Blind vorausschauend

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Nicht nur hier zeigen sich mögliche Grenzen der Regelung: Die deutsche Geländewagenzeitschrift Zeitschrift OFF ROAD hat in ihrer Ausgabe 7/10 in einem Zugfahrzeugtest demonstriert, wie ein Gespann mit einem BMW X5 auf simuliertem Schnee ruckartig einknickt. Der xDrive des Zugfahrzeugs ist offenbar nicht in der Lage, diesen fahrdynamischen Zustand zu beherrschen. Das muss nicht heißen, dass dieses Problem allein vom Allradantrieb hervorgerufen wird oder gar systemimmanent wäre, immerhin ist es so bei keinem der anderen automatisch zuschaltenden Antriebe im Test (von VW und Kia) aufgetreten. Aber es macht schon etwas nachdenklich, wenn es ausgerechnet bei dem Fahrzeug auftritt, dessen Hersteller sich so laut für die Beherrschung der Fahrdynamik rühmt. (Die anderen Kandidaten hießen: VW T5 4MOTION 2,0 TDI, BMW X5 40d, Jeep Wrangler Unlimited 2,8 CRD, Kia Sorento 2,2 CRdi, Toyota LandCruiser V8 D-4D, der Anhänger ein Airstream mit 2,4 t Leergewicht). Hier das Video, die Szene mit dem BMW X5 ist fast ganz am Ende. Selbstverständlich versucht man so etwas mit geballtem Hirnschmalz zu vermeiden, doch stößt man dabei offenbar an Grenzen.

Interessantes Zwischending

xDrive ist überhaupt ein interessantes Zwischending: Eigentlich hätte BMW ja bequem einen ganz normalen, permanenten Allradantrieb in seine SUVs einbauen können, weil sie mit ihrem Längsmotor die richtige Voraussetzung mitbringen. BMW hat aber auf ein zentrales Differenzial im klassischen Verteilergetriebe verzichtet, um alle Freiheitsgrade nutzen zu können, welche die beliebig steuerbare Lamellenkupplung bietet. Damit lässt sich in gewissen Grenzen Torque Vectoring betreiben, das Fahrzeug also mithilfe der Kraftverteilung leichter in Kurven hinein oder aus Kurven heraus lenken zu helfen.

Herbeikonstruierter µ-Sprung

Man kann diese mutige Entscheidung für eine Kupplung anstelle des Differenzials als visionär bezeichnen. Die anderen Hersteller verkaufen die unvermeidlichen Nachteile des automatischen Allradantriebs geschickt als Vorteile, indem sie herausstreichen, wie intelligent und effizient dieser Antrieb ist, weil er nur bedarfsweise aktiv ist und sein Elektronenhirn in Sekundenbruchteilen die Kraft verteilen kann. Gewisse Pressestellen sind sich nicht einmal zu schade, den Eindruck zu erwecken, er könnte mehr als 50 Prozent der Kraft an die sekundäre Antriebsachse verteilen, obwohl das ohne Differenzial technisch gar nicht möglich ist. In der Pressemappe zum ALL4-Allradantriebs des MINI steht dennoch: "In normalen Fahrsituationen werden bis zu 50 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterachse geleitet, in Extremsituationen, zum Beispiel auf Eis oder Schnee, können es bis zu 100 Prozent sein."