Vier für alle

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Tarragona, 13. Februar 2015 – Einen Zweizylinder im Kleinwagen gibt es nun schon seit ein paar Jahren wieder, doch der Trend zu kleineren, aufgeladenen Motoren geht auch an größeren Autos nicht vorüber. Bei den meisten Firmen ist es bislang allerdings so, dass Käufer, sofern sie bereit sind, in starke Motoren zu investieren, sich der Downsizing-Mode gewissermaßen noch widersetzen können. Bei Volvo ist damit künftig Schluss: Den wuchtigen XC90 gibt es nur noch als Zweiliter-Vierzylinder. Die erste Preisliste führt drei Motorisierungen auf: Einen Benziner mit 320 PS, einen Diesel mit 225 PS und einen Hybrid, der den 320-PS-Benziner mit einem 59 kW (80 PS) Elektromotor kombiniert und so auf eine Systemleistung von 294 kW (400 PS) kommt. Wir haben eine erste Probefahrt gemacht.

Nüchtern, aber hochwertig

Beim 4,95 Meter langen Volvo XC90 ist alles neu. Neues Design, neue Motoren und eine variable Plattform, die alle zukünftigen Mittel- und Oberklasse-Modelle der Schweden beheimaten soll. Der Innenraum ist ebenso nüchtern wie hochwertig gestaltet. Die Instrumente werden auf einem TFT-Display dargestellt und sind ähnlich klar gezeichnet wie der gesamte Innenraum. Obwohl die Sitze vergleichsweise dünn sind, ist der Komfort ausgezeichnet. Auch groß gewachsene Insassen finden eine gute Sitzposition. Platz genug haben auch die Insassen der leicht erhöhten zweiten Sitzreihe. Und selbst in der dritten Reihe finden nach einer kleinen Kletterpartie Insassen bis ca. 1,70 Metern Platz.

Ein paar mehr Schalter mit direkter Anwahl von Funktionen hätten es jedoch gerne sein dürfen. Unverständlicherweise lässt sich das Lenkrad nicht elektrisch verstellen und somit auch nicht in die Memory-Funktion einbinden. Die Bedienung der meisten Funktionen geschieht über ein wirklich sehr großes Touchpanel, das sich mit seinen drei festgelegten Themen (Navigation, Telefon und Media) sowie einem frei definierbaren Modus weitgehend selbst erklärt.

Topmodell: Ein Hybrid

Volvo geht das Thema Downsizing durchaus mutig an, denn so konsequent hat noch kein Konkurrent in dieser Klasse die Zylinderzahl beschnitten. Die meisten Fahrzeuge in diesem Segment werden mit sechs Zylindern verkauft, nicht wenige gar mit acht. Diesel und Benziner sind eng miteinander verwandt und teilen sich über 40 Prozent ihrer Teile.

Topmodell ist der 294 kW (400 PS) starke Plug-In-Hybrid im XC90 T8, dessen aufgeladener Vierzylindermotor allein die Vorderachse antreibt. Die Kardanwelle fehlt, die Hinterachse wird nur von einem 59 kW (80 PS) starken Elektromotor angetrieben. Volvo verspricht im Standardsprint minimal 5,9 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Das sind recht flotte Werte, doch man hat am Steuer nie das Gefühl, in einem Luxus-SUV mit 400 PS zu sitzen. Es fühlt sich weit weniger souverän an, als die Daten suggerieren.

Der Verbrauch im NEFZ ist mal mit 2,5 Litern (Pressemeldung vom 8. Dezember 2014), mal mit 2,7 Litern (Preisliste vom 2. Oktober 2014 und Konfigurator, Stand 13. Februar 2015) angegeben. Wer nicht zwischendurch nachlädt, kommt auf unter Bedingungen des Zyklus auf 6,5 Liter, wobei wir hier mit 2,5 Litern im NEFZ gerechnet haben. Wie sich das zusammensetzt, haben wir an dieser Stelle ausführlich erklärt. Für eine belastbare Verbrauchsangabe unter realen Bedingungen war unsere Proberunde zu kurz. Dort wo sich sonst die Kardanwelle befindet, wurde Platz für eine 9,2 kWh starke Lithium-Ionen-Batterie geschaffen, die in dreieinhalb bis sieben Stunden aufgeladen, eine rein elektrische Reichweite von 40 Kilometern ermöglichen soll.

Angestrengt

Der Volvo XC90 T6 leistet mit seinem doppelt aufgeladenen Vierzylinder 235 kW (320 PS) und bietet zwischen 2200 und 5400/min ein maximales Drehmoment von 400 Nm. Bei normaler Fahrt zeigt der Volvo keine nennenswerte Schwäche. Soll es flotter zur Sache gehen, sieht das anders aus. Denn die Vierzylinder in den über 2,1 Tonnen schweren Varianten T6 und D5 wirken schnell laut, angestrengt und verbreiten gerade bei höheren Geschwindigkeiten nie die Souveränität, die die Konkurrenz mit ihren sechs oder acht Zylindern in dieser Liga bietet. Aus dem Stand auf Tempo 100 schafft der T6-Benziner in 6,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 230 km/h. Im NEFZ soll er sich mit 7,7 Litern Super zufrieden geben. Eine Achtstufenautomatik aus dem Hause Aisin schaltet weich und im Hintergrund; kommt an die Dynamik einer ZF-Automatik bei weitem jedoch nicht heran. Bei ambitionierter Fahrt wirkt sie immer wieder überfordert.

In schnell gefahrenen Kurven oder beim Bremsen machen sich die 120 Kilogramm Mehrgewicht des zentral im Unterboden verbauten Akkupakets im T8 bemerkbar. Die Fahrwerksabstimmung setzt mit der optionalen Luftfederung ebenso auf Komfort wie die sehr leichtgängige Lenkung, die zu wenig Rückmeldung von der Fahrbahn liefert. Hier gilt das gleiche wie bei den kleineren Motoren. Im Normalbetrieb ist die Abstimmung gut, doch bei flotter Gangart würde man sich zumindest einen Fahrmodus wünschen, der weniger Karosserieneigung zulässt. Für die Luftfederung sollte man sich in jede Fall entscheiden, bietet diese jedoch die Möglichkeit beim Allradler die Bodenfreiheit um fünf Zentimeter zu erhöhen bzw. diese in den Modi Dynamic oder Eco leicht abzusenken. Das erleichtert auf Knopfdruck auch das Be- und Entladen des Laderaums, der sich Umlegen der zweiten und dritten Sitzreihe auf bis zu 1886 Liter erweitern lässt.

Teuer

Der Basispreis für das 225 PS starke Einstiegsmodell Volvo XC90 D5 liegt bei 53.400 Euro. Der siebensitzige XC90 T6 mit seinem 320 PS starken Benziner mindestens 57.700 Euro. Mit Komfort- und Sicherheitsausstattungen wie LED-Scheinwerfern, Head-Up-Display, abblendbaren Spiegeln oder Panoramadach knackt der Neuling schnell die 70.000-Euro-Marke und liegt damit auf dem Niveau der deutschen Konkurrenz.