Im Range-Extender-Antrieb von Mahle sorgt ein Gegenläufer für Laufruhe

Im Wechseltakt: Range-Extender-Antrieb von Mahle

Ein faszinierender Aspekt von Range-Extender-Antrieben sind die vielfältigen Möglichkeiten bei der Motorentechnik. Mahle zeigt, dass auch zwei Zylinder in Reihe für einen leisen Range-Extender-Antrieb taugen

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 80 Kommentare lesen
7 Bilder
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Gernot Goppelt
Inhaltsverzeichnis

München, 8. Oktober 2012 – An den Zielen der Bundesregierung hat sich offiziell nichts geändert: Bis 2020 sollen in Deutschland eine Million Elektroautos fahren, ein ehrgeiziger Plan, zumindest wenn man den Begriff des Elektroautos gar zu eng fasst. Dankenswerterweise hat GM sich wacker darum bemüht, auch Fahrzeuge mit Range-Extender-Antrieben als (Range Extended) Electric Vehicles in den Köpfen zu verankern – wenn auch ausgerechnet der Antrieb des Chevrolet Volt (alias Opel Ampera) nicht ausschließlich seriell funktioniert. Wie auch immer: Die Range Extender, um sie verkürzt so zu bezeichnen, könnten zum Retter der Elektroautopläne werden. Auch nüchterne Kosten-Nutzen-Betrachtungen sprechen für sie, weil sich bei ihnen das Verhältnis von rein elektrischem und verbrennungsmotorischen Fahren frei skalieren lässt. So lassen sich die Kosten für die Batterie auf ein verträgliches Maß drücken. Eines der neuesten Konzepte für einen Range-Extender-Antrieb stammt vom Zulieferer Mahle – es überrascht vor allem mit ungewöhnlicher Motorentechnik.

70 Kilometer rein elektrisch

Anders als GM in seinen Schwestermodellen Chevrolet Volt und Opel Ampera und erst recht Toyota mit dem Plug-in-Prius setzt Mahle auf einen rein seriellen Hybridantrieb. Er besteht aus sehr kompakten Zweizylinder-Reihenmotor mit integriertem Generator, einem Elektromotor für den Antrieb und einem automatisierten Zweiganggetriebe. Die Energie wird in einer Lithium-Ionen-Batterie gespeichert, die brutto 18 kWh fasst, 14 kWh davon sind nutzbar. Die elektrische Reichweite hat Mahle derzeit auf 70 Kilometer ausgelegt, der 22,5-Liter-Tank ist für weitere 430 Kilometer gut. Der Antrieb ist in einem Audi A1 verbaut, dessen Platzverhältnisse darunter nicht leiden. Die Batterie ist im Bereich der Ersatzradmulde untergebracht, sodass der Innenraum nicht beeinträchtigt wird. Eng geht es dagegen im Motorraum zu. Zwar ist der Verbrennungsmotor einschließlich Generator ungewöhnlich kompakt – doch weitere Komponenten wie der Elektromotor, der Inverter für den Generator, das Zweiganggetriebe, die elektrische Verkabelung und der Ansaugtrakt lassen nicht mehr viel Platz unter der Haube. Man kann es allerdings auch umgekehrt formulieren: Es passt, auch in einem Kleinwagen wie dem A1.

Der Elektromotor des Mahle-Range-Extenders leistet 55 kW (kurzzeitig 100 kW), der Verbrennungsmotor nur 30 kW. Daraus ergibt sich bei "leerer" Batterie eine theoretische Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Kurzzeitig, etwa zum Überholen, sind auch 145 km/h möglich. Es hängt von der Betriebsstrategie ab, wann der Verbrennungsmotor Strom erzeugt und wie viel Überschuss dabei zum Laden der Batterie abgezweigt wird. Beim Chevrolet Volt zum Beispiel sorgt die Betriebsstrategie dafür, dass in der Regel genug elektrische Energie für Beschleunigungsphasen und kurze innerstädtische elektrische Fahren vorgehalten wird. Auch Mahle kann sich eine Betriebsstrategie vorstellen, bei der unter 45 km/h elektrisch gefahren wird und nur bei niedriger Batterieladung der Motor anspringt. Eine verbrauchsoptimierte Strategie, heißt es, startet den Range Extender erst beim Erreichen eines unteren Batterieladezustandes und bewegt sich dann nur marginal (zum Beispiel +1 kW) über der gerade erforderlichen Antriebsleistung. Der Zulieferer betont aber ausdrücklich, dass Betriebsstrategien letztlich Sache der OEMs sind.

Motorisches Gegenkonzept

Vor allem die ungewöhnliche Motorbauart ist es, die aufhorchen lässt: Der Zweizylindermotor mit 900 Kubikzentimeter ist ein Gegenläufer mit einem Zündversatz von 180 Grad. Man hört übrigens recht gut, dass zwischen zwei kurz hintereinander folgenden Zündungen erst einmal 540 Grad liegen, in denen kein Gemisch verbrannt wird, doch dazu später. Mahle hat sich für einen Gegenläufer entschieden, weil ihm die Massenkräfte erster Ordnung fehlen, mit denen Gleichläufer nerven können. Heutzutage gelingt es zwar anders als bei etwa der Yamaha XS650 der 1970er-Jahre recht gut, diese Schwingungen zu tilgen, aber dafür braucht man Ausgleichswellen oder – wie im einzigartigen Fall der BMW F650/F800 – ein Ausgleichspleuel. Alles Maßnahmen, die zusätzlichen Aufwand bedeuten.