Shell Eco Marathon 2010: Impressionen vom Lausitzring

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Ein Liter Sprit und 4896 Kilometer

Das französische Team der Technischen Hochschule "Lycee la Joliverie" aus Nantes erzielte einen kaum glaublichen Rekord hin: Ihr molchförmiges Prototypen-Auto mit Brennstoffzellen-Antrieb braucht den energetischen Gegenwert von einem Liter Sprit auf 4896 Kilometer. Zweiter wurde das Team Schluckspecht der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien aus dem baden-württembergischen Offenburg. Mit ihrem ebenfalls Brennstoffzellen-betriebenen Wagen kamen die Studenten 2795 Kilometer weit. Das ist immer noch ein Aufsehen erregender Wert, aber die Franzosen wären eben 2101 Kilometer weiter gekommen. Die UrbanConcepts gehen deutlich gieriger zur Sache: 691 Kilometer schafften die Niederländer des Teams "De Haagse Hogeschool". Letztes Jahr kam ein norwegisches Team noch 1246 Kilometer weit. Wir konnten uns am Steuer ausgewählter Wagen selbst ein Bild davon machen, inwieweit diese Art der Fortbewegung alltagstauglich erscheint.

Unbequemer geht's nicht

Ein Kollege legt sich in einen Prototypen, sein Kinn drückt auf die Brust, der Kopf muss so stark angewinkelt sein, damit er nach vorne aus dem Fahrzeug gucken kann. Seine Beine muss er unter der kleinen Lenkstange durchfädeln. Dann schiebt er die Füße über die Vorderachse und quetscht sie in die Spitze des Fahrzeugs. Er trägt einen Helm, einen gelben Renn-Overall, ballettschuhähnliche Rennfahrer-Treter und eine Schutzbrille. Der Fünfpunkt-Gurt fixiert ihn auf seinem Platz, als säße er in einem Düsenjäger. Die Höchstgeschwindigkeit, die er demnächst erreichen wird, liegt bei 30 km/h. Zwei Helfer stülpen den oberen Teil der Karosserie über den Wagen, drücken den behelmten Kopf in eine noch niedrigere Position und schon kann es losgehen: Über einen Hebel an der Lenkstange wird Gas gegeben, der kleine Honda-Motor im Heck knattert los. Ist Höchstgeschwindigkeit erreicht, wird das Moped-Triebwerk abgeschaltet und der flache Wagen rollt. Sinkt die Geschwindigkeit zu stark ab, wird der Motor wieder eingeschaltet – so geht das acht Runden lang.

Wettkampf- statt alltagstauglich

Wir fahren unsere Runden im UrbanConcept ab. Der Wagen bietet mit seinem Einzelsitz immerhin auch Platz für größere Menschen – die Fahrstrategie mit einem im Wechsel an oder ausgestellten Motor bleibt die gleiche. Der schwedische "Smite", bei dessen Formgebung die Gestalter sich offenkundig vom Messerschmitt-Kabinenroller von 1954 inspirieren ließen, hat sogar eine Zulassung für schwedische Straßen ergattert – für alle anderen Teilnehmer liegt so eine Zulassung in unerreichbarer Ferne. Sicherheit, Komfort stehen bei der Konstruktion ganz unten oder gar nicht im Lastenheft. Geringer Luftwiderstand, minimales Gewicht, kleiner Rollwiderstand – die Spezies der Spritsparer ist eine Fahrzeugklasse für sich, die von der Alltagstauglichkeit meilenweit entfernt ist. Hier geht es um Details, kleine technische Erfindungen, die vielleicht in Serienfahrzeugen zu gebrauchen sind – so manche clevere Doktorarbeit steht und fällt mit einem dieser oft skurril wirkenden Gefährte. Das Fahren mit abgeschaltetem Motor ist äußerst unangenehm, schließlich kann man nicht nach Bedarf auf die Schnelle beschleunigen. Aber in der Serie gibt es Ähnliches bereits – wenn auch in abgemilderter Form als Start-Stopp-System.