Klartext: Hinten am Lastenesel

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CO2-Emissionen wirken dann relevant, wenn sie den Gehalt in der Atmosphäre erhöhen. Das heißt für Diesel: wenn er aus fossilem Öl gewonnen wird. Es gab in der letzten Zeit trotz vielversprechender Forschung kaum Investitionen in Biotreibstoffe der zweiten Generation, die nicht mehr mit Nahrungsanbau in Konkurrenz treten. Kein Wunder: Es lohnt sich nicht, solange der gesetzliche Druck nicht auf den Treibstoff wirkt, sondern nur auf die Maschine am Ende. Dass es geht, zeigt der Immobilienbereich: Dort schreibt der Gesetzgeber einen Anteil erneuerbarer Energien vor, statt nur am Kamin CO2 zu schätzen. Also kann der Heizungsinhaber je nach Energieträgerverfügbarkeit Bioöl, Biogas oder Holz verbrennen oder elektrisch per Wärmepumpe heizen. Diese Flexibilität fehlt demselben Treibstoff, wenn eine andere Steuer drauf liegt und er „Diesel“ statt „Heizöl“ heißt. Stattdessen haben wir das PR-Desaster „E10“ im Benzinbereich, das immer noch kaum jemand kaufen will.

Der Vorteil des Vektors Treibstoff liegt in der flexiblen Anpassung, die ein solches System vornimmt. Der Preis für Biotreibstoffe der zweiten Generation liegt derzeit deutlich über dem heutigen für Diesel aus Erdöl. Da kann die Spedition dann rechnen, ob sich für den Kurzstreckenverkehr elektrische Antriebe lohnen, die dann allerdings denselben Richtlinien unterworfen sein sollten, also nicht mit 100 Prozent Braunkohlestrom fahren dürften. Die ganzen Feinsteller eines solchen Marktes kann die Politik nicht sinnvoll regulieren, das hat die Vergangenheit hinreichend gezeigt. Die fossilen Anteile des CO2-Ausstoßes könnten in den Emissionshandel aufgenommen werden, wie es zum Beispiel die FDP fordert. Lassen wir uns hier nicht vom F-Wort irritieren, die Idee taugt. Die EU reguliert in diesem Szenario die erlaubte Menge an CO2-Ausstoß im Treibstoff, der Zertifikate-Markt kommt daraufhin zu einem aktuellen Preis. Plötzlich schauen alternative Antriebe und Treibstoffe viel attraktiver aus in der Buchhaltung. Passiert aber nicht.

Wie es wird

NFZ-Ingenieure schaffen aktuell Verbesserungen von etwa 1,2 Prozent im Jahr bei der Effizienz großer NFZ-Antriebe. Das Ertragsgesetz (englisch schön: „law of diminishing returns“) sagt uns, dass wir nicht mit plötzlichen 15-Prozent-Sprüngen durch ein EU-Perpetuum-Mobile-Spezialöl rechnen sollten, im Gegenteil. Der Druck auf die Hersteller kam bisher vornehmlich von den Kunden: Minimale Effizienzverbesserungen rechnen sich für Speditionen mit vielen tausend Euro pro Jahr. Der erhöhte Druck der EU kann da sicherlich noch einen Rest herauspressen. Das verlangte Mehrfache der aktuellen Leistung sehe ich aber nicht, vor allem nicht in der Vorgabe für 2030.

2022 wird noch einmal diskutiert. Bleibt es beim aktuellen Plan, werden keine technischen Wunder passieren, sondern die Hersteller mit Strafzahlungen von 6800 Euro pro Gramm CO2 pro Tonne Fahrzeugmasse konfrontiert. Mercedes-Benz Trucks hat für sich gerechnet: 1 Prozent Überschreitung kosten sie 200 Millionen Euro Strafe. Das werden schlicht nicht viele NFZ-Hersteller überleben. Sie haben die Wahl, diese Strafe zu zahlen, magere „Supercredits“ für E-Lkw einzustreichen, sie also mit Verlust verkaufen, wenn der Verlust geringer ist als die Strafen, oder die Geschäftstätigkeit einzustellen. Alle Mehrkosten inklusive jenen aus Marktkonzentration und den gesellschaftlichen Kosten aus reduziertem Transportwesen zahlt am Ende der, der immer zahlt: du, der Endverbraucher.

Diesel schafft sich ab

Eine lange lebenswerte Umwelt in Zukunft ist diesen Preis sicher wert. Ich glaube aber nicht daran, dass wir dieses Ziel besser oder schneller erreichen durch den Aktionismus, eine Technik aus einer Laune heraus zu zerstören. Wir haben den Verbrennungsmotor fest mit fossilen Brennstoffen verknüpft, weil die seit Jahrzehnten ökonomisch billiger blieben, als wir dachten. Wir können jedoch der Erderwärmung ebenfalls einen Wert zuweisen. Wenn wir das ein bisschen nüchterner tun, stellen wir fest: Der Dieselantrieb behindert uns nicht beim Zukunftsschutz, im Gegenteil kann er uns enorm helfen. Das N im NFZ steht doch für den Nutzen, den es uns leistet. Langfristig hätte ich aber wirklich gerne induktive Fahrspuren und die daraus resultierenden ressourcensparend kleineren Batterien. Wir könnten das ab morgen mit Diesel-NFZ bauen, für eine Zukunft, in der wir den Diesel wirklich kaum noch bräuchten. Billiger wird die Zukunft nicht mehr. (cgl)