Hybrid für alle? Der Honda Insight in der Praxis

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Valencia (Spanien), 13. Februar 2009 – An zwei Grundproblemen krankt der Markt für Hybridfahrzeuge bisher: Es gibt kaum Serienmodelle und sie sind für Durchschnittskäufer zu teuer. Wer es sich nicht leisten kann, wird sich nicht ohne Weiteres überzeugen lassen, einige tausend Euro draufzulegen, die er selbst durch eisernes Spritsparen nie wieder einfahren kann. Deswegen haben derzeit Mildhybrid-Fahrzeuge die besten Aussichten auf Markterfolg, denn ihre relativ kleine Antriebsbatterie bleibt bezahlbar, und es muss ja auch nicht immer der technisch aufwendigste Antrieb sein. So macht Hondas Ankündigung, ein Hybridauto für rund 20.000 Euro zu bringen, besonders neugierig. Unsere Frage: Wie fährt er sich und lohnt sich der Hybrid?

Jazz à la Prius

Beim ersten Anblick erinnert der Insight stark an den Hybrid-Konkurrenten Toyota Prius. Doch es waren vor allem aerodynamische Überlegungen, die zu dieser Form geführt haben und die Hoffnung, dass sich diese Karosserieform in Europa besser verkaufen wird. Im Vergleich zum jetzigen Prius sieht das Auto trotz ähnlicher Grundform aber doch ein wenig dynamischer aus. Ein weiterer Unterschied zum Toyota-Konkurrenten sollte der Preis sein: Der Insight sollte unbedingt deutlich günstiger werden. Die Konzeption lehnt sich an das Kleinwagenmodell Jazz an, von dem der Insight das Fahrwerk übernimmt. Damit fährt sich das Auto angenehm: In der Kurve wankt es wenig und geht über Unebenheiten recht unbeeindruckt hinweg. Im Unterschied zum Jazz liegt der Tank unter den Fondsitzen statt unter den Vordersitzen. Dies ermöglicht eine niedrigere Fahrzeughöhe, was der Aerodynamik zugute kommt.

Abgespecktes Hybridkonzept

Um den Preis niedrig zu halten, erhält der Insight ein Hybridsystem, das sich vom Civic Hybrid ableitet, aber weniger aufwendig, günstiger und leichter ist. Der 88 PS starken Ottomotor ist eine modifizierte Version des Aggregats aus dem Civic Hybrid. Dazu kommen ein verkleinerter Elektromotor, der hier 10 kW (14 PS) statt 15 kW leistet und wie gehabt ein CVT-Getriebe. Kleiner ist auch die Nickel-Metallhydrid-Batterie. Sie hat eine Kapazität von knapp 0,6 kWh. Zum Vergleich: Die Civic-Hybrid-Batterie fasst 0,9 kWh, der Prius-Akku aber immerhin 1,3 kWh. Allein dieser Unterschied spart eine Menge Geld, solange die Preise für Energiespeicher nicht deutlich sinken.

Hybrid für alle? Der Honda Insight in der Praxis

Parallelprogramm

Wie der Civic besitzt das Auto ein paralleles Hybridkonzept, das heißt, der Ottomotor und der Elektromotor leiten ihren Antriebsbeitrag auf parallelen Wegen an die Achse. Toyota setzt dagegen auf einen aufwendigeren leistungsverzweigten Hybridantrieb mit Planetengetriebe. Den Antrieb beim Insight übernimmt entweder der Verbrennungsmotor alleine, der Elektromotor oder beide gemeinsam. Auch der kleine Elektromotor alleine kann also das Auto antreiben. Allerdings schafft er das nur in wenigen Fällen – bei niedrigem Tempo und wenig Beschleunigung. Selbst dann reicht die Energie der Batterie nur kurz, laut Honda-Sprecher Alexander Heintzel etwa 1,3 Kilometer. Und angefahren wird stets mit konventioneller Kraft.

Energierückgewinnung

Die Batterie wird entweder durch Rekuperation (Bremsenergierückgewinnung) aufgeladen, oder indem ein Teil der verbrennungsmotorischen Leistung für den Antrieb des Generators abgezwackt wird. Natürlich hat der Insight wie jeder Hybrid auch eine Start-Stopp-Funktion, die beispielsweise an der Ampel Sprit spart. Auf dem Papier steht letztlich ein Verbrauch von 4,4 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Der Innerortsverbrauch mit 4,6 Liter ist kaum höher, was schon auf das bevorzugte Revier des Hybrids hinweist. In der Praxis benötigt man laut Bordcomputer rund 5,6 Liter. Der Insight beschleunigt in 12,6 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht ein Maximaltempo von 186 km/h.

Deutlich weniger Fahrspaß als bei einem Diesel

Die Gesamtleistung gibt Honda mit 72 kW (98 PS) an. Das Drehmoment beträgt in Summe maximal 167 Newtonmeter. Dass sich Leistung un Drehmoment der beiden Motoren nicht einfach aufaddieren lassen, liegt an der völlig unterschiedlichen Leistungs- und Drehmomententfaltung. So stellt der Elektromotor sein höchstes Drehmoment schon bei niedrigster Drehzahl zur Verfügung, der Verbrennungsmotor bekanntlich nicht. Aber genau das macht Elektro- und Ottomotor bei diesem Hybridkonzept zu einer günstigen Verbindung, weil sie sich gegenseitig sinnvoll ergänzen.

Hybrid für alle? Der Honda Insight in der Praxis

Das Fahrgefühl im Insight entspricht etwa einem guten Benziner der 100-PS-Klasse. Im Vergleich zu einem Diesel fällt der allerdings Insight deutlich ab, wenn es um Fahrspaß geht. Hinsichtlich der Bedienung unterscheidet sich der Insight wenig von einem konventionellen Fahrzeug. Das serienmäßige CVT-Getriebe wird wie eine Automatik bedient. In der Topversion ist im S-Modus auch das manuelle Schalten über Paddles am Lenkrad möglich, wobei man zwischen sieben Gängen wechseln kann. Der oft beschriebene Gummibandeffekt des stufenlosen Getriebes stört zumindest bei den von uns gefahrenen Geschwindigkeiten unter 120 km/h nicht.

Öko-Anreize

Um den Fahrer zum vorausschauenden Fahren und damit zum Spritsparen anzuhalten, setzt Honda auf ein Assistenzsystem namens Eco Assist. Sie machen sich für den Fahrer in einem kleinen Schwarz-Weiß-Display durch einen Balken bemerkbar, der von der idealen Nulllinie aus entweder nach links oder rechts wächst. Eine ineffektive Fahrweise lässt sich außerdem am Digitaltacho als blaues Hintergrundleuchten ablesen. Beim Abschalten der Zündung zeigt der Öko-Assistent außerdem weiße Pflänzchen im Schwarz-Weiß-Display. Je schöner sie aussehen, desto sparsamer ist man gefahren. Dabei wird die gerade abgeschlossene Fahrt bewertet und zusätzlich die Fahrweise über die gesamte Lebensdauer.

Ein grüner Knopf links am Armaturenbrett ermöglicht noch konsequenteres Energiesparen. Ist er gedrückt, wird das Drehmoment um vier Prozent abgesenkt. Außerdem reagiert das Gaspedal nicht so spontan wie sonst, die Bremsenergierückgewinnung wird verstärkt und die Motor-aus-Phasen verlängert. Auch die Klimaautomatik arbeitet häufiger im Umwälzmodus.

Hybrid für alle? Der Honda Insight in der Praxis

Futuristisches Cockpit

In der Praxis muss sich ein Fahrer, der konventionelle Autos gewohnt ist, kaum für den Insight umstellen. Das gilt auch für den Innenraum. Die Fahrerumgebung ist zwar recht futuristisch gestaltet, doch auch im konventionell angetriebenen Civic wähnt man sich ja manchmal in einer Raumfähre. Die verwendeten Materialien – ein graues Hartplastik im unteren Cockpitbereich und schwarzes Material weiter oben – wirken wenig wertvoll.

Wenig Kopffreiheit im Fond

Das Platzangebot im Innenraum ist für ein Kompaktauto in Ordnung. Auf den Rücksitzen stört allerdings die eingeschränkte Kopffreiheit: Mittelgroße Erwachsene stoßen an die Decke. Der Kofferraum bietet in der fünfsitzigen Konfiguration viel Platz: Senkt man den variablen Ladeboden ab, so stehen 408 Liter zur Verfügung, deutlich mehr als etwa beim VW Golf, der nur 350 Liter anbietet. Die Rücksitzlehnen lassen sich einfach umklappen, und es ergibt sich ein komplett ebener Ladeboden. Aufgrund der geringen Fahrzeughöhe ist der sich ergebende Kofferraum allerdings nicht üppig: 1017 Liter sind viel weniger als der Wolfsburger einpacken kann (1305 Liter).

Ab etwa 20.000 Euro

Der Einstiegspreis für den Ende April 2009 startenden Insight soll bei rund 20.000 Euro liegen. Bereits die Basisversion besitzt ESP sowie sechs Airbags. An Komfortelementen sind elektrische Fensterheber rundum sowie eine Klimaautomatik stets an Bord. Ob auch eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung und elektrisch einstellbare Außenspiegel Serie sind, teilt Honda noch nicht mit. Bei der Ausstattung Comfort kommen noch ein CD-Radio, ein Multifunktionslenkrad und 15-Zoll-Alufelgen hinzu. Die Topversion Elegance besitzt 16-Zoll-Leichtmetallräder, Nebelscheinwerfer, eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung, eine elektronische Einparkhilfe hinten, einen Tempomaten sowie Sitzheizung vorne und eine Licht- und Scheinwerferautomatik.

Hybrid für alle? Der Honda Insight in der Praxis

Vergleich mit einem Diesel

Der Insight-Einstiegspreis liegt deutlich unter dem des Toyota Prius (25.150 Euro). Und wie von Honda versprochen, stellt der Neuling das günstigste Hybridmodell auf dem Markt dar. Doch für runde 20.000 Euro bekommt man auch ein Dieselfahrzeug. Der Kia Cee'd 1.6 CRD mit 90 PS etwa ist sogar ab rund 17.000 Euro zu haben. Der Verbrauch liegt hier mit 4,5 Liter nicht viel höher als beim Insight. Im Vergleich dürfte man trotz der höheren Steuer für den Selbstzünder mit dem Insight kaum Geld sparen. Auch macht ein Diesel auf jeden Fall mehr Spaß beim Fahren. Man landet also letztlich bei der üblichen Diskussion: Ja, der CO-2-Ausstoß des Dieselmotors ist spezifisch rund 13 Prozent höher und er emittiert erheblich mehr Stickoxide. Vielleicht kann man es so sagen: Auf Langstrecke hat der Diesel weiter seine Vorteile, für den Kurz- und Mittelstreckenverkehr ist der Insight aber auf jeden Fall eine Überlegung wert, zumal mit ihm ein Hybridfahrzeug endlich der üblichen Preisregion für diese Klasse angekommen ist.