E-Laternenparken I: Dauertest Kia e-Soul

Inhaltsverzeichnis

Dieser Erfahrungsbericht besteht aus mehreren Teilen. Dieses ist der erste Teil.

Teil 2: Batteriehub und Reichweite
Teil 3: Vorschläge und Erfahrungen aus dem Gewirr von Ladekarten und Apps
Teil 4: Autobahn-Verbräucheim Trockenen
Teil 5: BEV-Kaufberatung
Teil 6: Dauertest-Fazit

Kias Entscheidung, den Soul ab Modelljahr 2019 in Europa nur noch als batterieelektrisches Autos (BEV) zu verkaufen, steht im Kontext zweier Dinge: Erstens kam die lustige Hutschachtel-Form in Europa weniger gut an als in Asien, sodass keine wichtige Karosserieform für andere Antriebe verloren geht, und zweitens zeigen Hyundai und Kia schon seit längerem einen höheren Anteil an BEV und Plug-in-Hybriden (PHEV) als der Hersteller-Schnitt. Der e-Soul ist also die Gelegenheit, dieses Profil zu schärfen. Wenn Sie einen 2019er-Soul sehen, hat der eine Batterie und einen Elektromotor.

So ein e-Soul wird uns statt zwei Wochen drei Monate begleiten. Der Grund für den langen Testzeitraum: Wir wollen wie angekündigt untersuchen, ob der urbane Laternenparker bei aktuellen Batteriegrößen ein Elektroauto fahren kann. Wo ich bei früheren BEV-Modellen mit kleineren Batterien kategorisch empfahl, die nur zu kaufen, wenn man sie daheim laden kann, gilt das für die neueren BEV mit größeren Batterien wahrscheinlich nicht mehr. Der e-Soul kann in der Stadt unter günstigen Bedingungen geschätzt über 500 km weit fahren. Man muss ihn also nicht häufiger aufladen als einen Verbrenner betanken. Obendrein gibt es mehr Ladestationen, sodass der Soul laden kann, während man selber einkaufen geht. In manchen Fällen wie Ikea oder Aldi lädt das Auto dabei sogar kostenlos mit Strom vom Flachdach. Das kann sich der urbane Laternenparker schon einrichten.

Verbrauch und Energiekosten

Kia gibt die Batterie mit 64 kWh an. Bei der ersten Fahrt im Rahmen der Rallye „i-Mobility“ der Motorpresse verbrauchte mein Fahrer Philipp laut Bordcomputer 17,6 kWh auf 100 km. Darin sind sowohl freudige Beschleunigungen enthalten als auch sparsames Dahinrollen und eine Heizung des Innenraums per Wärmepumpe auf 19° C, denn wir fuhren durch 6° bis 8° C kalten Aprilregen. Wir können also davon ausgehen, dass der e-Soul bei Landstraßen-Fahrten ohne Versuch, sparsam zu sein bei kalten Temperaturen rund 350 km weit kommt.

Der Autobahntest steht noch aus. Außer der Reichweite interessieren uns jedoch auch die Kosten, deshalb messe ich zusätzlich zu den internen Angaben auch die real zugeführte Energiemenge inklusive Ladeverluste. Das waren in diesem Fall 19,4 kWh auf 100 km am 50-kW-Schnelllader. Ich werde auch zukünftig im Test beide Werte angeben, den einen für die Reichweite, den anderen für die tatsächlichen Bruttoenergiekosten.

Beim Laden gibt es eine gute Nachricht für ADAC-Mitglieder: In der EnBW-App können sie unter „Tarife & Karten“ einen Tarif „ADAC e-Charge“ auswählen und einfach per Eingabe der Mitgliedsnummer freischalten. Damit erhalten ADAC-Mitglieder dieselben Ladetarife wie EnBW-Kunden, die 5 Euro Monatsbeitrag bezahlen: 29 ct / kWh am AC-Lader und 39 ct am DC-Schnelllader. Am Schnellader habe ich also für 220 km und 42,7 kWh 16,65 Euro bezahlt. Wenn man für das gefahrene Tempo großzügige 6 l / 100 km Diesel veranschlagt (die meisten modernen Diesel hätten weniger verbrannt), sind die reinen Energiekosten an Schnellladern also nicht wirklich günstiger als bei Diesel und können auf der Autobahn auch deutlich darüber liegen. Vielfernfahrer sollten das wissen, damit sie nicht mit unrealistischen Energiekosten kalkulieren.

Kalkulieren Sie konservativ

Auch der Haushaltsstrompreis stieg 2019 auf durchschnittlich knapp über 30 ct / kWh an, und die Lockangebote für Fahrstrom werden Schritt für Schritt weniger werden. Machen Sie nicht dieselben Fehler wie Elektroheizungskunden damals und kalkulieren Sie konservativ. Der Strom wird wahrscheinlich erst signifikant günstiger, wenn er per Fusionsenergie erzeugt wird, und die liegt eine stets konstante Zeitspanne in der Zukunft.

Ein E-Auto spart realistisch bei den Wartungskosten und der Steuer. Abgebildet findet sich das im Angebot der „Service Flatrate“ von Kia, die gegenüber einem Niro Hybrid etwa die Hälfte kostet. Kia will das Auto aber alle 15.000 km (oder jährlich) zur Überprüfung in der Werkstatt sehen (kleiner Service), um „teure Folgeschäden“ zu vermeiden. Der größere Service ruft alle 30.000 km (oder zweijährlich).

Die Form des Wagens führt zu einer sehr schön flachen Ladekante im Kofferraum und viel Platz auch nach oben für die Köpfe, auch auf der Rückbank. Nur vorne unter der Haube verschwendet Kia etwas Platz, wo bei den Benzinvarianten der Hubkolbenmotor und das Schaltgetriebe mehr Platz brauchen. Beim Fahrverhalten spürt man natürlich die hohe Karosserie. Trotz dieses Handicaps ist die Straßenlage sauber und die kräftige Motorisierung macht sogar Spaß. Philipp hat einen Tesla Model 3 (Test) und sagt dennoch: „Ich würde hier leistungsmäßig nichts vermissen.“

In Sachen Assistenzsysteme fährt der e-Soul deutlich weniger nervig als der Tesla, der hier arg enttäuscht. Die meiste Zeit verhalten sie sich unauffällig bis dezent hilfreich. Das ausfahrbare Headup-Display hinterlässt gemischte Gefühle. Es passt nicht so ganz zur Karosserie, denn statt auf der Straße stehen die Zahlen auf der Motorhaube. Ich benutze es dennoch, weil die Motorhaube immer noch einige signifikante Winkelgrade über dem Tacho liegt vom Blickwinkel her.

Automatisiert sparen

Wie sich mittlerweile überall durchgesetzt hat, macht der e-Soul viel der Motorsteuerung zur Stromersparnis und -rückgewinnung automatisch selbst. Wenn der Soul auf ein Hindernis oder ein anderes Auto zufährt, erhöht er die elektrische Bremsleistung (Rekuperation). Dasselbe gilt bei Bergabfahrten oder entsprechenden Straßensituationen (wenn ein Routing-Ziel eingestellt ist). Über Schaltwippen kann der Fahrer die grundsätzliche Stärke der elektrischen Bremse am Lenkrad einstellen oder sie ganz von der Automatik lösen und fixe, manuelle Werte verwenden.

Ebenso kann man eine automatische Bremsung bis zum Stillstand einstellen für eine Einpedal-Fahrweise, muss das aber aus unbekannten Gründen bei jedem Neustart tun. Wie andere Kias auch, piept einen das Auto beim Starten vier Mal an. Kia möchte, dass Sie sich anschnallen, BEVOR Sie den Antrieb starten. Abschaltbar ist das trotz ganz zusätzlich normalem NCAP-Gurtwarner nicht.

App kommt

Das Infotainment-System „UVO Connect“ ist ganz neu. Wir werden es in einer der nächsten Folgen des Laternenparker-Tests beleuchten, weil ein Schlüsselbestandteil immer noch fehlt: die Fernverbindung für Ladezustand abfragen und Auto vorheizen. Was Nissan seit 2010 kann, hat Kia jetzt endlich auch im Plan für Europa: Ab Juni soll eine entsprechende App verfügbar sein. Dann widmen wir uns dem Infotainment-System. Es ist nach Philipps Ersteindruck natürlich längst nicht so schön und cool wie das im Tesla 3, doch das erwartet der Kia-Kunde wohl auch nicht, sondern eher solide Funktion. In der nächsten Folge widmen wir uns dem Autobahnverbrauch. Dabei fürchte ich nicht, vom e-Soul im Stich gelassen zu werden, sondern von der deutschlandweit oft zickigen Lade-Infrastruktur. Sie erfahren auf diesem Kanal, ob ich nach Hause kam.