ICCT: Verbrauchs-Abweichungen hoch wie nie

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Spätestens nach der EU-Einigung auf verpflichtende CO2-Regeln für die Autobranche im Jahr 2008 sanken die offiziellen CO2-Werte „deutlich schneller“, aber der echte CO2-Ausstoß offenbar längst nicht im selben Maß, so der ICCT. „Sämtliche Datenquellen bestätigen, dass die Lücke zwischen dem von Herstellern veröffentlichten Kraftstoffverbrauch und dem tatsächlich vom Kunden festgestellten Verbrauch einen neuen Höchststand erreicht hat“, erklärte ICCT-Mitglied Uwe Tietge. Die Hauptursache der „Diskrepanz“ sieht ICCT-Europa-Chef Peter Mock darin, dass die Autokonzerne „immer systematischer Schlupflöcher in der bestehenden Regulierung ausnutzen“.

Premium-Abweichler

„Besonders hohe Abweichungen werden im Premium-Segment beobachtet, wo in der Realität der Kraftstoffverbrauch einiger Fahrzeugmodelle im Durchschnitt mehr als 50 Prozent höher liegt als vom Hersteller angegeben“, kritisiert die Organisation. Auch bei Hybridautos sei die Schere zuletzt deutlich aufgegangen. Vor allem beim Start einer neuen Modellgeneration sei der Anstieg oft sprunghaft. „In der Folge sind die erzielten CO2-Reduktionen seit 2001 in der Realität nur etwa halb so hoch wie anhand der Zertifizierungswerte zu erwarten.“

Im Frühjahr 2016 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nach Nachmessungen bei NOx auch bei CO2 auffällige Daten festgestellt. Berichten zufolge bestätigten sich im Sommer dann teils deutlich höhere CO2-Werte. „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen“, hieß es aus dem Bundesverkehrsministerium. PSA hatte schon im Frühjahr 2016 versprochen, noch in diesem Jahr für seine Autos „reale Werten“ anzugeben. VW kündigte an, die Daten für zwei Modelle nach oben anzupassen. Auch Audi geriet zuletzt unter Druck.

Keine starke Behörde

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte für die deutschen Hersteller jüngst betont: „Der Verkehrssektor leistet bereits heute einen erheblichen Beitrag zur CO2-Reduzierung.“ Mock sagte der Deutschen Presse-Agentur, auch bei CO2 und damit der Kraftstoffverbrauch sei „eine Vielzahl von legalen und halblegalen Schlupflöchern“ möglich. „Da gibt es auch keine starke Behörde und keine guten Testverfahren.“ Und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben, denn zusammen mit Pharmazie und Waffen dürfte der Automobilsektor zu jenen Bereichen gehören, die mit besonders füllig ausgestatteten Beratern darauf achtet, dass ihre Interessen nicht unter die Räder kommen. Es kommt einer Sensation gleich, dass eine vergleichsweise spärlich ausgestattete Organisation wie die ICCT Druck auf eine Lobby ausüben kann, die beste Kontakte zu allen Schaltstellen für relevante Entscheidungen unterhält.

(mit Material der dpa) (mfz)