P0 bis P3 – wohin mit dem E-Motor?
Das Schöne an Hybridantrieben ist, dass sie helfen können, den CO2-Ausstoß zu verringern. Weniger schön ist, dass das Hinzufügen eines E-Motors, einer Batterie und auch noch unterschiedlicher Spannungslagen die mögliche Anzahl von Antriebsvarianten geradezu explodieren lässt
- Gernot Goppelt
Das Schöne an Hybridantrieben ist, dass sie helfen können, den CO2-Ausstoß (respektive Verbrauch) zu verringern. Weniger schön ist, dass das Hinzufügen eines E-Motors, einer Batterie und zu allem Überfluss auch noch unterschiedlicher Spannungslagen die mögliche Anzahl von Antriebsvarianten geradezu explodieren lässt. Dazu all die Begrifflichkeiten mit denen man es zu tun bekommt: Mikro-, Mild-, Voll-, Plug-in-Hybrid; 48 Volt, Hochvolt; seriell, parallel, leistungsverzweigt usw. usf.
Der leistungsverzweigte Hybrid hat sich im großen Stil durchgesetzt, Toyota ist unumstritten Marktführer. Die Eleganz, in der sich zwei E-Maschinen und ein Verbrennungsmotor um die Elemente Sonne, Planeten und Hohlrad gruppieren und stufenlos zusammenarbeiten, beeindruckt (mich) immer wieder. Der leistungsverzweigte Antrieb funktioniert allerdings nur als Gesamtkunstwerk: Leistungsunterschiede zwischen den drei Antriebsquellen sind nur begrenzt praktikabel.
Rein serielle Hybride gibt es praktisch nur als Range Extender wie im BMW i3 (Test), nicht als dauerhaft vorgesehenen Antrieb wie in dieselelektrischen Loks. Ihr Gesamtwirkungsgrad ist zwar vergleichsweise ungünstig, doch die Kombination aus elektrischem Betrieb in der Stadt und gelegentlicher Reichweitenverlängerung kann in der Gesamtbilanz durchaus sinnvoll sein. Im vergangenen Sommer rechnete der Entwicklungsdienstleister FEV auf einer Antriebstagung in Bonn vor, dass bei konsequenter Optimierung des Verbrennungsmotors auf stationären Betrieb der Gesamtwirkungsgrad fast Augenhöhe mit anderen Hybriden erreichen kann.
Ungleich, aber einmütig zur Systemleistung
Die gängigste Bauweise bei europäischen Herstellern ist der Parallelhybrid, bei dem die Motormomente über einen gemeinsamen Getriebepfad quasi aufaddiert werden – „quasi“ deswegen, weil aufgrund der sehr unterschiedlichen Volllastkurven von EM (Elektromaschine) und VKM (Verbrennungskraftmaschine) die vollständige Summe nie zustande kommt. Daher nutzt man, wie auch beim leistungsverzweigten Hybrid, den Begriff „Systemleistung“.
Und jetzt kommt mit dem ominösen „P“ die nächste Nomenklatur ins Spiel, die für die Position des E-Motors im Parallelhybrid steht. Die Kurzversion: P0 steht für eine Anbindung der EM an den Verbrennungsmotor, in der Regel per Riemen-Startergenerator. Bei P1 ist die EM axial am Motorausgang, bei P2 am Getriebeeingang montiert. P3 steht für die EM am Getriebeausgang und eine weitere Variante ist P2.5, eine Position, die Doppelkupplungsgetrieben vorbehalten ist. Die Frage ist: Was soll das?
P0 – Riemenspannung
Von vorne: Um es mit den Worten des Zulieferers Schaeffler zu sagen: „Das zentrale Argument für P0-Mild-Hybride ist ein hoher Funktionsumfang bei vergleichsweise geringem Integrationsaufwand und niedrigen Kosten“. Normalerweise wirkt bei P0 die EM über einen Riemen auf die Kurbelwelle, und zwar auf der Seite des Motors, auf der ohnehin riemenbetriebene Nebenaggregate sitzen. Sie lassen sich praktischerweise gleich einbinden.
Das leistungsbegrenzende Element von P0 ist der Riemen. Der Nutzen besteht deswegen vor allem in einer Basis-Hybridisierung: Renault zum Beispiel nennt für sein P0-Hybridmodul im Scénic, zugeliefert von Conti, eine Dauerleistung von 6 kW und eine kurzzeitige Peak-Leistung von 10 kW. Sportlich kann P0 also nicht allzu viel beitragen, aber je nach Anbieter werden 10 bis zu optimistischen 15 Prozent Verbrauchs- bzw. CO2-Einsparung versprochen – natürlich nur, wenn ordentlich beschleunigt und rekuperiert wird, denn bei Konstantfahrt ist das Prinzip Hybrid zumindest auf den ersten Blick nutzlos.
Lastpunktverschiebung
Ganz ohne Nutzen ist ein Hybridantrieb im Konstantbetrieb deshalb nicht, weil selbst P0 als schwächster elektrischer Helfer es erlaubt, die Lastpunktverschiebung zu nutzen, also dem Verbrennungsmotor durch Generatorbetrieb minimal mehr abzufordern als er für den konstanten Vortrieb eigentlich bräuchte. Durch die Mehrlast ist eine Verschiebung innerhalb des Verbrauchskennfelds zu einem günstigeren Punkt möglich, wodurch sich zumindest günstig Ladestrom erzeugen lässt, der sich für Vortrieb oder andere Verbraucher nutzen lässt. Im Übrigen erlauben auch schon zusätzliche 10 kW, die Endübersetzung etwas länger auszulegen, ohne Dynamik in Beschleunigungsphasen zu verlieren.