Mit weißen Motorrädern in der Grünen Hölle

Weiße im Wilden Westen

Die Dauertesterin Honda VFR 800 F befährt die Nordschleife des Nürburgrings. Erinnerungen an vorherige Terroristenfahrten werden wach, entpuppen sich aber als unbegründete Sorgen

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Klartext, Praxistest, Praxistest Honda VFR 800 F 4 Bilder
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Die Sonne steht schon tief über der Eifel. Der Parkplatz füllt sich. Gleich fangen die Terroristenfahrten wieder an. Eigentlich wollten wir mit einem schnellen, neuen Auto auf die Nordschleife, aber das fiel unerwarteterweise aus. Trotzdem: "Wenn ich in der Gegend bin, fahre ich immer auch die Nordschleife", hatte Kollege Sebastian Bauer vorher gesagt. Da musste ich nur kurz überlegen, um mich anzuschließen. Also stehen wir hier, nicht mit einem neuen Auto, sondern mit einem alten Mazda MX-5 und der Honda VFR 800. Das ist mein zweites Mal mit dem Motorrad auf der Nordschleife, mein zweites Mal Touristenfahrten. Mein erstes Mal war voller Mord und Totschlag und Holländer.

Wir schrieben das Jahr des Herrn 2008. KTMs Kutti rief an. Er habe einen Transporter mit zwei neuen KTM RC8 drin, aber dieser Spanier habe ihm kurzfristig alles abgesagt und was ich davon hielte, wenn wir an seiner statt diese zwei Maschinen auf der Nordschleife Gassi führen. Ja, machen wir das doch. Wie Pläne eben entstehen. Wir trafen uns an einem dieser Tage, die den Touristenfahrten ihren Namen "Terroristenfahrten" eingebracht haben. Ständig kippte der Schandkarren teure, absonderlich verformte Objekte aus Aluminium, Stahl, Plastik und Gummi ab. Die Sanis schüttelten die Köpfe über das Verhalten auf der Strecke und wir warteten die meiste Zeit darauf, dass die Strecke wieder freigegeben wurde. War Vollmond? Auf jeden Fall war es gefährlich.

Beware ze Adenauer Forst

Was sagt man einem Nordschleifenneuling? Zuerst war es sehr einfach, denn Kutti konnte ja sagen: "Fahr mir einfach hinterher." Das tat ich. An einer mir unbekannten Stelle, die mir später als "Adenauer Forst" mit warnenden Worten beschrieben werden würde, überholte ein junger Mann auf einer knallgrünen Supersport-Ninja. Der kennt sich aus, der weiß schon, was er tut, dachte ich mir, kurz bevor der Ninja Turtle in der zuziehenden Hundskurve mit viel Anlauf über den Randstein sprang, durch die Wiese furchte und sich danach Grasbollen werfend wieder hinter uns einreihte, auf eine bessere Stelle wartend oder vielleicht auch auf eine Schadensmeldung aus dem Maschinenraum.

Gelbe Flaggen (eine Seltenheit, wie mir später erklärt wurde) wurden geschwenkt, ich glaube, als diese Gruppe Holländer mit mehr Motivation als Orientierung irgendwo einschlug. Riders okay. Glück. Wir fuhren am Parkplatz raus. Eigentlich wollten wir uns besprechen, doch ein Geräusch ließ uns verstummen: sssschhhhh ... Schraube im Hinterreifen. Da wir nur diesen Tag hatten, suchte Kutti einen Reifenhändler und ließ mich mit dem Barmherzigen und seiner Kamera zurück. Der sah mich mit seinen Bernhardineraugen an und sagte mir den einen Tipp: "Auf der Nordschleife, wenn du vorsichtig bist, musst du eigentlich von der Strecke her nur auf eines achten: den Adenauer Forst." Er beschrieb mir dessen Lage, dann ging er, Fotos machen. Ich fuhr also alleine wieder raus.