Ein Ausflug im Ford Sierra XR4i von 1983

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Gänzlich original ist der von uns gefahrene XR4i nicht, RS-Leichtmetallfelgen ersetzen die Original-Alus mit Pneus des Formats 195/60 VR14. Ja, Sie haben richtig gelesen: 14 Zoll. Auf einem Sportmodell! Der Innenraum herrscht grau in grau vor, die Mittelkonsole ist zum Fahrer hin geneigt. Die Kurbel des Schiebedachs oder das noch immer funktionierenden Warndisplay für offene Türen wirkt heute skurril. Im Jahr 1983 war so etwas beeindruckender als alle Assistenzsysteme heute zusammen. Merkwürdig auch die elektrische Spiegelverstellung, während alle Fenster gekurbelt werden müssen.

Flink unterwegs

Nach dem Dreh am dünnen Zündschlüssel erwacht der V6 unter der Haube zum Leben. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Der 2,8-Liter-Motor, frei von jeglichem Sounddesign, brodelt vor sich hin. Dabei klingt der Sierra XR4i stets schneller, als er ist, zudem findet der Wagen souverän jedes Schlagloch. Ford hat dem von uns gefahrenen Museumswagen eine Tieferlegung plus Sportauspuff und Fächerkrümmer spendiert. Normal gefahren und früh hochgeschaltet wirkt der XR4i kaum bissig. Das ändert sich, sobald man mehr Drehzahl anfordert: Ab 3800/min stehen die maximalen 216 Nm bereit. Der Motor dreht ab dieser Marke flink hoch, und es geht, auch dank des vergleichsweise geringen Gewichts, flott voran. Die fünf Gänge sind etwas ungenau geführt, rasten aber exakt ein.

Selten geworden

Eine lange Karriere blieb dem XR4i verwehrt, schon 1985 folgte der Nachfolger XR4x4 mit Allradantrieb. Ihn gab es wahlweise als Fünftürer oder Kombi. Erst gegen Ende der Sierra-Modellreihe wurde das Kürzel XR4i als Ausstattungslinie wiederbelebt. Eine kaum bekannte Episode ist der Verkauf des XR4i zwischen 1985 und 1989 in den USA unter dem Markennamen Merkur. Eine Rarität blieb der in Südafrika gebaute Sierra XR8 mit Achtzylinder, hiervon entstanden nur 250 Exemplare. Da war die gesamte Sierra-Baureihe weniger exklusiv: Nach zwei Facelifts lief im Jahr 1993 mit dem 2.700.500. Exemplar das letzte Modell vom Band. Nachfolger wurde der Ford Mondeo, der mit Frontantrieb auf den Markt kam.

Heutzutage ist es schon schwierig, einen gut erhaltenen Ford Sierra zu finden, vom XR4i ganz zu schweigen. Nur gut 80 Exemplare sollen in Deutschland noch zugelassen sein. Die Motoren gelten als robust, auch Getriebe und Fahrwerk sind für hohe Laufleistungen gut. Doch der Rostschutz des Sierra war, wie bei vielen Konkurrenten dieser Epoche, nicht für die Ewigkeit gemacht. Da nur die wenigsten Besitzer in eine nachträgliche Hohlraumkonservierung investierten oder dem Sierra besonders viel Pflege zukommen ließen, ging es ihm wie den meisten Alltagsautos irgendwann: Ein Großteil landet beim Verwerter, der Rest bei Fans, die ihn mit einigem Einsatz bewahren. (imp)