmeter betragen. Aber diese Messstation des Landesumweltamts registriert mit über 60 Mikrogramm viel mehr. Die Verantwortlichen vor Ort müssen also aktiv werden, ob sie wollen oder nicht. Tun sie nichts, drohen empfindliche Strafen der EU.