Schwarzes Schwermetall

Harley-Davidson Sportster Iron 1200

Harley-Davidson hat ein neues Modell in der Sportster-Baureihe vorgestellt und zielt mit der Iron 1200 auf die klassischen Chopperfans ab. Die Designer bemühten sich etwas krampfhaft, Retro-Elemente einzubeziehen

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Harley-Davidson Sportster Iron 1200 15 Bilder
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  • iga
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Harley-Davidson hat etwas mit Lego gemeinsam: Man kann einzelne Teile auseinanderpflücken und sie an einem beliebigen anderen Modell der Baureihe wieder andocken. Bei der US-Marke sind es vor allem die unterschiedlich geformte Tanks, Lenker, Telegabeln, Sitzbänke, Räder, Fußrasten und Kotflügel mit denen die Designer spielen. Motor und Rahmen bleiben identisch, nur die Peripherie wird anders geschmückt und schon hat man ein völlig neues Modell. Zumindest behauptet das Harley-Davidson. Jüngstes Beispiel ist die Sportster Iron 1200.

Mehr Raum

Natürlich lebt die Marke vom Individualismus, der Zubehörkatalog von Harley-Davidson ist so dick wie das New Yorker Telefonbuch. Vom verchromten Schräubchen bis zur fetten Screamin’-Eagle-Auspuffanlage kann der Käufer für sein zweirädriges Schätzchen unzählige Extras gegen Aufpreis ordern, denn vor nichts graut es den meisten Harley-Besitzern mehr, als irgendwo eine identische Maschine herumfahren zu sehen.

Dieser Philosophie der Einzigartigkeit kommt die Marke bereits durch ihre Modellstrategie entgegen. Das jüngste Beispiel ist die neue Sportster Iron 1200. Die Sportster-Baureihe besteht mittlerweile aus nicht weniger als acht Modellen. Es gibt bereits seit geraumer Zeit die Sportster Iron 883 – sie war das kleinste Einstiegsmodell von Harley-Davidson, bis die beiden Street-Modelle mit 750 cm3 herauskamen. Doch offensichtlich ist es auch den Harley-Ingenieuren aufgefallen, dass der 883-cm3-V2 mit 51 PS und 68 Nm Drehmoment nicht unbedingt den potentesten Antrieb für das immerhin fünf Zentner schwere Bike darstellt. Ergo griffen sie nun zu dem bereits existenten 1202-cm3-Motor, der mit 96 Nm und 66 PS schon für deutlich mehr Vortrieb gut ist, auch wenn er immer noch kein Wunder an Durchzugskraft ist. Der Hub ist in beiden Motoren mit 96,8 mm identisch, bei der 1200er wurden die Zylinder aber von 76,2 auf 88,9 mm aufgebohrt und die Verdichtung von 9:1 auf 10:1 erhöht.

Betont lässig

Ansonsten wollte man die Iron 1200 betont lässig gestalten und verbaute einen Ape-hanger. Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann: Das sind die absurd hohen Lenker, die aussehen, als wolle der Fahrer daran Klimmzüge machen. Vielleicht geht Harley-Davidson davon aus, dass ihre Iron-1200-Kunden grundsätzlich Singles sind, jedenfalls gibt es das Modell serienmäßig nur mit einem Einzelsitz. Der weist im Rücken eine dicke, nach hinten abfallende Wulst auf und soll an den Café-Racer-Stil der 1960er-Jahre erinnern.

Bei der grafischen Gestaltung des Tanks machte Harley dagegen einen Sprung in die 1970er Jahre und dekorierte ihn mit Streifen in unterschiedlichen Blautönen oder wahlweise Rottönen. Die große Lücke zwischen Sitz und Tank mit direktem Blick auf das Rahmenrohr ist bei Harley-Davidson inzwischen ein häufig gesehener optischer Gag, lässt aber im Stau enorme Hitze vom Motor genau zwischen die Beine des Fahrers aufsteigen.

Der klassische Rundscheinwerfer bekam an der Iron 1200 eine kleine Lenkerverkleidung. Wenn dahinter ein Ape-hanger montiert ist und der Fahrer entsprechend mit weit ausgebreiteten Armen hockt, erzielt der Pseudo-Windschutz keinen praktischen Nutzen, sondern dient nur der Optik. In Blickfeld des Piloten liegt ein einsamer, analoger Tacho, der ein kleines Display integriert. Mehr Infos interessieren den Harley-Treiber ohnehin nicht, viel wichtiger ist ihm der basslastige Motorsound aus der Zwei-in-zwei-Auspuffanlage.