Im Wechseltakt: Range-Extender-Antrieb von Mahle

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Außerdem wirken sich die Massenkräfte vor allem in höheren Drehzahlbereichen aus, wo man sie ausgerechnet bei einem Range Extender überhaupt nicht gebrauchen kann. Denn der Motor wird zugunsten eines optimalen Wirkungsgrades bei hohen Lasten und Drehzahlen betrieben – genau dort, wo der Gleichläufer nervt. Die freien Massenmomente des Gegenläufers dagegen sorgen zwar für Kippmomente im Antrieb, diese lassen sich aber beherrschen.

Erstens hilft es, dass ein Motor in einem seriellen Hybridantrieb quasi stationär betrieben werden kann – dass also Lastwechsel wie bei einem konventionellen Antrieb ausbleiben. Zweitens – spannend – nutzt Mahle den hinter der Kurbelwelle integrierten Generator, um Drehzahlschwankungen zu verringern, welche die 180 Grad Zündversatz zwangsläufig mit sich bringen. Eine dynamische Lastregelung des Generators sorgt dafür, dass den Drehmomentschwankungen an der Kurbelwelle ein variables Lastmoment entgegengesetzt wird. So wird zumindest die Drehungleichförmigkeit gemildert, die dem 180-Grad-Gegenläufer aufgrund seines krummen Zündversatzes eigen sind. Die dritte Erziehungsmaßnahme ist dann ganz konventionell: Der unvermeidbare Rest von Massenmomenten wird von der Motorlagerung aufgefangen.

Unterschwellig sonores Pulsieren

Angesichts der ungewöhnlichen Motorbauart waren wir besonders gespannt auf unsere kleine Ausfahrt auf einem Verkehrsübungsplatz bei Vaihingen an der Enz. Eigens dafür programmierten die Mahle-Ingenieure die Antriebssteuerung um, damit ab etwa 20 km/h grundsätzlich der Motor anspringt – so würde man einen Range Extender in der Serie natürlich nicht auslegen. Das Anfahren mit dem kräftigen Elektromotor geschieht so leise und souverän, wie es eben von einem Elektromotor mit 55 kW Dauerleistung (100 kW in der Spitze) zu erwarten ist. Und das Zuschalten des Verbrennungsmotors bei Mofatempo geht auffällig unauffällig vonstatten. Der Verbrennungsmotor macht sich sachte durch feines Pulsieren bemerkbar und durch einen unterschwelligen tieffrequenten Ton, der in seiner sonoren Art geradezu anheimelnd wirkt. Das Außengeräusch ist nicht ganz so distinguiert, was aber im Prototypenstatus nicht unüblich ist, denn die Serienentwicklung der Abgasanlage ist eine Aufgabe für sich.

Natürlich lassen sich aus unseren Fahrten nur begrenzt Rückschlüsse auf ein Serienprodukt ziehen. So ließ Mahle den Motor mit etwa 2500/min drehen, in der Serie würde man eine hohe Last bei 3500 bis 4000/min wählen, weil in diesem Bereich der beste Wirkungsgrad erreicht wird. Auch schaltet Mahle den Verbrennungsmotor normalerweise erst bei etwa 45 km/h zu und fährt unterhalb davon möglichst oft rein elektrisch. Ein Serienmotor würde auf jeden Fall hochfrequenter klingen, aber nicht dröhnen – das ist dem Gegenläufer fremd.

Der Systemwirkungsgrad des Antriebs liegt mit 31 Prozent auf erstaunlich gutem Niveau. Der Motor wird dabei bei etwa 3500/min und einem indizierten Mitteldruck pme zwischen 8 und 10 bar betrieben. Mahle kann sich dennoch ähnlich wie etwa Getrag bei seinem Boosted Range Extender vorstellen, die Drehzahl des Motors im praktischen Betrieb zu variieren. So könnte mit der Geschwindigkeitssteigerung eine Drehzahlsteigerung einher gehen, wie man es bei konventionellen Antrieben gewöhnt ist. Zudem kann man so Reste akustischer Auffälligkeiten tilgen, die bei niedrigen Geschwindigkeiten vielleicht nicht ganz zu vermeiden sind. Auffällig: Selbst bei 2000/min erreicht der Mahle-Antrieb noch einen Systemwirkungsgrad von 28 Prozent.