Die Rechnung bitte

Eine internationale Computer-Studie hat gezeigt, dass Klimaschutz wesentlich weniger kostet, als bisher in Modellrechungen angenommen wurde.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

In der weltweit ersten Studie ihrer Art haben Informatiker, Ökonomen und Klimaforscher die international führenden Politikberatungsmodelle zur Abschätzung von Klimaschutzkosten einem systematischen Vergleich unterzogen. Die IMCP-Studie (Economic and Technological Dimensions of Stabilising the Atmospheric Greenhouse Gas Concentration) hat gezeigt, dass Klimaschutz wesentlich günstiger ist, als bisher in Modellen zu Abschätzung von Klimaschutzkosten angenommen wurde: Berücksichtigt man die Dynamik des technologischen Fortschritt bei allen Optionen des Klimaschutzes sowie den Einsatz geeigneter Politikinstrumente, kann ein Klimawandel bereits zu Kosten von weniger als einem Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes vermieden werden.

Das Ziel war "zu untersuchen, ob denn technischer Wandel überhaupt in der Lage ist, die Klimaschutzkosten abzusenken", erklärt Studienleiter Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. 20 internationale Modellierteams haben insgesamt zehn verschiedene Modelle durchgerechnet, die "in der Lage sind makroökonomische Projektionen abzubilden": Wachstumsmodelle, Energiesystemmodell, Gleichgewichtsmodelle, "die alle mit den gleichen Daten kalibriert wurden", sagt Edenhofer.

Ausgangspunkt für alle Modellrechnungen sind so genannte Stabilisierungsszenarien: Trotz aller wissenschaftlicher Streitigkeiten gilt mittlerweile als gesichert, dass Gase wie CO2 zur globalen Erwärmung beitragen, indem sie vom Erdboden abgestrahlte Wärmestrahlung wie ein Treibhausdach festhalten und wieder auf die Erde zurückwerfen. 1988 gründeten die Vereinten Nationen das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), ein Expertengremium mit der Aufgabe, wissenschaftlich fundierte Szenarien zum Klimawandel zu entwickeln. In seinem vorerst jüngsten Sachstandsbericht zur globalen Erwärmung geht das IPCC davon aus, dass die mittlere Oberflächentemperatur auf der Erde bis zum Ende des Jahrhunderts zwischen einem und sechs Grad Celsius ansteigen wird – wenn man nichts unternimmt. Umgekehrt gehen die Experten mittlerweile davon aus, dass man den CO2-Gehalt der Atmosphäre auf 450 ppm stabilisieren muss, damit die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts nicht über zwei Grad Celsius ansteigt. Die EU-Umweltminister definierten dieses Szenario Ende 2004 als politische Zielvorgabe.

"Das heißt aber auch", erklärt Edenhofer, "dass die Emissionen – das ist in allen Modellen das gleiche – jetzt noch ein bisschen steigen dürfen, um bis 2020 oder 2030 ein Maximum zu erreichen, und dann aber bis zum Ende des Jahrhunderts auf Null heruntergefahren zu werden." Die an der ICMP-Studie beteiligten Wissenschaftler berücksichtigten in ihren Modellen nun die ökonomischen Auswirkungen von rund 1500 verschiedene Technologien in solchen Stabilisierungsszenarien, darunter als wesentliche Faktoren Energieeffiziensteigerungen, der Einsatz von erneuerbaren Energien, der vermehrte Einsatz von Nuklearenergie und Carbon Capturing and Sequestration.