Der 3. Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität fällt ernüchternd aus

NPE-Bericht: Elektroautos kommen nicht so recht in Fahrt

Heute hat die Nationale Plattform Elektromobilität ihren dritten Bericht zur Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland vorgelegt. Und wieder einmal mangelt es angeblich an öffentlicher Förderung

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Berlin, 20. Juni 2012 – Vor einem Jahr noch fuhren Minister und Automanager öffentlichkeitswirksam im Elektroauto vor dem Bundeskanzleramt vor. Nun wurde der dritte Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) am Mittwoch ohne großes Brimborium an Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) übergeben – aber die Elektroautos durften natürlich auch beim Termin in der Bundespressekonferenz nicht fehlen, obwohl es noch nicht allzu viele davon gibt.

Vierrädrige Exoten ...

Die hochtrabenden Ziele von einer Million mit Strom betriebenen Autos bis 2020 scheinen unrealistischer zu werden, das gibt der neue Bericht, der als PDF-Datei verfügbar ist, unumwunden zu. An mehreren Stellen schimmert durch, dass die Autobranche, die sich 2009 bereits über eine fünf Milliarden Euro schwere Abwrackprämie freuen konnte, mehr Staatsgeld wünscht. Schließlich würden in den USA und Japan E-Autos mit mehreren tausend Euro je Fahrzeug unterstützt. Während in Deutschland in den letzten beiden Jahren nur rund 3000 E-Fahrzeuge angemeldet wurden, seien es in den USA rund 18.600 und in Japan fast 15.000 gewesen, heißt es.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt eine Kaufprämie ab. Es sei auch nicht Aufgabe der Bundesregierung, E-Autos und Stromtankstellen zu bauen. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnt vor Schwarzmalerei, sagt aber auch: "Natürlich sind die Bäume nicht in den Himmel gewachsen."

... und zweirädrige Verkaufsschlager

Es ist eine kleine Ironie, dass abseits der E-Auto-Inszenierungen die Millionenschwelle in einem anderen Bereich fast erreicht ist: Bei Fahrrädern mit Elektroantrieb. Bei E-Bikes allerdings ist auch keine gewaltige Infrastruktur notwendig. Dazu verschlingt die Entwicklung der Elektroautos Milliarden. Die Gesamtinvestition liege bei 17 Milliarden Euro, sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Er sieht die deutsche Autobranche trotzt Kritik in der Spur und verweist darauf, dass es 249 Patentmeldungen im Bereich der Elektromobilität gebe – davon 109 aus Deutschland. Zudem seien 21 Forschungskonsortien nur für den Batteriebereich geschaffen worden.

Infrastruktur braucht Autos

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält es für ein wichtiges Signal, dass sich die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) für einen am Bedarf orientierten Aufbau der Ladeinfrastruktur ausgesprochen habe. Das bestätige die Haltung der Energiebranche, die öffentliche Ladestruktur behutsam aufzubauen. Die Energiewirtschaft habe in den vergangen Jahren eine beachtliche Zahl von Stromtankstellen aufgebaut. Knapp 2250 öffentlich zugängliche Ladepunkte standen demnach zum Jahresbeginn 2012 für etwa 4500 Elektrofahrzeuge zur Verfügung. Die NPE sehe aber die Gefahr, dass dieser Ausbau ins Stocken geraten könnte, da ein wirtschaftlicher Betrieb der Ladesäulen auf absehbare Zeit nicht möglich sei. Die notwendigen Investitionskosten bis 2020 würden auf bis zu 1,35 Milliarden Euro geschätzt. "Unsere Unternehmen sind erheblich in Vorleistung gegangen, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Jetzt geht es darum, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Ausbau zu verstetigen", sagte die BDEW-Vorsitzende Hildegard Müller.

Tröpfeltaktik

Der Branchenbeobachter Ferdinand Dudenhöffer glaubt nicht, dass Deutschland zum Leitmarkt wird, wie es Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgedrückt hat. "Die bisherigen Pläne der Bundesregierung sind kleinkariert, mit Armutsbudgets ausgestattet und überwiegend ohne Wirkung", bemängelt er. Die Autoindustrie spricht von einem Marathonlauf, zudem sei der "Markthochlauf" erst ab 2014 geplant, ab 2017 sollen die Zulassungen massiv steigen. Doch bisher sind die Autos viel zu teuer. So soll der neue Elektro-Smart von Daimler mit 23.680 Euro rund doppelt so viel kosten wie der Benzin-Smart. Das gilt allerdings nur für die Variante mit Batterie. In Verbindung mit einer monatlichen Batteriemiete von 65 Euro beträgt der Einstiegspreis nur 18.910 Euro, was im Vergleich zur Konkurrenz günstig ist, zumal die Folgekosten für den Strom niedriger sind als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren – zumindest vorläufig. Der NPE-Vorsitzende Hennig Kagermann sagt, steigende Strompreise seien seiner Meinung nach kein Problem. Man müsse vielmehr die steigenden Ölkosten berücksichtigen, zudem würden mittelfristig die Stückkosten für E-Autos stark sinken. Letztlich wird der Bürger trotz hohen Benzinpreisen nur mitmachen, wenn Reichweite und Preis stimmen, sonst bleiben Alternativen wie spritsparendere Modelle spannender.

Showbühnen

Beim Elektroauto setzt man nun die Hoffnung vor allem auf die vier ausgewählten "Schaufensterregionen" Baden-Württemberg, Niedersachsen, Berlin/Brandenburg und Bayern/Sachsen. Bis 2014 will man durch den Einsatz tausender Elektroautos erfahren, wie viele Stromtankstellen man braucht, wann und wo die Autofahrer an die Steckdose fahren und wie die Batterien verbessert werden können. Dudenhöffer sieht das Projekt kritisch. "Das Schaufenster Bayern und Sachsen zeichnet sich dadurch aus, dass man Ladestationen auf Autobahntankstellen baut. Das sind schon nach Inbetriebnahme Industriedenkmäler." Kommt das Projekt nicht in Fahrt, dürfte die Debatte um Kaufprämien neue Dynamik erhalten. Gerade in Städten wird der Stromer aber als Zukunftsmodell gesehen, Experten plädieren für den boomenden Carsharing-Bereich für Anreize, um den E-Autoabsatz anzukurbeln. Auch kostenlose Parkplätze und Sonderfahrspuren werden diskutiert. (Mit Material der dpa)