Klartext: Die Geburtswehen der deutschen Tesla-Fabrik

Seite 2: Ford, Porsche, Hitler

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Ich möchte die einzelnen Standpunkte gar nicht von Ferne aus bewerten. Das ist Aufgabe der Politik vor Ort. Ich möchte nur anhand der einzelnen Aussagen zeigen, dass Teslas Fabrik wie andere Großprojekte mit vielen Streiten und Kompromissen geboren werden muss. Es geht hier jedoch darum, wie sperrig diese Streite geworden sind, denn es ist durchaus nicht üblich, dass die ganze Nation über einen Investor in einem Bundesland diskutiert, als beträfe es uns alle gleichermaßen. Dem ist ja nicht so. Meine Trinkwasserquellen haben nichts mit denen von Freienbrink zu tun. Und Wirtschaftsanalysten haben schon recht, wenn sie angesichts der Tesla-Investition den alten Spruch zitieren: „Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.“

Ferdinand, Henry und Adolf

Ich kann mich erinnern, als Porsche in Sachsen investierte. 2002 weihten unter anderem Gerhard Schröder, Georg Milbradt und Wolfgang Tiefensee das Werk Leipzig ein. Wie Tesla heute erhielt Porsche staatliches Fördergeld, auch für die nachfolgenden Zulieferbauten in der weiteren Umgebung. Auch Porsche musste grüne Flächen grau machen. Auch Porsche brauchte Verkehrs-Infrastruktur, Wasser und Strom. Doch als Nachricht taugte der Werksbau bundesweit nur zur Randnotiz im Wirtschaftsteil. Proteste? Nicht wahrnehmbar.

Warum ist das jetzt so anders? These: Tesla hat nur sehr bedingt Zugriff auf die filzigen Seilschaften, die zwischen deutscher Politik und deutscher Autoindustrie liegen. Wenn du (nicht nur) in Deutschland etwas tun willst, dann schlag das Gesetzbuch zu und das Adressbuch auf. Wer kennt wen, der was möglich machen kann? Zack! Kurzer Dienstweg, fertig ist die Laube, die Genehmigung, das Werk. Ohne es genau überprüfen zu können: Glaubt irgendwer, dass dem Porsche-Werk damals weniger Gründe entgegensprachen, um die ganz schnell Umwege gefunden wurden?

Bromance auf höchstökonomischem Niveau

Tesla müsste, sollte, könnte sich an die Brandenburger heran-shmoozen, wie es Ford damals getan hat. Henry Ford unterstützte die NSDAP mit Parteispenden und schenkte Adolf Hitler persönlich zum Geburtstag üblicherweise 50.000 Reichsmark. Im Gegenzug verlieh Hitler Henry Ford den Adlerschild des Deutschen Reiches und das Großkreuz des Deutschen Adlerordens – die höchstmöglichen Auszeichnungen des Deutschen Reiches für Ausländer. Es war eine Bromance auf höchstökonomischem Niveau. Nun denken wir uns hier die Antisemiten vergangener Tage weg und die Kapitalisten unserer Tage hin.

Elon Musk könnte Ministerpräsident Dietmar Woidke zu jedem Geburtstag einen Maßanzug schenken oder ein Model 3 (Test) für den Fahrdienst der Landesregierung. Brandenburg könnte Musk den Landesverdienstorden überreichen, das Kreuz mit dem roten Adler, Brandenburgs höchste Auszeichnung. Und in Grünheide könnte auf Porsche-Art reibungsreduziert eine Autofabrik entstehen, die hundert Jahre untrennbar zur Region gehört – vielleicht irgendwann gar mit EEG-Ausnahmeregelungs-Solaranlage auf dem Dach. Angela Merkel kommt zur Einweihung. Nach dem deutschen Bürgerweltkrieg 2078 erfreuen sich Tesla Brandenburgs Kriegs-Logoplaketten erhöhter Beliebtheit unter Sammlern: „Tesla – Brandenburgisches Erzeugnis“. Die Alternative: weitere hundert Jahre Kiefernplantage. (cgl)