Der perfekte Kraftstoff

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Hierzulande wird Bioethanol im Moment nämlich noch kaum produziert oder angeboten, was sich aber rasch ändern wird: Wie Rapsöl zum Diesel kann nun auch Bioethanol jedem Ottokraftstoff zu fünf Prozent beigemischt werden. Daher werden die Produktionsstätten ausgebaut, drei neue Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 500 000 Tonnen sind in Bau oder bereits in Betrieb. Denn an Ethanol wird es kein Vorbeikommen geben, wenn man die Biotreibstoff-Richtlinien der EU erfüllen will. Allerdings ruft Ethanol weder bei Motoren- noch bei Kraftstofftechnikern uneingeschränkte Begeisterung hervor – etwa wegen des instabileren Dampfdruck-Verlaufs. Zudem kann die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion – wie bei der RME-Produktion auch –- sowohl den Flächenbedarf als auch die Wirtschaftlichkeit unangenehm beeinflussen. Die Firma Iogen hat für die Bioethanol-Herstellung ein Verfahren entwickelt, das mit jenem von Choren für Biodiesel vergleichbar ist: Das kanadische Unternehmen produziert in einem enzymatischen Verfahren Ethanol aus Lignozellulose, also Stroh. Eine Prototypenanlage mit einer Kapazität von einer Million Liter Ethanol pro Jahr läuft bereits, größere sind in Planung. Eine exzellente CO2-Bilanz spricht ebenso für dieses Verfahren wie seine Wirtschaftlichkeit, die -– etwa auch im Vergleich zu BTL –- nur im geringen Ausmaß an den Kosten für die Biomasse hängt: Mit dem Abfallprodukt Stroh lässt sich besser kalkulieren als mit dem Preis von Zuckerrüben, Rapsöl und erst recht von Erdöl. Auch bei Iogen hat mit Shell bereits ein großer Mineralölkonzern einen Fuß in der Tür.

CNG, LPG, BIOMETHAN: GAS GEBEN

Biomethan, hergestellt aus Biogas, könnte in Zukunft das Schicksal herkömmlichen Erdgases (CNG) oder Flüssiggases (LPG) teilen: eine zwar interessante Alternative zu sein, aber aus der Nische nicht herauszukommen. CNG und auch LPG haben unbestrittene Stärken: Schon auf Grund der Kohlenwasserstoff- Zusammensetzung ergeben sich Vorteile in der CO2-Bilanz von bis zu 20 Prozent gegenüber einem Dieselmotor, bis zu 30 Prozent gegenüber einem Ottomotor, die sich allerdings rasant reduzieren, sobald das Erdgas zum Beispiel aus Sibirien angeliefert wird. Erdölbasiertes LPG bietet in dieser Hinsicht von vornherein wenig Potenzial. Dazu kommen deutlich geringere Stickoxid- und Partikelemissionen. Außerdem gibt es ein immerhin schlankes Modellangebot und eine schlanke Infrastruktur. In diesem Jahr wurde die 600. Tankstelle eröffnet, bis 2007 sollen es eintausend sein. Der Zusatzreiz: CNG gilt teilweise als ideales Probefeld für den Einsatz von Wasserstoff als Energieträger.

Die Nachteile, grob gesprochen: Ob CNG oder LPG, die Vorteile sind nicht groß genug. Herkömmliche Antriebstechnologien besitzen im Vergleich noch ausreichend Spielraum, Emissionen und CO2-Bilanzen zu verbessern, das Interesse der Autoindustrie, angesichts überschaubarer Marktanteile Erdgas- Antriebe weiter zu entwickeln, ist daher eher weniger stark ausgeprägt. Bis eine Infrastruktur aufgebaut ist, die dem heutigen Tankstellennetz mit mehr als 15000 Stationen im Land entspricht, braucht es noch eine Weile Zeit und eine Menge Geld. Der Preisvorteil schließlich ist subventioniert, wenn auch langfristig: Für CNG sind bis 2020 nur zwanzig Prozent der normalen Mineralölsteuer zu zahlen, für LPG bis 2009. Zurzeit sind rund 30 000 Erdgasfahrzeuge in Deutschland unterwegs, Tendenz steigend, aber mit vorhersehbarem Ablaufdatum. In den USA, bemerkt DaimlerChrysler-Mann Leopold Mikulic, ging die Nachfrage nach Erdgasfahrzeugen wieder zurück, seit keine Steueranreize mehr angeboten werden. Den großen Umbruch in der Treibstoffversorgung sieht Mikulic noch nicht: "In den nächsten dreißig, vierzig Jahren, vielleicht noch länger, wird Erdöl der Hauptenergieträger für unsere Autos bleiben. Aber bei den gegenwärtigen Preishorizonten für Erdöl, die vor drei, vier Jahren noch unvorstellbar waren, werden alternative Kraftstoffe schneller kommen."

Fünf bis zehn Prozent in zehn bis fünfzehn Jahren wären für Mikulic ein realistisches Szenario, womit er sich ziemlich genau an die Ziele der Europäischen Union hält. Shell-Entwickler Hagenow hält sogar zehn bis zwanzig Prozent Substitution durch synthetische Kraftstoffe bis 2020 für möglich.