Fahrbericht: Unterwegs im VW Polo 1.0

Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Antrieb. Verwöhnte Naturen grübeln vielleicht, ob ein Überleben mit 75 PS und 95 Nm Drehmoment möglich ist. Kein Problem! Das Leistungsangebot reicht jederzeit zum lockeren Mitschwimmen. Wer jedoch meint, in Zeiten des Diesel- oder Elektro-Punches zum zügigen Beschleunigen einfach bei niedrigen Geschwindigkeiten das Gaspedal durchtreten zu können, erntet lediglich eine veränderte Klangfarbe. Stattdessen ist die Anwendung einer nahezu vergessenen Kulturtechnik nötig: Schalten Sie runter und drehen Sie den Motor ordentlich hoch! Dann geht auch irgendwie irgendwas: Die Werksangabe verspricht minimal 14,9 Sekunden bis 100 km/h und maximal 170 km/h.

Ohne E

Subjektiv ist das völlig okay. Und ich frage mich nach der Ausfahrt kürzlich im Renault Scenic Hybrid Assist , ob nicht ein ähnliches 48-Volt-Hybridsystem für diesen Polo attraktiver wäre als die Leistungssteigerung mittels Turbolader im TSI. Denn beim Verbrauch war der Gesamtwert mit 5,6 Litern zwar im Rahmen und lag unter dem vor drei Jahren gefahrenen Vorgänger. Beim Stadtkonsum von sechs Litern aber ist Luft nach unten. Das krasse Drehmoment des E-Motors von Continental im Renault Hybrid Assist – 66 Nm reißen direkt an der Kurbelwelle – würde das souveräne Fahren im Polo nochmals unterstreichen, selbst wenn das Leergewicht von 1105 kg dadurch ansteigen würde.

In Wolfsburg weiß man, wie man Autos baut. Daran gibt es keinen Zweifel. Ich habe mich am Steuer dabei ertappt, wie ich mir eine batterieelektrische Version des Polos vorstelle. Und tatsächlich wird der kommende I.D. (Premiere auf IAA 2019) exakt das: Ein konsequentes E-Auto im Kompaktformat mit allem, was Volkswagen so erfolgreich macht. Mir ist zugleich klar, dass der Preis eines Stromers auf absehbare Zeit nicht mit einem schlichten Verbrennungsmotorauto mithalten kann: Viele Komponenten wie die Klimaanlage oder die Lenkung brauchen beide. Lediglich der Rumpfmotor, der Plastiktank und der Abgasstrang fallen weg – dass die Summe aus E-Motor, Leistungselektronik, Ladetechnik für Wechsel- und Gleichstrom sowie Traktionsbatterie kostengleich werden können, ist nach meiner Einschätzung nicht plausibel.

Umso wichtiger ist die Feinarbeit am heutigen Konzept. Der Testwagen, der letztlich doch wieder mit Verzichtbarem wie 17-Zollfelgen mit 215er Reifen und dem teuersten Radionavigationssystem ausgerüstet war, repräsentierte einen Listenpreis von 22.220 Euro. Die Realität der Tageszulassungen wird mittelfristig bei rund 15.000 Euro liegen. Viel Geld für Normalverdiener. Und dennoch werden etliche Privatkäufer in Europa zugreifen, weil der Polo selbst an der Basis das beste Angebot ist.

Der Hersteller hat das Auto kostenfrei zur Verfügung gestellt und überführt. Der Autor ist für die Kraftstoffkosten aufgekommen. (fpi)