Gepflegtes Nageln

Mazdas Diesel-Schwingungstilger

In den 1,5-Liter Dieselmotoren von Mazda werden je vier kleine, metallene Schwingungstilger eingebaut. Auf 3,4 kHz gestimmt mindern sie das dieseltypische Nagelgeräusch – eine Idee, die später Karriere in ganz neuartigen Verbrennungsmotoren machen könnte

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
8 Bilder
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Dieselmotoren haben ein Imageproblem, und das nicht erst seit dem Abgasbetrug durch Volkswagen. Außer ihren gasförmigen sind auch ihre akustischen Emissionen schwieriger in den Griff zu bekommen als die aus Ottomotoren. Beim Geräusch hat Mazda nun gezeigt, dass man eine nachträgliche Schallkapselung für Selbstzünder vereinfachen kann, wenn man direkt an der Emissionsquelle ansetzt. Hier eine Detailaufnahme dieser intelligenten Idee.

In den 1,5- und 2,2-Liter Dieselmotoren von Mazda werden je vier kleine, metallene Schwingungstilger eingebaut. Auf 3,4 kHz gestimmt mindern sie das dieseltypische Nagelgeräusch – eine Idee, die später Karriere in ganz neuartigen Verbrennungsmotoren machen könnte. Wie die Konstrukteure Yasunori Kanda und Tsunehiro Mori darauf gekommen sind und wie Ihr Trick mit der Gegenschwingung funktioniert haben sie in der Fachzeitschrift International Journal of Automotive Engineering (7/16) veröffentlicht.

Von sich reden gemacht hat das Prinzip wieder einmal vor einigen Jahren. Gegenschall ist wohl eins der nächsten großen Dinger im Bemühen, leisere Autos zu bauen. Diese quasi maßgeschneiderte Lösung gibt es erst, seit genügend schnelle Rechenleistung zur Verfügung steht, denn nur ihr möglichst exaktes Gegenbild kann die lärmerzeugenden Frequenzen im Auspuff durch Überlagerung aufheben. Wirkungsvoll, aber aufwendig. Ford setzt die Methode bereits im Mondeo Hybrid ein.

Anregung zur Auslöschung

Viel älter, nämlich schon fast so alt wie das Auto selbst, ist die Nutzung eines Teils der Anregungsenergie zur Auslöschung unerwünschten Lärms. In Auspuffanlagen entstehen durch die berechnete Umlenkung des Schalls in Rohren und Kammern definierter Größe vor- und zurücklaufende Wellen, die sich beim Zusammentreffen nach verschieden langen Wegen aufgrund von Interferenz durch phasenverschobene Überlagerung teilweise auslöschen. Dieses sogenannte Reflexionsprinzip ist allerdings lediglich teilweise wirksam und das auch nur bei Frequenzen um 500 Hz.

Eine völlig andere Schallquelle als die Druckwellen aus dem Auslass hat das eigentliche Verbrennungsgeräusch von Dieselmotoren, wegen seiner Charakteristik als „Nageln“ bezeichnet. Virulent wurde das Problem für Autokonstrukteure erst, seit Direkteinspritzer in Pkw einzogen. Sie sind zwar rund 15 Prozent effizienter als Wirbel- oder Vorkammermotoren, weil in ihnen der Verbrennungsablauf vergleichsweise schnell (und mit geringem Wärmeverlust) vonstatten geht. Doch führt diese hohe Geschwindigkeit in solchen Motoren zu einer ungleich stärkeren Ausprägung des berüchtigten Geräuschs. Eine schnell ablaufende Verbrennung wollte Diesel bereits erreichen, bevor sein Selbstzünder überhaupt das erste mal lief. Und als er es dann endlich tat, trug sie tatsächlich zur hohen Effizienz des neuen Motors bei, wenn auch weniger als erhofft. Schneller Druckaufbau ist aber immer noch ein Qualitätsmerkmal für so einen Motor – jedenfalls soweit möglich: Ein gewisses mehrphasiges Durchbrennen der Ladung lässt sich nicht verhindern, während eigentlich eine isentrope Entspannung stattfinden sollte.