Der Techniker

Nachruf: Ferdinand Piëch

Er hat die deutsche Autogeschichte mitgeprägt: Ferdinand Piëch hat bei den Marken Porsche, Audi und VW nachhaltige Spuren hinterlassen - als Techniker und politischer Stratege, der Karrieren beförderte und beendete. Nun ist er im Alter von 82 Jahren gestorben. Ein Nachruf

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Ferdinand Piëch 16 Bilder

(Bild: VW)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Ferdinand Piëch ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Er hat, und das werden ihm auch seine Kritiker zugestehen, in der deutschen Autoindustrie einige entscheidende Spuren hinterlassen. Ein Teil davon war ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt, doch Ferdinand Piëch hat aus den Möglichkeiten, die ihm seine Herkunft bot, auch das Maximale gemacht.

Familiäre Prägung

Seine Begabung zeigte sich bereits früh, geprägt durch das familiäre Umfeld. Seine Mutter Louise war Tochter des Porsche-Gründers Ferdinand Porsche. Noch während seines Studiums war Piëch 1961 an der Konstruktion von Zylinderköpfen beteiligt, bei denen er mit „monosphärischen“ und „trisphärischen“ Brennräumen experimentierte. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit der Entwicklung eines Formel-1-Motors. Im April 1963 stieg er bei Porsche ein und machte rasch Karriere. Er war dort vor allem mit Entwicklungen im Motorsport beschäftigt, die legendären Sportwagen 904, 906, 910, 907 und 908 trugen auch die Handschrift von Ferdinand Piëch. Als verantwortlicher Entwicklungsingenieur hatte er zusammen mit Hans Mezger aber auch gehörigen Anteil am ersten 911-Motor. Gemeinsam setzten sie die damals noch ungewöhnliche Anordnung der obenliegenden Nockenwellen durch.

Schon 1965 leitete Ferdinand Piëch, noch keine 30 Jahre alt, bei Porsche die Entwicklungsabteilung. Es war vermutlich der große letzte Karriereschritt, bei dem ihm seine Herkunft zu einem Teil geholfen hat. Wobei er schon hier durch seine technische Begabung und einer Mischung aus Fleiß und Ehrgeiz den eigentlichen Grundstein für seinen Aufstieg gelegt hat.

Die Spannungen zwischen den Familien Piëch und Porsche nahmen Ende der 1960er-Jahre stark zu. Am 1. April wurde bei Porsche ein Aufsichtsrat gegründet, um Frieden zu schaffen. Bis auf Heinz Branitzki waren aber weiterhin nur Familienmitglieder in der Führung dieses Gremiums – das konnte nicht gutgehen. Deshalb wurde schon im Oktober 1971 wieder umgebaut, Ernst Fuhrmann, Vater des Carrera-Motors, kehrte zu Porsche zurück. Piëch übernahm die Leitung der Abteilung, die Entwicklungsaufträge von fremden Firmen betreute.

Ende bei Porsche

Schon im März 1972 war das vorbei. Piëch schmiss bei Porsche hin und gründete eine eigene Beraterfirma mit „20 bis 50 Topleuten, die nur mit Hirn und Bleistift arbeiten“ sollten. Diese Firma war in der kurzen Zeit ihres Bestehens unter anderem an der Entwicklung des Dreiliter-Fünfzylinder-Dieselmotors beteiligt, der bei Daimler als OM617 in Serie ging.

Schon im Sommer 1972 tat sich eine neue Chance auf. Piëch wurde eine Stelle bei Audi angeboten, und so wurde er im August 72 Hauptabteilungsleiter für Sonderaufgaben in der technischen Entwicklung. Nur drei Jahre danach stieg er in den Vorstand bei Audi auf und war dort maßgeblich für Technik verantwortlich. Der erste Fünfzylinder-Benziner im Audi geht auf das hartnäckige Streben von Piëch zurück. Sein eigenwilliger Klang war etwas Besonderes. Der Fünfzylinder blieb lange im Programm. Erst Mitte der 1990er-Jahre nahm Audi die inzwischen auch an VW verteilte und immer wieder verfeinerte Konstruktion aus dem Sortiment.

quattro und Vollverzinkung

Zwei riesige Marketing-Aktionen trugen zu Audis Aufstieg bei. Zwar hat sich die Prognose von Piëch, dass ein Allradantrieb irgendwann nicht mehr als ein paar gute Winterreifen kosten würde, nicht bewahrheitet. Doch mit dem Begriff „quattro“ verband man schnell eine gewisse technische Überlegenheit – unterfüttert durch bedeutende Erfolge im Motorsport. Ein riesiger Hype entstand auch durch die Vollverzinkung, die dauerhafte Rostfreiheit suggerierte. Dabei hat Audi diese keineswegs erfunden oder als erste Marke in Serie gebracht. Porsche zeigte schon auf der IAA 1973 die Studie eines Langzeitautos. Es ging nie in Serie, doch die beidseitige Verzinkung von Blechen war ab 1976 im Porsche 911 Standard.