Test: Toyota Prius Plug-in

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Leider haben die Entwickler teilweise Design vor Funktion gestellt. Damit ist nicht etwa der mit 26 cm arg flache Kofferraum gemeint, der als Konzession an das Konzept gesehen werden muss - irgendwo muss die Batterie nun mal untergebracht werden. Dazu passt eine Zuladung von 250 Kilogramm, zu denen noch der EU-Norm-Fahrer (68 kg schwer) und sein EU-Norm-Gepäck (7 kg) kommen. Etwas mehr als zwei stämmige Herren und deren Handgepäck kann der besagte Normfahrer also nicht mitnehmen, ohne den Prius zu überladen. Eine Victory Magnum bietet 248 Kilogramm Zuladung - nur zwei kg weniger.

Ungereimtheiten

Ein paar Ungereimtheiten bleiben. Die Handbremse als Pedal wirkt in dieser avantgardistischen Umgebung wie ein Fremdkörper. Warum muss die Betätigung der Sitzheizung vorn unter den Knien eingebaut sein? Die Sitze fand ich eher durchschnittlich bequem - im Seat Leon sitzt man definitiv besser. Auch der Verstellbereich nach hinten könnte noch größer sein, wobei ich zugebe, diesbezüglich überdurchschnittliche Ansprüche zu haben. Verzweifelt bin ich fast am Tempomat: Er ließ sich einschalten, die Geschwindigkeit sich aber nicht speichern. Bei den Kollegen funktionierte er anstandslos. Des Rätsels Lösung: Ich war fast immer im B-Modus des Getriebes unterwegs gewesen, weil das dem Ein-Pedal-Betrieb etwas näher kommt als der gewöhnliche D-Modus. Im B-Modus lässt sich aber der Tempomat nicht nutzen - ein Umstand, den Toyota in der ansonsten recht ausführlichen Anleitung ruhig hätte erwähnen können.

Ein paar Worte hat sich auch die Unterhaltungselektronik verdient. Auch hier ist Toyota ein großer Schritt gelungen, allerdings kam das System im Vorgänger gefühlt auch aus einer Epoche, in der der gute alte DIN-Schacht noch nicht vollkommen ausgestorben war. Das neue System im Prius ist besser als das im Vorgänger, gut ist es deshalb aber nicht. Die Auflösung ist grob, auf dem glänzenden Display ist bei Sonnenschein kaum etwas zu erkennen, das Tempo der Routenberechung lahm. Einen Kollegen führte es ins Irgendwo, Staus, die im Radio schon mehr als einmal angesagt wurden, fanden keine Berücksichtigung bei der Routenführung.

Die Audio-Abteilung ist etwas verwinkelt angelegt - die Klangregelung war nicht im Audiomenü, sondern separat. Auf USB-Sticks können keine Ordner ausgelesen werden. Wie im Volvo V90 stellt sich auch hier die Frage, warum mir ein Hersteller vorschreiben muss, wie ich meine Musik zu ordnen habe. Um zwei Zeilen Programmcode zu sparen? Meine mit dem Microsoft Mediaplayer erstellten Playlisten wurden ebenfalls nicht akzeptiert. Da beides in anderen Autos anstandslos klappt, denke ich, Toyota hätte das sicher auch hinbekommen können. Kleiner Trost: Das ganze System inklusive Navigation ist serienmäßig und der Klang an sich okay.

Zeichenverkennung

Ein Punkt allerdings unterbietet die Bedienung der Audioabteilung nochmals deutlich. Die Schildererkennung ist ein Witz - aber kein guter. Ihre Trefferquote lag bei etwa 30 Prozent. Anders ausgedrückt: Wer sich gedankenlos auf sie verlässt, dürfte bald ein gut gefülltes Punkte-Konto haben. Die Bandbreite der falschen Annahmen reicht von Tempo 50 bis “120 aufgehoben” auf Landstraßen, Ortsschilder werden meistens ganz ignoriert. Hoffentlich war dieses Totalversagen eine Eigenheit des Testwagens und kein prinzipielles Prius-Problem.

Rentiert sich nie

Der Prius Plug-in kostet unverhandelt und ohne staatliche Prämie derzeit mindestens 37.550 Euro. Das liegt doch erheblich über dem, was derzeit für einen normalen Prius verlangt wird. Das tägliche Einsatzszenario müsste schon ziemlich genau zur E-Reichweite passen, um mit dem Plug-in-Modell deutlich kostengünstiger unterwegs zu sein als mit dem normalen Prius. Das jemand den Aufpreis von mehreren tausend Euro komplett wieder reinholt, dürfte die absolute Ausnahme sein - schließlich ist der Prius ohne externe Ladefunktion auch kein Säufer. Es bleibt allerdings der Reiz des elektrischen Fahrens im Prius Plug-in.

Die darin enthaltene Ausstattung ist sehr umfangreich: Ob nun Navi, Lederlenkrad, Tempomat, LED-Scheinwerfer - alles inklusive. Eines möchten wir jedoch auch dem sparsamsten Käufer zusätzlich noch ans Herz legen: Die Einparksensoren hinten kosten 320 Euro. Auf die sollte keiner verzichten, denn besonders übersichtlich ist der Prius nicht. (mfz)