Die erfolgreichsten Motorräder 2023 – Teil 1
Der Motorradbranche konnten die Krisen des vergangenen Jahres wenig anhaben: In Deutschland verbucht sie ein Plus von 16,4 Prozent Neuzulassungen.

(Bild: Honda)
- Ingo Gach
Krisenstimmung? Nicht bei der Motorradindustrie! Trotz Energieschocks, Inflation und pessimistischen Wirtschaftsaussichten hatten die Motorradhersteller 2023 Grund zum Jubeln, sie konnten in Deutschland ein sattes Plus von 16,4 Prozent verbuchen. 125.709 Neuzulassungen bei Motorrädern über 125 cm3 Hubraum vermeldet das KBA, 2022 waren es nur 107.992. Roller aller Hubräume und Leichtkrafträder hinzugerechnet konnten sich die Hersteller sogar über insgesamt 212.383 Neuzulassungen freuen, im Vorjahr sind sie nur auf 198.193 gekommen.
Zwei Sieger
2023 gab es gleich zwei Sieger: Zum einen natürlich BMW, die ihre Pole Position erneut verteidigen konnten mit 23.978 Neuzulassungen, zum anderen Honda, die in ihrem Absatz mit 22.170 Stück um 90,2 Prozent zulegten. Honda schloss mit einem Marktanteil von 17,64 Prozent ziemlich dicht auf die bayerische Marke auf, die von 21,2 auf 19,07 Prozent sank. Alle Marken in den Top Ten konnten ihre Absatzzahlen mehr oder weniger deutlich verbessern. Lediglich Harley-Davidson wies ein leichtes Minus von 4,5 Prozent aus.
Weniger ist mehr
Auffallend ist, dass sich in den Top 10 der Neuzulassungen, abgesehen vom Spitzenreiter BMW R 1250 GS, kein einziges Modell mit mehr als 950 cm3 befand. Offensichtlich sind die großen Hubräume in der Gunst des Publikums gefallen. Auch der Leistungswahn hat sich spürbar abgekühlt, unter den ersten zwanzig waren nur vier Modelle mit mehr als 100 PS. Die Käufer griffen 2023 in Deutschland am liebsten bei Motorrädern aus der Mittelklasse zu, die auch den Geldbeutel schonten. Die meisten davon waren modern designte Naked Bikes, also Modelle ohne Verkleidungen und einigermaßen aufrechter Sitzposition, die dem puristischen Gedanken des Motorradfahrens entsprechen.
Reiseenduros bleiben beliebt
In der Beliebtheitsskala weit oben blieben die Reiseenduros, wobei auch bei ihnen eine Abkehr von den großen Hubräumen in Richtung Mittelklasse und eine Hinwendung zu gemäßigten Leistungen erkennbar ist: Die neue Honda XL 750 Transalp schaffte mit 1752 Stück auf Anhieb den Sprung auf Platz neun, die Yamaha Ténéré 700 rangiert nur knapp dahinter auf elf.
(Bild: BMW)
Die Honda CRF 1100 L Africa Twin auf 16 verkaufte sich über 1300-mal und KTM schlug von der 890 Adventure 1215 Stück los. Die Africa Twin zählt zwar schon zu den großen Hubräumen, ist aber mit 102 PS eher dezent motorisiert.
Die Sportler sind zurück
Ein Trend, der sich schon im Vorjahr angedeutet hatte, setzte sich 2023 verstärkt fort: Die Sportler feiern ihr Comeback. Nachdem die Klasse jahrelang dahinvegetierte, griffen wieder viele Interessenten zu. Hauptsächlich waren es Mittelklassemodelle, die zwar nur moderate Leistungen zwischen 68 und 100 PS boten, aber durch günstige Preise überzeugten. Die Honda CBR 650 R schaffte es sogar auf Platz 7 mit 1991 Neuzulassungen, die Aprilia 660 RS wurde nicht nur das erfolgreichste Modell der italienischen Marke, sondern landete mit 1262 Stück auf Rang 19 in Deutschland, direkt dahinter lag die Kawasaki Ninja 650 mit 1226 Neuzulassungen.
(Bild: Kawasaki)
Selbst das teure, 210 PS starke Superbike BMW S 1000 RR wurde 1154-mal neu zugelassen und erreichte Platz 25. Yamaha setzte von ihrer schicken R7 über 1100 Stück ab. Der Trend ermutigt die Hersteller, denn nächstes Jahr bringt Honda den Supersportler CBR 600 RR zurück nach Deutschland und Kawasaki die ZX-6R. Yamaha traut sich, den wunderschönen Retro-Sportler XSR 900 GT aufzulegen und Kawasaki liefert die heiße ZX-4RR mit einem Reihenvierzylinder, der bis 15.000 Touren dreht.
In absteigender Folge nach Verkaufserfolg sortiert erscheinen zunächst die ersten fünf Marken BMW, Honda, Kawasaki, KTM und Yamaha. Im zweiten Teil folgen Harley-Davidson, Ducati, Triumph, Suzuki und Husqvarna.
BMW
BMW führt seit Jahren die deutschen Verkaufsstatistiken an, 2023 konnten die Bayern 23.978 Neuzulassungen vermelden, ein Plus von 4,4 Prozent. Natürlich trug dabei die R 1250 GS als meistverkauftes Modell in Deutschland mit 7529 Stück den Löwenanteil dazu bei, obwohl es ein offenes Geheimnis war, dass im September zum 100.[ ]Geburtstag von BMW, die Nachfolgerin R 1300 GS vorgestellt und dann auch bald in den Verkauf gehen würde. Allerdings schrumpfte der Marktanteil von BMW in Deutschland um rund zwei auf 19,07 Prozent.
(Bild: BMW)
Ganz knapp den Sprung unter die Top Ten schaffte das vergleichsweise günstige Naked Bike F 900 R mit 1638 Stück. Völlig zufrieden kann man in München aber nicht sein, denn im hausinternen Ranking taucht das nächste Modell in Gestalt des Crossover-Bikes F 900 XR erst auf Rang 23 mit 1134 Stück auf.
Lesen Sie auch
BMW F 900 XR im Test: Hochbau, niederschwellig
Die Zeiten, als sich jede Menge bayerische Modelle unter den Top 20 tummelten, sind erstmal vorbei. Überraschend ist aber, dass das über 200 PS starke Superbike S 1000 RR mit 1154 Stück auf Platz 25 landete und damit sogar vor der viel weniger teuren Reiseenduro F 750 GS, die sich mit 1033 Neuzulassungen erst auf Platz 32 findet. Noch weiter zurück fielen die einst so beliebten Boxermodelle R 1250 RS auf Platz 34 (997 Stück) und R 1250 R auf Platz 36 (962 Stück).
Honda
Honda verdoppelte fast seine Neuzulassungen und machte einen Sprung auf den zweiten Platz im Markenranking. Sie schafften es, gleich fünf Modelle unter die Top Ten zu bringen. Den Höhenflug verdankt der weltgrößte Motorradhersteller vor allem den zwei neuen Modellen CB 750 Hornet und XL 750 Transalp.
(Bild: Honda)
Beides Modelle, die einen großen Namen tragen, aber komplett neu entwickelt wurden. Sie überzeugten vor allem mit drei Argumenten: schickes Design, guter Motor und günstige Preise. Das Konzept ging auf, das Naked Bike Hornet sprang auf Anhieb auf Rang drei und fand 3295 Käufer, die Reiseenduro Transalp belegte Platz neun mit 1752 Neuzulassungen.
(Bild: Honda)
Dazu gesellten sich unter den zehn meistverkauften Motorrädern noch der kleine Cruiser Honda CMX 500 Rebel auf Rang fünf mit 2011 Stück, der vollverkleidete Sportler CBR 650 R auf Platz sieben mit 1991 Stück und die elegante CB 650 R Neo Sports Cafe auf Platz acht mit 1857 Stück.
Der Evergreen CB 500 F schlug sich wie immer wacker, diesmal mit 1371 Stück auf Rang 15. Die CRF 1100 L Africa Twin bekam die günstigere Konkurrenz zu spüren und stürzte von fünf auf 16 mit 1313 Verkäufen. Der Einsteiger-Scrambler CL 500 schaffte ein gelungenes Debut mit 1185 Stück auf Platz 23.
Kawasaki
Kawasaki konnte seine Absatzzahlen erneut steigern, rutschte dennoch in der Markenwertung vom zweiten auf den dritten Platz ab. Trotzdem kann die grüne Marke mit 12.864 Neuzulassungen und einem Plus von 13,6 Prozent zufrieden sein. Die Z 900 belegte wieder Rang zwei mit eindrucksvollen 3650 Stück und übertraf damit sogar ihr Vorjahresergebnis.
(Bild: Kawasaki)
Ihre kleine Schwester Z 650 legte gewaltig zu und erreichte Platz vier mit 2757[ Neuzulassungen – rund 1000 Stück mehr als im Vorjahr. Die vielleicht größte Überraschung war jedoch die Ninja 650, sie wurde als vollverkleidetes Sportbike die drittmeistverkaufte Kawasaki auf Platz 20 mit satten 1226 Neuzulassungen, das waren rund 450 mehr als 2022.
(Bild: Kawasaki)
Hingegen fiel das bildschöne Retro-Bike Z 900 RS von 1206 auf 955 Stück, auch der Cruiser Vulcan S sank um rund 100 Neuzulassungen auf 919. Mehr Kawasaki-Modelle konnten sich nicht unter die Top 50 schieben und dennoch erreichte die Marke ein besseres Ergebnis als im Vorjahr.
KTM
KTM verkaufte 11.612 Motorräder in Deutschland, konnte somit ein eindrucksvolles Plus von 29,3 Prozent verbuchen und zog an Yamaha vorbei auf Rang vier. Es blieb das Phänomen, dass die meistverkaufte KTM, die 690 SMC-R, als Einzylinder-Supermoto ein Nischenmodell ist. Die Bauart haben andere Hersteller schon vor Jahren aufgegeben, doch KTM und die Schwestermarke Husqvarna halten ihr die Treue und die Fans bedanken sich mit vielen Käufen. Die 690 SMC-R belegte Platz 12 mit 1536 Neuzulassungen, das sind fast 200 mehr als im Jahr davor.
Auch die allseits beliebte 390 Duke trug mit 1311 Stück und Platz 17 ihren Teil zum Erfolg bei. Die wieder ins Programm aufgenommene Duke 790 sprang auf Rang 18 mit 1305 Stück. Das nun in China gefertigte Naked Bike mit nur noch 95 PS profitierte von seinem günstigen Verkaufspreis, was jedoch zulasten ihrer größeren und deutlich teureren Schwester 890 Duke ging, die eine Absturz von Platz zwölf auf 43 erlitt mit nur noch 864[ Neuzulassungen.
(Bild: KTM)
Erheblich besser performte die Reiseenduro 890 Adventure mit 1215 Stück auf Rang 21. Bemerkenswert, dass das teure Brutalo-Naked-Bike 1290 Super Duke R es immer noch auf 1173 Neuzulassungen und damit Rang 24 brachte. Die Reiseenduro 1290 Super Adventure verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich mit 948 Stück, blieb aber meilenweit hinter ihrer direkten Konkurrentin BMW R 1250 GS zurück.
Yamaha
Yamaha legte zwar bei den Neuzulassungen um 12,6 Prozent auf 10.198 zu, verlor aber dennoch einen Platz und muss sich mit den fünften begnügen. Ihr Bestseller blieb die MT-07 auf Rang sechs, allerdings verkaufte sie sich mit exakt 2000 Neuzulassungen klar schlechter als im Jahr zuvor.
(Bild: Yamaha)
Auch die beliebte Enduro Ténéré 700 musste arg Federn lassen, obwohl sie sich mit 1638 Neuzulassungen wacker schlug, rutschte sie von Platz vier auf elf ab. Hingegen legte die MT-09 mit ihrem brillanten Dreizylinder deutlich zu, sie landete mit 1482 Stück auf Rang 13. Fast noch überraschender ist der Aufstieg des Sporttourers Tracer 9 von Rang 40 auf 22, ihre Neuzulassungen stiegen um über 400 Stück auf 1204. Als erfolgreichster Sportler der Marke mit den drei Stimmgabeln entpuppte sich die schicke R7 auf Platz 29 mit 1101 Neuzulassungen. Auch wenn das vollverkleidete Bike nur 73 PS bot, lockte der günstige Preis viele Käufer auf das Sportmotorrad.
Lesen Sie auch
Einsteigermotorrad Royal Enfield Guerrilla 450: Farbenspielerisch
Motorrad Ducati XDiavel V4: Rasant aus dem Stand
Touren-Motorrad Harley-Davidson Street Glide Ultra: Betreutes Gleiten
KTM soll nach Insolvenz entschuldet werden und im März weiterproduzieren
Ende der Touristenfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife für Motorradfahrer
(fpi)