Analyse: Verschiebungen auf dem Automarkt

Das zurückliegende Jahr war für viele Autohersteller desaströs, allerdings nicht für alle. Was bedeutet das für 2022?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht

Der Anteil der erstmals zugelassenen Fahrzeuge, die zumindest teilweise Strom als Fahrenergieträger nutzen, steigt weiter.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die alte Ordnung auf dem Automarkt in Deutschland – sie ist dahin, zumindest in der Bilanz des vergangenen Jahres und vermutlich auch kurzfristig. Nach dem tiefen Einschnitt des Jahres 2020 folgte eines, was diese Zahlen noch unterbot. Die Corona-Pandemie und die Chip-Krise haben den Markt kräftig durcheinandergebracht, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA. Für die Autohersteller war das zurückliegende Jahr vielfach desaströs, doch es gibt Hoffnungen.

Zunächst einmal heißt es aber Abschied nehmen. Falls irgendjemand tatsächlich noch die Hoffnung hatte, Tesla verstolpert sich auf dem Weg zum Massenhersteller, darf er sich von dieser Vorstellung endgültig verabschieden. Zwar erreicht Tesla nach wie vor nur einen Bruchteil dessen, was die großen in der Branche an Zulassungszahlen vorweisen können, doch die Steigerungsraten sind enorm und die Aussicht glänzend: Es wird in diesem Jahr wohl gelingen, die reguläre Produktion des Tesla Model Y im brandenburgischen Grünheide aufzunehmen. Damit läuft hier ein batterieelektrisches SUV vom Band – eine Kombination also, die zahlreiche Abnehmer verspricht. Tesla arbeitet zudem an einem Modell unterhalb des Model 3, dessen Starttermin noch unbekannt ist. Näher ist ein Update für Model 3 und Model Y. Die Prognose, dass Tesla weiterhin kräftig wachsen wird, ist demnach keine allzu gewagte.

Für die anderen Hersteller lief es höchst unterschiedlich, wobei die knappen Chips nicht jeden Konzern gleich hart traf. Tesla und Toyota können ihre guten Zulassungszahlen auch darauf zurückführen, dass sie die Mangelerscheinung auf dem Halbleitermarkt vergleichsweise geschickt gemanagt haben. Manch ein Hersteller hätte mehr verkaufen und zulassen können, wenn er seine Autos vervollständigen könnte. Die Kunden, die lange Wartezeiten für Neuwagen akzeptieren, werden für gewisse Nachholeffekte sorgen, wenn die Krise abflaut. Alle anderen gehen zu den Herstellern, die schnell liefern können. Das verschiebt kurzfristig die Bestsellerlisten schon mal recht drastisch: Im September war in Deutschland das Tesla Model 3 das am häufigsten erstzugelassene Auto, im November der Opel Corsa.

Hoffen dürfen die Hersteller einerseits, dass die Chip-Krise in diesem Jahr überwunden wird. Andererseits machen sie bis dahin aus der Not ein einträgliches Geschäft: Die Preise für Neu- und Gebrauchtwagen haben stattliche Höhen erklommen. Die Absatzzahlen mögen niedrig sein, doch die Margen pro Auto stiegen im vergangenen Jahr. Extras, die Chips erfordern, die knapp sind, waren bei einigen Herstellern temporär nur noch in besonders teuren Modellvarianten zu haben. Wer ein bestimmtes Ausstattungsdetail haben wollte, musste dann deutlich draufzahlen. Im BMW 3er beispielsweise war das teure von zwei optionalen Soundsystemen nur noch für die Sechszylinder zu haben.

Zu den wenigen Marken, die 2021 mehr Autos in Deutschland verkauft haben als im Vorjahr, gehören Polestar (+153 Prozent), Tesla (+138), Smart (+50), Suzuki (+22), Opel (+11) und Porsche (+10). Besonders drastisch in die andere Richtung ging es für Jaguar (-39 Prozent), Ford (-35), Honda (-32), Mercedes (-26), die Stellantis-Marke DS (-25), Nissan (-25) und Dacia (-20). Bei den absoluten Zulassungszahlen führt weiterhin VW mit einem riesigen Abstand: 489.962 Fahrzeuge konnte VW im vergangenen Jahr auf dem deutschen Markt absetzen. Es folgen Mercedes (225.392 Neuzulassungen), BMW (222.481), Audi (181.877) und Opel (161.852).

Losgelöst von den Zulassungszahlen der Hersteller lässt sich weiterhin eine Verschiebung bei den Antrieben feststellen. 355.961 Elektroautos bedeuten einen Anteil von 13,6 Prozent am Gesamtmarkt, was einer Steigerung von 83,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. 754.588 hybridangetriebene Fahrzeuge (+43 Prozent) erreichten einen Anteil von 28,8 Prozent, darunter bildeten 325.449 Plug-in-Hybride (+62) einen Anteil von 12,4 Prozent. Mit einem stetig wachsenden Fahrzeugangebot und zumindest in diesem Jahr stabilen Förderbedingungen wird sich der Trend hin zu elektrifizierten Antrieben weiter fortsetzen. Im kommenden Jahr werden die Karten dann neu gemischt. Kaum vorstellbar, dass die finanzielle Unterstützung für Plug-in-Hybride unverändert fortgeführt wird.

(mfz)