E-Scooter, Pedelec & Co: Elektrische Alternativen für Pendler

E-Autos stoßen lokal zwar keine Abgase aus, entlasten aber keine einzige verstopfte Straße – im Gegensatz zu Pedelecs, E-Scootern und E-Skateboards.

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E-Scooter, Pedelec & Co: Mit Elektrokleinstfahrzeugen zur Arbeit
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Martin Reche
Inhaltsverzeichnis

Plug-in-Hybrid, E-Auto, Brennstoffzellenantrieb – seit einigen Jahren wird die Entwicklung alternativer oder ergänzender Antriebstechniken zum Verbrenner vorangetrieben. Doch ein zentrales Problem deutscher Städte lässt sich nicht über den Antrieb des Autos lösen: die vor allem im Berufsverkehr verstopften Straßen und der überlastete ÖPNV.

Für Besserung braucht es entweder eine bessere Infrastruktur oder Alternativen zum Auto. Ersteres lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Letzteres gibt es in Deutschland bereits in Form von E-Bikes. In einigen Städten der USA, Neuseelands und Europas etwa fährt man darüber hinaus bereits mit unterschiedlichen elektrifizierten Kleinstmobilen wie E-Scootern und E-Skateboards umher.

Mit E-Skateboards darf man in Deutschland derzeit nur auf privaten Grundstücken fahren.

Kaufen kann man solche Elektrokleinstmobile auch hierzulande. Fahren darf man sie aus rechtlicher Sicht jedoch noch nicht auf öffentlichen Straßen und Gehwegen – im Gegensatz zu E-Bikes. Die Erlaubnis für E-Scooter, E-Skateboard & Co. soll aber noch in diesem Jahr kommen. Verkehrsminister Andreas Scheuer hat jüngst eine Freigabe für kleine, mit Elektromotoren angetriebene Roller und Skateboards autorisiert. Somit könnten also auch Kleinstfahrzeuge ohne Lenkstange und Handbremse in Deutschland bald legal werden.

Schwerpunkt: E-Mobilität

Eine naheliegende Alternative zu Auto und ÖPNV ist – überschaubare Pendelwege und keine Angst vor schlechtem Wetter und wechselden Jahreszeiten vorausgesetzt – das Fahrrad. Hier spielt die Gruppe der E-Bikes eine immer wichtigere Rolle: Während in Deutschland 2017 weniger herkömmliche Fahrräder verkauft wurden, stieg der Absatz von E-Bikes um 19 Prozent im Vergleich zu 2016. 2017 besaßen bereits über zwei Millionen Haushalte ein E-Bike. Einer der Vorteile von E-Bikes: Man erreicht den Arbeitsplatz entspannter und vor allem im Sommer weniger verschwitzt als mit dem herkömmlichen Fahrrad. Allerdings wächst mit steigender Zahl von E-Bikes auch die Zahl der Unfälle mit Personenschaden.

Die ersten E-Bikes hatten noch den Ruf von "Rentnerfahrrädern", da es sich dabei vielfach um Fahrräder mit tiefem Einstieg handelte. Inzwischen landen E-Motoren in den unterschiedlichsten Fahrradtypen – vom Trekkingrad über Mountainbikes und Lastenrädern, Citybikes bis hin zum E-Tandem. Selbst Klappräder gibt es inzwischen mit E-Motor.

Selbst Klappfahrräder gibt es inzwischen mit elektronischer Unterstützung.

Während der Fachhandel brauchbare Cityräder bereits ab 1000 Euro anbietet, muss man für ein anständiges Lastenrad mindestens mit dem vierfachen Preis kalkulieren. Wie so häufig gilt auch hier: teurer geht immer. Die Einstiegspreise für Schaefflers Bio-Hybrid-Fahrräder mit Dach und vier Rädern etwa verortet der Automobilzulieferer bei rund 5000 Euro. Mit dem Bio-Hybrid Cargo erhält man als Gegenwert einen Kleinst-LKW, der die rechtlichen Vorteile eines Fahrrades mitbringt (es gibt keine Helm- und Versicherungspflicht) und mit dem man Nutzlasten bis zu 200 Kilogramm transportieren kann. Ein zweites Modell, das Bio-Hybrid Passenger, erinnert eher an einen Kabinenroller.

Sieht aus wie ein Kleinst-LKW, ist aber rechtlich gesehen ein Fahrrad: Das Schaeffler Bio-Hybrid.

Bei E-Bikes hat man die Wahl zwischen Pedelecs und S-Pedelecs. Pedelecs bezeichnen Fahrräder, die man ohne besondere Auflagen fahren darf und bei denen ein Elektromotor das Treten unterstützt. Sobald man aufhört zu treten oder schneller als 25 km/h fährt, schaltet sich der Motor automatisch ab. Während sich bei Pedelecs der Motor nur bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h dazuschaltet, erlauben S-Pedelecs eine Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h. Bei ihnen gilt aber Helm- und Versicherungspflicht und man braucht einen Führerschein.

Die Akkus von Pedelecs erreichen eine durchschnittliche Kapazität von 500 Wh, wiegen um 2,5 Kilogramm und lassen sich an der heimischen Steckdose laden. Mit einer Ladung kommt man – je nach Modell, gewählter Unterstüzungsleistung, Zuladung und Topographie – 50 bis 100 Kilometer weit. Zur Einordnung: Laut Statistischem Bundesamt betragen 45 Prozent der Arbeitswege in Deutschland weniger als zehn Kilometer.

Weit verbreitet sind Motoren des Automobilzulieferers Bosch. In günstigen E-Bikes findet man am häufig Motoren von Yamaha. Shimano versucht Marktanteile mit seinen noch recht jungen Steps-Motoren einzuheimsen, Brose schickt dafür Motoren seiner Drive-Serie ins Rennen. Außer den vier genannten tummeln sich am Markt noch zahlreiche kleinere Hersteller wie Impulse sowie das chinesische Unternehmen Bafang.

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Die Wahl des Motors entscheidet über Reichweite, Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit des E-Bikes. Vor allem in preiswerteren E-Bikes verbauen die Hersteller Nabenmotoren. Auch Nachrüstsätze, die aus konventionellen Fahrrädern E-Bikes machen, setzen auf diese Technik. Nabenmotoren unterstützen den Fahrer meist mit dem Maximum der vorher eingestellten Kraft, egal wie stark dieser in die Pedale tritt.

Zu den Nachteilen zählen unter anderem die im Vergleich zum Tretlagermotor geringere Leistung sowie der negative Einfluss auf die Gewichtsverteilung des Fahrrades: Wie der Name vermuten lässt, findet der Nabenmotor seinen Platz an der Nabe des vorderen oder hinteren Laufrades und erhöht an dieser Stelle das Gewicht. Der so veränderte Schwerpunkt begünstigt unter Umständen das Wegrutschen auf nasser Fahrbahn. Spätestens wenn man ein E-Bike mit Nabenmotor in den Keller oder die Wohnung trägt, macht sich die Seite mit dem Motor erschwerend bemerkbar.

Tretlagermotoren sitzen direkt im Rahmen, wo die Hersteller sonst das konventionelle Tretlager einbauen. Der niedrige Schwerpunkt wirkt sich vor allem in Kurvenfahrten positiv aus und erleichtert dem Fahrer, das Gleichgewicht besser zu halten – in E-Mountainbikes findet man daher fast ausschließlich Tretlagermotoren. Ein weiterer Vorteil ist die gleichmäßigere Gewichtsverteilung von E-Bikes mit dieser Antriebsart.

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Pedelecs könnten bald – wenigstens bei trockenem Wetter – Konkurrenz von sogenannten Elektrokleinstfahrzeugen bekommen. Denn sollte die "Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)" den Bundestag passieren – wovon auszugehen ist –, würden E-Scooter (Tretroller mit E-Motor), E-Skateboards sowie einachsige E-Boards zu legalen Fortbewegungsmitteln mit einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h werden. Bisher darf man solche Gadgets nur auf Privatgrundstücken testen.

E-Boards könnten bald auch in Deutschland legal in der Öffentlichkeit gefahren werden.

Laut eKFV-Gesetzentwurf (Download) sollten eigentlich nur Fahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange zugelassen werden, was Elektroboards ausschließen würde.Versuchsweise sollen nun aber auch E-Boards zugelassen werden. Sollte es zu vielen Unfällen mit den E-Boards kommen, könnte der Verkehrsversuch schnell widerrufen werden. Eine Helmpflicht oder – anders als bisher geplant – der Nachweis einer Mofa-Prüfung ist für E-Boards nicht vorgesehen. Allerdings soll eine Versicherungspflicht eingeführt werden.

Der Test eines der ersten einachsigen E-Boards sorgte in der c't-Redaktion jedenfalls für einen gebrochenen Ellenbogen und zog die Bezeichnung "Auaboard" nach sich. Die bisher getesteten E-Skateboards überzeugten die Tester hingegen mit Fahrspaß und – je nach Modell – auch mit genug Power und Reichweite fürs tägliche Pendeln zum Arbeitsplatz.

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E-Roller auf Leihbasis: So wie in Lissabon könnten die kleinen E-Mobile auch bald in Deutschland zum Verkehrsbild gehören.

In einigen Metropolen wie Lissabon und San Francisco sind E-Scooter bereits legal. Start-Ups wie Lime, Bird, Hive, Voi und Tier vermieten die elektrifizierten Tretroller per App und folgen damit einem ähnlichen Prinzip wie Bikesharing-Anbieter hierzulande. Sie wollen Interessenten mit ihrem Angebot unter anderem die letzte Meile zum öffentlichen Personennahverkehr erleichtern. Ein Modell, das auch bald in Deutschland Realität werden könnte. In Bamberg etwa warten die dortigen Stadtwerke und Bird bereits darauf, ihren E-Scooter-Verleih im Frühjahr 2019 öffnen zu dürfen.

Wie der Scooter-Verleih per App funktioniert, testete c't-Redakteur Stefan Porteck in den US-Amerikanischen Städten Santa Monica und San Francisco. Clever: Die Anbieter-Apps zeigen auf einer Landkarte verfügbare E-Scooter in der Nähe an. Feste Abstellplätze gibt es nicht. Hat man einen Scooter gefunden, bucht man diesen, indem man den QR-Code am Lenker mit der App scannt.

Scooter-Sharing-Dienste zeigen freie E-Tretroller Landkarten in ihren Apps an.

Die Zahlung erfolgt in der Regel über Kreditkarte – im Test setzte sich der Fahrtpreis aus rund 1,50 US-Dollar Basispreis und einem Minutenpreis von 15 US-Cent zusammen. Die Scooter der US-amerikanischen Anbieter fahren bis zu 25 km/h und kommen mit einer Akkuladung 30 Kilometer weit. Letzteres ist aber stark abhängig von der Beschaffenheit des Geländes und der Zuladung. Bei allzu starken Steigungen kapitulierten die Scooter im Test schon mal. Wohl auch ein Grund, warum man abgestellte Modelle im hügeligen San Francisco vor allem in flachen Regionen anfand. Hat man sein Ziel erreicht, gibt man den Roller wieder per App frei. Um das Aufladen muss man sich nicht kümmern, das übernehmen die Anbieter, die die leeren E-Scooter eigens dafür einsammeln.

Die Idee hinter E-Scooter-Sharing ist sicher nicht schlecht, die Markteinführung vor allem in San Francisco war es dafür um so mehr. Bird, Lime und Spin setzten hunderte ihrer Kleinstmobile quasi über Nacht in der Stadt aus – ohne offizielle Genehmigung. Das erregte die Anwohner, da die E-Tretroller schon bald kreuz und quer auf Gehwegen, vor Hauseingängen und Geschäften achtlos abgestellt wurden und Nutzer damit häufig verbotenerweise auf Gehwegen statt auf Straßen oder Radwegen unterwegs waren.

Auf einem Instagram-Konto findet man zahlreiche Fotos von kaputten E-Rollern hochladen.

(Bild: Bird Graveyard/Instagram)

Ein weiteres Problem war Vandalismus. Einige der Tretroller wurden angezündet, andere fanden ein nasses Grab am Strand und wieder andere wurden in ihre Einzelteile zerlegt. Der Instagram-Account "birdgraveyard" dokumentiert das Ausmaß in zahlreichen Bildern und Videos. Als Konsequenz hatte die Stadtverwaltung von San Francisco die Roller zwischenzeitlich verboten und später nur unter Auflagen wieder erlaubt.

Auch in der Schweiz kam es zu Problemen: In Zürich und Basel stoppte der E-Roller-Verleiher Lime sein Angebot aufgrund eines Software-Fehlers in den E-Scootern. Einige Roller bremsten unvermittelt während der Fahrt und brachten ihren Fahrer zu Fall. Ein Software-Update soll die Sturzgefahr beseitigen.

Man kann nur hoffen, dass sowohl die Hersteller von E-Scootern als auch potenzielle Verleihunternehmen aus den bisherigen Fehlern lernen. Kautionen, ausgewiesene Parkflächen und gleichmäßige Verteilung von E-Scootern im Stadtgebiet könnten beispielsweise helfen, die kleinen E-Fahrzeuge im Verleihbetrieb zu einer Alternative zum Auto reifen lassen. Für Kaufwillige wächst das Angebot an Kleinst-E-Mobilen: So haben etwa VW und Seat auf dem MWC jüngst E-Scooter angekündigt, die sie hierzulande anbieten wollen.

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(mre)