Ionity: Was kostet der schnelle Strom?

Seite 2: Die meisten laden per Roaming

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Wenn Nachladen unterwegs notwendig ist, hält ohnehin niemand länger als notwendig. Gewünschter Nebeneffekt: Die Säulen werden in kurzer Zeit wieder frei. Schließlich will man ans Ziel kommen, und auch ohne den Höchstpreis von Ionity ist der Strom an DC-Säulen tendenziell teurer. Irgendwie müssen die Betreiber Geld verdienen, was trotz massiver Staatsförderung dem Vernehmen nach bisher nicht funktioniert.

Noch wichtiger aber ist, dass die Mitglieder des Joint Ventures vergünstigte Tarife anbieten. Dass das nicht ausreichend durch Ionity selbst kommuniziert wurde, ist ein Fehler in der Öffentlichkeitsarbeit. Die Unterschiede sind krass: So verlangt Mercedes im hauseigenen „Me Charging Service“ an Ionity-Säulen lediglich 29 Cent. Besitzer eines Mercedes EQC (Fahrbericht) müssen dafür im ersten Jahr keine Grundgebühr bezahlen. Bei Audi sind 31 bis 33 Cent zu erwarten. Für den Porsche Taycan, der die höchste Ladeleistung aller Elektroautos am Markt hat und damit quasi das von Ionity angebotene Super Plus verträgt, sieht der Hersteller 33 Cent vor.

Tarifunterschiede wie in der Mobilfunkbranche

Grundgebühr, Einheitenpreise, Intransparenz? Das erinnert weniger an klassische Tankstellen als vielmehr an Mobilfunktarife. Auch das sogenannte Roaming ist übernommen worden – was zu vielfältigen Konstellationen führt. Es gibt zum Beispiel Stromversorger wie die EnBW, die zugleich Netzbetreiber sind. Die EnBW baut seit einiger Zeit in der ganzen Republik schnelle Gleichstrom-Ladesäulen auf. Zugleich können die Kunden von EnbW mobility an sehr vielen Säulen anderer Anbieter Strom ziehen, ohne dass sich der fixe Tarif ändert: An Wechselstrom-Ladesäulen (AC) beträgt der Preis 39 Cent pro kWh und an Gleichstrom-Ladesäulen (DC) 49 Cent pro kWh. Wer eine Grundgebühr von 4,99 Euro pro Monat zahlt oder sowieso Kunde der EnBW ist, muss nur 29 Cent (AC) bzw. 39 Cent (DC) abdrücken. Dieses Modell steht exemplarisch für viele Anbieter – und es gilt auch an Ionity-Säulen.

Ähnliche Angebote sind bei branchenfremden Firmen oder Institutionen wie dem ADAC („e-Charge“) vorhanden. Die Palette ist breit, und in der Szene der Elektroautofahrer wird viel diskutiert, ob nun die Ladekarte von Maingau am günstigsten ist und wo es noch Säulen gibt, an denen der Strom kostenfrei abgegeben wird.

Vorerst keine Amortisation des E-Autos über die Energiekosten

Der Aufruhr, den die 79 Cent-Ansage von Ionity verursacht hat, ist also maßlos übertrieben gewesen. Was trotzdem bleibt, ist die Erkenntnis, dass beim in Deutschland etablierten Verhältnis von Strom- zu Spritpreis vorerst keine Amortisation des batterieelektrischen Autos über die Fahrenergiekosten feststellbar ist. Zwar wird es über die Einführung der CO2-Pauschale ab 2021 eine Erhöhung an den konventionellen Zapfsäulen geben. Ob und in welcher Höhe in der Folge der Strompreis sinkt, ist aber völlig unklar. Die Nutzer von batterieelektrischen Autos müssen sich also intensiv mit den Tarifen befassen, falls sie regelmäßig außerhalb der heimischen Wallbox laden. (fpi)