Akkutechnik: Neue Batterien in Entwicklung

Skepsis sollte jeder teilen, der von einem Durchbruch bei Batterien liest. Zu häufig gibt es vielversprechende Forschungsergebnisse, zu selten wird geliefert. Trotzdem ist es möglich, die zeitnahe Entwicklung vorauszusehen. Eine Revolution der Zellchemie bleibt vorerst aus

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alternative Antriebe, Elektroautos
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Als Jesus von den Toten auferstand, erschien er seinen Jüngern. Nur Thomas, so steht es im Johannes-Evangelium, war nicht dabei. Weil er aber darauf beharrte, nicht eher zu glauben, bis er „seinen Finger in die Male der Nägel“ Jesu legen könne, wird er der ungläubige Thomas genannt. Er bestand auf dem Beweis. Diese biblische Skepsis sollte jeder teilen, der von einem Durchbruch bei Batterien liest. Zu häufig gibt es vielversprechende Forschungsergebnisse, zu selten wird geliefert. Trotzdem ist es möglich, die zeitnahe Entwicklung vorauszusehen und zu beschreiben: Eine Revolution der Zellchemie bleibt vorerst aus. Eine permanente Evolution findet dagegen statt. Und das höchste Ziel ist die Kostenreduktion.

Das Batteriesystem eines Elektroautos ist aus vielen einzelnen Zellen zusammengebaut. Hier lassen sich drei Typen unterscheiden: Tesla nutzt Rundzellen mit zylindrischer Form. Die meisten Hersteller wie Volkswagen im e-Golf setzen auf prismatische Zellen, die wie eine kleine Box aussehen. Und vereinzelt sind Pouch-Zellen zu finden, die dem Namen entsprechend einem Beutel gleichen. Jaguar etwa verwendet sie im I-Pace (Test).

Akkutechnik: Neue Batterien in Entwicklung (3 Bilder)

Tesla nutzt Rundzellen statt Pouch- (=Beutel, Beispiel: Jaguar I-Pace) oder prismatischer (Volkswagen e-Golf) Zellen. Ein Batteriesystem besteht aus vielen einzelnen Zellen, dem Batteriemanagementsystem (BMS), der Heizung und der Kühlung sowie der umgebenden Halte- und Crashstruktur. Je größer die Gesamtkapazität, desto höher das Leistungsvermögen: Ein Tesla Model 3 LR Performance (Bild) hat zwei Elektromotoren mit zusammen etwa 360 kW.
(Bild: Tesla)

Grundsätzlich hat jede Zelle eine eigene Kapazität (in der Einheit Wattstunden) und Leistung (angegeben in Watt). Wenn die Zahl der Zellen in einem Batteriesystem steigt, werden aus Watt(stunden) Kilowatt(stunden). Dann wächst einerseits die Reichweite proportional und – quasi als Nebenprodukt – die Leistung, die dem Elektromotor zur Verfügung steht. Das lässt sich sehr gut am Hyundai Kona EV (Test) ablesen. Er ist in seiner Klasse die Messlatte und steht repräsentativ für die Tendenz in der Branche.

Die Basisversion des Kona EV hat eine Kapazität von 39,2 kWh, was für eine Reichweite im WLTP von 289 Kilometern genügt. Die Motorleistung dieses Modells beträgt 100 kW. Zusätzlich bietet Hyundai den Kona EV mit einer größeren Batterie an, die eine Kapazität von 64 kWh hat. Dessen Aktionsdistanz liegt bei 449 km, und der Elektromotor leistet hier 150 kW.

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Eine Batterie, die mehr Leistung abgeben kann, ist zugleich in der Lage mehr aufzunehmen. Mit einer größeren Kapazität geht also eine höhere Ladeleistung an der Stromsäule und folglich eine höhere Ladegeschwindigkeit einher. Es ergibt sich automatisch ein doppelter lebenspraktischer Nutzen: Der Autofahrer kommt weiter, und wenn er laden muss, dauert das kürzer. Zusätzlich kann mehr Bremsenergie zurückgewonnen werden.

Fans des Antriebs reden gerne über die Energiedichte der Batterie. Also über die Frage, wie viele kWh Strom sich in welchem Bauraum (volumetrisch) oder bei welchem Gewicht (gravimetrisch) speichern lassen. Diese Aspekte sind wichtig – aber das Problem der Energiedichte ist untergeordnet. Um beim Hyundai Kona EV zu bleiben: Mit 449 Kilometern Normreichweite lassen sich viele Nutzungsprofile abdecken – und das in einem eher kleinen Auto, das ungefähr das Raumangebot eines VW Polo (Test) hat. Der Platz für die Batterie ist vorhanden, und ein großer Fortschritt bei der volumetrischen Energiedichte wäre willkommen, jedoch nicht unbedingt notwendig.